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Pressestimmen/Vorausmeldung/Außenpolitik=
"Presse"-Kommentar: Scharons Wahlhelfer (von Christian Ultsch)
Ausgabe vom 8. Februar 2000
Wien (OTS). Da mußte sich erst wohl selbst der alte Haudegen
gründlich die
Augen reiben. Vor wenigen Monaten noch hätte vermutlich nicht einmal
Ariel Scharon selbst in seinen kühnsten Traum daran gedacht, eines
Tages mächtigster Mann in Israel zu werden. Zu tief waren die
trennenden Gräben, die der "Bulldozer" in seiner langen und
umstrittenen Karriere gezogen hatte.
Die Inkarnation eines Hardliners mit dem Image einer "unguided
missile" als israelischer Ministerpräsident? Unmöglich. Wer dieses
Szenario vor einem Jahr prophezeit hätte, wäre als unwissender
Scharlatan verlacht worden. Dienstagnacht lachte Ariel Scharon.
Das Siegen wurde dem streitbaren Ex-General nicht schwer gemacht,
schließlich hatte er zwei außergewöhnliche Wahlhelfer: seinen
Amtsvorgänger Ehud Barak - und Palästinenser-Präsident Jassir
Arafat. Es ist auf deren Versagen bei den Friedensverhandlungen
zurückzuführen, daß ein Mann wie Ariel Scharon ans Ruder kommen
konnte.
Ehud Barak hatte recht, als er in seiner Abschiedsrede voller Stolz
behauptete, die richtige Vision für Israel zu haben: Er wollte
Frieden mit den Palästinensern und war dafür bereit, schmerzhafte
Zugeständnisse zu machen. Unter den Teppich gekehrt hat Barak
freilich, daß er der denkbar ungeeignetste Politiker war, um diese
Vision Realität werden zu lassen.
Mindestens ebenso hoch zu veranschlagen ist der Beitrag, den Jassir
Arafat zu Ariel Scharons Triumph geleistet hat. Mit seiner
starrköpfigen Haltung bei den Friedensverhandlungen mit Barak hat er
einmal mehr eine historische Chance für die Palästinenser verspielt.
Als er dann noch fahrlässig dem Unmut seiner Bevölkerung freien Lauf
ließ und nichts unternahm, um den Aufstand gegen die israelischen
Besatzer zu stoppen, hat er genau jene Bunkerstimmung in Israel
gefördert, die Scharon an die Spitze katapultiert hat.
Jetzt heißt es Vorhang auf für den nächsten Akt einer tragischen
Farce, die sich mit dem Auftritt Scharons nun nicht mehr
"Friedensprozeß" nennen wird. Wäre es wirklich nur Theater und nicht
traurige Wirklichkeit, die Weltöffentlichkeit hätte die
Hauptdarsteller längst von der Bühne gepfiffen.
Rückfragehinweis: Die Presse
Chef v. Dienst
Tel.: (01) 514 14-445
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