Nahrungsnetze im Nationalpark Donau - Auen
Wien, (OTS) Ahnungslos stöbert die Kaulquappe zwischen dem
Laichkraut am Grunde des Altarmes und raspelt mit ihrem feinen
Hornschnabel unermüdlich die Kleinalgen von diesen Tauchpflanzen
ab. Plötzlich wird diese friedliche Szene gestört - eine
Libellenlarve stößt mit einem Satz aus dem Gewirr von Pflanzen
hervor, lässt ihre hakenbewehrte Unterlippe vorschnellen, packt
die Kaulquappe und verschlingt sie.
Solche und viele ähnliche Szenen vom "Fressen und gefressen
werden" finden täglich und tausendfach im Ökosystem Donau - Auen
statt. Eine Ausstellung des Nationalparks Donau - Auen, die noch
bis 29. November im Pflegeheim Sozialmedizinisches Zentrum Ost zu
sehen ist, informiert darüber.
Es besteht ein wahres Netzwerk von Nahrungsbeziehungen im
Auwald. Jedem Tier und jeder Pflanze des Auwaldes kommt als
Beutegreifer oder als Beute oder beidem eine wichtige Rolle als
"Puzzleteil" des Ökosystems Auwald zu. Die einzelnen Glieder der
Nahrungsketten im Auwald können nicht beliebig entnommen oder
durch andere ersetzt werden. Die Bedingungen im Ökosystem
verändern sich ansonsten zu leicht zum Nachteil für Tiere und
Pflanzen.
Doch zurück zum Szenario: Wie geht es weiter mit der
Libellenlarve? Verdaut sie die Kaulquappe, verwandelt sie sich im
Laufe ihres Insektenlebens zur frei fliegenden Libelle, stirbt sie
eines Tages und wird von einem Besucher des Nationalparks am Ufer
eines Altarmes aufgefunden? Viele Möglichkeiten kommen in Frage.
Wahrscheinlich ist aber, dass die räuberische Libelle selbst Opfer
eines Beutegreifers wird.
Der "fliegende Edelstein" der Donau - Auen, der Eisvogel,
stürzt sich nicht nur kopfüber ins Wasser, um Fische (etwa junge
Rotaugen) mit seinem Schnabel zu schnappen. Der Eisvogel jagt auch
nach Libellenlarven, die er seinen Jungen in die Bruthöhle bringt.
Ist diese Eisvogelhöhle an der Steilwand eines vom Hochwasser
durchflossenen Donauarmes aber bereits von ersten Pflanzen
bewachsen, so ist auch der Eisvogel in Gefahr. Mauswiesel und
Hermelin benutzen diese Pflanzen als Kletterhilfe, um sich vor
allem an den Eiern und Jungvögeln des Eisvogels gütlich zu tun.
Die Raubtiere Mauswiesel und Hermelin wiederum fallen dem Fuchs
und einigen Greifvögeln, etwa dem Mäusebussard, zum Opfer.
Pflanzenfresser führen innerhalb der Nahrungsnetze ein eher
unscheinbares und verborgenes Dasein. Sie dürfen aber in ihrer
Bedeutung für das Ökosystem Auwald nicht unterschätzt werden,
stellen sie doch meist die Ausgangsbasis von Nahrungsketten dar.
Dass die Pflanzenfresser im Nahrungsnetz wenig auffallen, mag auch
daran liegen, dass es sich meist, sieht man von pflanzenfressendem
Wild ab, um kleine Tiere handelt.
Im Wasser von Altarmen trifft man einen großen
Pflanzenfresser unter den Säugetieren an: den Biber. Er ernährt
sich nicht nur von Wasserpflanzen wie See - oder Teichrosen. Vor
allem im Winterhalbjahr nagt der "Holzfäller der Natur" mit seinen
langen Schneidezähnen Bäume in Wassernähe um und gelangt
schwimmend an die schmackhafte Rinde, die frischen Triebe, Knospen
und Blätter des gefällten Baumes. Feinde hat dieser friedliche und
scheue Geselle als erwachsenes Tier keine mehr.
Viele Säugetiere in den Donau - Auen, darunter auch die
Menschen als Besucher des Nationalparks, werden im Sommer Opfer
zahlreicher kleiner Blutsauger, der Gelsen. Diese
Nahrungsbeziehung stellt eine besondere im Netz der Lebewesen der
Au dar, nämlich eine parasitäre. Das bedeutet, dass der Mensch von
der Gelse als Wirt benutzt wird, "Gast Gelse" allerdings die Zeche
prellt.
In der Natur existiert aber nichts Überflüssiges, alles hat
seinen Sinn. Gelsen und deren wasserlebende Larven dienen Spinnen,
Raubinsekten (etwa Libellen), aber auch Fischen, Kröten, Fröschen,
Molchen, Eidechsen und zahlreichen Vögel als wichtige
Nahrungsgrundlage. Die Gelsen und Gelsenlarven stellen im
Nationalpark Donau - Auen einen "Knotenpunkt" des Nahrungsnetzes
dar, an dem sich viele Ketten kreuzen.
Wenn Sie sich jetzt vorstellen, dass so eine kleine Gelse
eben an ihrem Arm Blut gesaugt hat, dann wissen Sie, dass auch sie
damit zu einem Teil des Ökosystems Auwald geworden sind!
Vielleicht finden Sie sich dann im Zuge der Nahrungsketten in
einem Mäusebussard wieder, der hoch über dem Nationalpark Donau -
Auen majestätisch seine Runden zieht.
Man wird schließlich noch träumen dürfen...! (Schluss)(nap)
Rückfragehinweis: PID-Rathauskorrespondenz:
www.wien.at/vtx/vtx-rk-xlink/
Annemarie Täubling
Tel.: 02212/3450-12
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