Schausberger besichtigte neueste keltische Ausgrabungen auf dem Dürrnberg
Salzburg (OTS) - Es war heuer eine der längsten
Grabungsperioden auf dem Dürrnberg, bei der rund 80
qualitätsvolle Funde, wie beispielsweise eine
Bronzefibel mit einer koralleneingefassten Scheibe
oder eine Ringkopfnadel mit Koralleneinlage, zu Tage
gebracht wurden. Die Ausgrabungen konzentrierten sich
heuer auf das "Putzenfeld", wo vier große keltische
Grabhügel freigelegt wurden, sowie auf den
"Kranzbichel", eine Hügelkuppe, wo im Vorjahr bei
einer Sondierungsgrabung ein bedeutendes Wagengrab
entdeckt wurde. Dieses Resümee zog heute Samstag, 30.
Oktober, Mag. Kurt Zeller, der Leiter des
Österreichischen Forschungszentrums am Dürrnberg, der
mit Landeshauptmann Dr. Franz Schausberger die
Grabungsergebnisse dieses Jahres besichtigte. Auf
Grund der Bedeutung der Funde im großen Grabhügel beim
"Kranzbichl" habe es aus seinem Ressort neben dem
jährlichen Beitrag von 600.000 Schilling eine
Sonderfinanzierung in der Höhe von 200.000 Schilling
gegeben, teilte Landeshauptmann Schausberger mit.
Die Ausgrabungen des Österreichischen
Forschungszentrums am Dürrnberg wurden heuer Anfang
Mai begonnen und werden voraussichtlich bis Mitte
Oktober dauern. An den Arbeiten beteiligt waren bzw.
sind neben den Mitarbeitern/innen des
Forschungszentrums auch zwölf Fachkollegen/innen und
Studenten/innen aus Schottland, Deutschland,
Frankreich und Österreich.
Auf dem so genannten Kultplatz, einer etwa 40 x 35
Meter großen ziemlich ebenen Fläche im "Putzenfeld",
wurden in der diesjährigen Grabungssaison insgesamt
vier große keltische Grabhügel freigelegt, die
obertags völlig eingeebnet waren. Zu den
aufsehenderregenden Neufunden zählt u.a. eine
qualitätsvolle Bronzefibel, deren Fuß von einer
koralleneingefassten Scheibe mit einer Mittelrosette
aus Goldblech gebildet wird, sowie eine große
Ringkopfnadel mit Koralleneinlage. Die Nadel diente
vermutlich als Verzierung einer Kopfbedeckung für die
es bislang überhaupt noch keine Parallele gibt! Ein
großes, mit Halbkreisbögen bzw. Palmetten und
Winkelbändern verziertes, rot-ocker bemaltes
engmündiges Gefäß mit Standring aus dem gleichen Grab
verweist zum Beispiel nach Ostfrankreich, erläuterte
Mag. Zeller.
In einem benachbarten Grab wurde ein Krieger mit einem
besonders qualitätsvollen Schwert entdeckt, zu dessen
Füßen rund 20 scheibenförmige Bronzebeschläge
(wahrscheinlich eines Schildes) lagen. Ein Bärenzahn
und ein so genanntes Rondell (ausgehobene
Knochenscheibe einer Trepanation) gehörten zum
Amulettrepertoire eines Kindes.
Grabhügel für einen Vertreter der höchsten
Führungselite
Am südlichen Talschluss des so genannten Ramsautales
erhebt sich ein lang gestreckter Hügelrücken mit der
Flurbezeichnung "Kranzbichl". An seiner südswestlichen
Flanke befindet sich ein nahezu kreisrunder mächtiger
Hügel, der bergseitig ca. 3,5 Meter aufragt und gegen
die Talseite annähernd zehn Meter abfällt. Dieser
Hügel war bislang von niederem Gehölz und dichtem
Buschwerk bewachsen und wurde im Frühsommer 1999
gerodet.
Die geländebeherrschende Lage dieses Hügels war nicht
zu übersehen und ließ erwarten, dass es sich nicht nur
um eine natürliche Kuppe, sondern um einen Grabhügel
handeln könnte. Dieser würde den südlichsten Rand des
keltischen Siedlungsgebietes begrenzen.
Auf Grund seiner Größe und Dominanz (Rundblick auf das
nahezu gesamte keltische Bergbaugebiet und
Sichtkontakt bis zum nächsten Höhensitz auf dem
Hellbrunnerberg) war abzuleiten, dass es sich um einen
Grabhügel für einen Vertreter der höchsten
Führungselite des Dürrnbergs handeln müsste.
Ende Oktober 1999 wurde ein Sondage auf der Hügelkuppe
durchgeführt, um den künstlichen Aufbau des Hügels für
eine allfällige Grabung nachzuweisen. Diese führte,
wie sich nun herausstellte, nur an den Randbereich
einer zentralen Grabkammer: Den Leichenbrand einer
männlichen Körperbestattung hatte man mit den
metallenen Beschlagteilen eines zweirädrigen
Streitwagens nebst zwei Pferde-Gebisstrensen, einem
Jochaufsatz, einer Gewandfibel sowie der Bewaffnung
(Schwert, Lanze, Schild etc.) neben der hölzernen
Grabkammerdecke deponiert.
Auf Grund der beigegebenen Fibel kann diese
Wagenbestattung in die Zeit um 200 v. Chr. datiert
werden. Aus diesem Zeithorizont gab es bislang auf dem
Dürrnberg überhaupt keine Gräber, informierte Mag.
Zeller.
Die beiden anderen bekannten Wagengräber vom
Dürrnberg, in denen übrigens nur Teile von
Wagenbeschlägen geborgen wurden, stammen aus der Zeit
um 400 v. Chr. und sind daher rund 200 Jahre älter.
Zwischen einigen wenigen Gräbern mit metallenen
Überresten von Wagen in Slowenien bzw. Ungarn und
einer Gruppe von Wagengräbern am Mittelrhein bzw. in
Ostfrankreich (mit bescheidenen zumeist fragmentierten
Ausstattungen) gibt es zum Dürrnberger Neufund im
mitteleuropäischen Zentralraum kein einziges
vergleichbares Wagengrab.
Im Laufe der diesjährigen Grabungskampagne wurde die
Hügelkuppe zur Gänze freigelegt. Das Wagengrab hatte
man zusammen mit der Trachtausstattung einer Frau
(vier Bronzefibeln, zwei Glasarmreifen - einer davon
mit Brandeinwirkung des Scheiterhaufens, Reste einer
Gürtelgarnitur, sowie ein Dreipass-Bronzeanhänger,
eine Goldmünze und kurioserweise ein unbehandelter
Berg-kristall etc.) nicht wie ursprünglich angenommen
im Zentrum des Hügels deponiert, sondern am oberen
Rand einer ca. 2 x 1,8 Meter großen Grabkammer, die in
den Grundfels eingetieft wurde.
Bis in den Grundfels reichende Grabkammer
In der Grabkammer wurden das gestörte Skelett eines
jugendlichen adeligen Kriegers mit Bewaffnung
(Langschwert, gedrehte Schwertgehängekette,
Schildbeschläge aus Bronze und Eisen, zwei Eisenfibeln
sowie zwei Tongefäße und ein Holzgefäß mit
Bronzeeinfassungen) angetroffen. Diese
Primärbestattung ist im Vergleich zum Wagengrab
zeitlich nur geringfügig älter (ca. 250 - 230 v.
Chr.). Zwischen beiden (bzw. auch mit der Frau)
bestand wahrscheinlich ein verwandtschaftliches
Nahverhältnis.
Der dominante Grabhügel dieser adeligen Sippe, die
sicher zur höchsten Führungselite des Dürrnbergs
zählte, unterstreicht einmal mehr die wirtschaftliche
Dominanz der Dürrnberger Salzherren auch aus einer
Zeit, die bislang trotz intensiver Forschungstätigkeit
noch keine Gräber erbracht hatte.
Forschungszentrum seit 1985
Das Forschungszentrum Dürrnberg wurde 1985 ins Leben
gerufen, so Landeshauptmann Franz Schausberger. Die
Einrichtung wird von Land, Bund, Stadtgemeinde Hallein
und Österreichischer Salinen AG gemeinsam getragen und
finanziert. Zum jährlichen Mitgliedsbeitrag von
derzeit 600.000 Schilling stellen Land und Bund dem
Forschungszentrum noch zusätzlich je einen Restaurator
zur Verfügung. Aufgabe des Österreichischen
Forschungszentrums Dürrnberg ist die wissenschaftliche
Erforschung und Betreuung der archäologischen
Fundstellen auf dem Halleiner Dürrnberg. Dazu gehören
selbstverständlich auch die Restaurierung, Erhaltung
und Archivierung der Funde, aber auch die
wissenschaftliche Bearbeitung und Publikation der
Funde. Nach ihrer Restaurierung werden die Funde als
Dauerleihgaben dem Keltenmuseum Hallein zur Verfügung
gestellt, das damit nicht nur seine
Ausstellungsbestände ergänzen, sondern auch eine
Vielzahl von Gebrauchsgegenständen unserer keltischen
Vorbewohner in unterschiedlichsten, zumeist höchst
künstlerischen Variationen zeigen kann.
1.300 Funde
Schausberger wies darauf hin, dass das
Forschungszentrum Dürrnberg seit 1985 insgesamt rund
1.300 Funde entdeckt und restauriert habe. Nicht
wenige von diesen Fundobjekten waren einzig-artig und
einmalig, viele ganz seltene Einzelstücke für die
gesamte keltische Kultur, so auch eine erst 1998
gefundene Fibel, deren Form einem Hund sehr ähnlich
ist oder ein 1997 entdeckter reich verzierter Goldring
einer jungen keltischen Frau aus der Zeit um 330 vor
Christus.
Rückfragehinweis: Landespressebüro Salzburg
Dr. Roland Floimair
Tel.: (0662) 80 42 / 23 65
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