- 06.07.2000, 09:33:54
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BÖP: "Selbstbehalt auf Leistungen der Psychologen ist verfassungswidrig."
Der gestern beschlossene 20-prozentige Selbstbehalt auf psychologische Diagnosen bringt nicht nur kaum Einsparungen, er ist vermutlich auch verfassungswidrig, sagt Senta Feselmayer, Präsidentin des Berufsverbandes Österreichischer Psychologen (BÖP).
Wien (OTS - Im Rahmen des Sozialrechtsänderungsgesetzes beschloss
Koalitionsregierung gestern unter anderem auch einen 20-prozentigen
Selbstbehalt auf die diagnostischen Leistungen von Klinischen
Psychologen. Dieser Selbstbehalt wird vom Berufsverband
Österreichischer Psychologen (BÖP) scharf kritisiert.
"Dieser Selbstbehalt auf psychologische Leistungen ist
verfassungswidrig", sagt Senta Feselmayer, Präsidentin des BÖP.
Psychologische Leistungen sind gesetzlich (§135 Abs 1 ASVG) der
ärztlichen Hilfe gleichgestellt. "Da es auch für ärztliche Leistungen
keinerlei Selbstbehalt gibt, hätte ein Selbstbehalt für
psychologische Leistungen sachlich begründet werden müssen," erklärt
Feselmayer. Eine solche sachliche Begründung sei aber nicht erfolgt,
daher verstoße der Selbstbehalt gegen den Gleichheitsgrundsatz der
österreichischen Verfassung.
Außerdem seien durch die Einführung eines Selbstbehaltes auf den
Psychologenbesuch auch kaum Einnahmen bzw. Einsparungen für die
Sozialversicherungen zu erwarten. Im Vorjahr erhielten die 72
Vertragspsychologen von den Sozialversicherungen 15 Millionen
Schilling für diagnostische Leistungen. Die Einnahmen aus dem
Selbstbehalt würden also drei Millionen Schilling jährlich betragen,
von denen natürlich noch der Verwaltungsaufwand abgezogen werden
muss. "Diese geringen Einsparungen rechtfertigen auf keinen Fall die
negativen gesundheitspolitischen Auswirkungen", sagt Feselmayer.
Die diagnostischen Leistungen der Psychologen können sogar dabei
helfen, dem Gesundheitssystem Kosten zu ersparen, ist Feselmayer
überzeugt. "Eine von einem klinischen Psychologen erstellte Diagnose
erleichtert eine allfällig notwendige, weitere ärztliche Behandlung
und hilft so, Kosten einzusparen", ergänzt Feselmayer. Gerade bei
chronischen Erkrankungen ließen sich durch eine psychologische
Diagnose viele Überweisungen von einem Arzt zum nächsten ersparen.
"Damit verhindert eine psychologische Diagnose oft die sinnlose
Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen und spart dadurch Kosten."
Kinder und sozial Schwache betroffen. "Der Selbstbehalt schadet in
erster Linie sozial Bedürftigen und Familien mit Kindern", sagt
Feselmayer. Ein großer Teil der Leistungen von Psychologen wird von
Kindern in Anspruch genommenen, da die Kinderärzte ihre Patienten
ohne Umweg über den Chefarzt direkt an die Psychologen überweisen
dürfen. "Es sind also die sozial Schwächsten vom Selbstbehalt
betroffen", kritisiert Feselmayer.
Der Berufsverband Österreichischer Psychologen kritisiert aber
auch die Vorgangsweise der Bundesregierung bei der Einführung des
Selbstbehaltes. In den Erläuterungen zum Gesetzesentwurf wurden die
Änderungen, die den Berufstand der Klinischen Psychologen betreffen,
mit keinem Wort angekündigt. "Möglicherweise wollte man uns mit
dieser Vorgangsweise überrumpeln", meint Feselmayer.
Rückfragehinweis: Dr. Senta Feselmayer
Tel.: (01) 888 41 64
Mag. Monika Glantschnig
Tel.: (01) 407 26 71 - 17
Berufsverband Österreichischer
Psychologinnen und Psychologen
Garnisongasse, 1090 Wien
Tel.: (01) 407 26 71 - 0
Fax.: (01) 407 26 73
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