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"Oberösterreichische Nachrichten", Kommentar: Harte Welt der Opposition - Von Karl Danninger

Möglicherweise ist Alfred Gusenbauer einer der wenigen SP-Spitzenfunktionäre, die aus der Geschichte gelernt haben. Seine Ankündigung, Österreich in Schutz nehmen und dies auch durch Taten beweisen zu wollen, ist ein erster Schritt aus einer Situation, in der weder Österreich noch die Sozialdemokratie etwas zu gewinnen haben. Dass Gusenbauer hinzufügt, er wolle hingegen Jörg Haiders Provokationen nicht in Schutz nehmen, war er sich selber schuldig. So viel an Klarstellung muss sein.
Nach dem unrühmlichen Abgang des Quereinsteigers Viktor Klima von der politischen Bühne ist die Sozialdemokratie in Österreich in einer schwierigen Lage, obwohl sie die Nachfolge-Hürde rascher und souveräner gemeistert hat, als angesichts der Zustands der SP zu erwarten war. Der Neue, Gusenbauer, hatte zu gewärtigen, dass ihm keine Sekunde Schonfrist eingeräumt würde.
Das Erbe ist erdrückend, die Konkurrenz hingegen blüht. Abgesehen vom finanziellen Desaster, das der neue Vorsitzende vorfindet, das sich aber lösen lässt, wenn er Wehleidigkeit nicht gelten lässt, muss er die Partei neu positionieren. Den Status als Partei der Zukunft muss er erst den Grünen streitig machen. Erste Abgrenzungen sind bereits erfolgt. Gusenbauer verwies die Partei des unbestrittenen Alexander Van der Bellen aus dem Paradies der Exklusivität, womit den Grünen zumindest ein erpresserischer Hebel aus der Hand genommen wurde. Auch die VP sei ein Verhandlungspartner, hatte Gusenbauer klargestellt.

Dass er die Grünen als Konkurrenten um dieselbe Klientel ernst nimmt, hat der neue SP-Chef im Parlament zu beweisen versucht. Er hat in seiner Kritik an der neuen Regierung an Schärfe nichts vermissen lassen. Das in der Opposition ungemein wichtige Feld des Parlamentarismus versucht die SP zumindest verbal für sich zu erobern. Es fehlt noch die inhaltliche Kompetenz.
An sich könnte es sich die SP leicht machen und zuschauen, wie VP und FP unter den kritischen Zurufen aus dem In- und dem Ausland die wirtschaftlichen Strukturen nach 30-jährigem Schuldenmachen wieder so weit verbessert, dass die SP wieder die Früchte unpopulärer gegnerischer Regierungsarbeit ernten und aus vollen Töpfen schöpfen kann Ð wie 1970.

Nur Abstauber zu spielen, wird für eine Partei, die lange den Anspruch gestellt hat, sozial und wirtschaftlich kompetent gewesen zu sein, zu billig sein. Die SP wird unter Gusenbauer beweisen müssen, dass sie eine Alternative zu Blau und Schwarz und Grün ist. Einen ersten Schritt hat der künftige Vorsitzende getan.
Er wird die EU-Kommission zu überzeugen versuchen, dass Österreich fehl eingeschätzt wird; dass es nicht bloß daran gemessen werden kann, was man außerhalb des Landes als Maßstab nimmt, sondern auch daran, wie man Österreich hier zu Lande sehen möchte. Nicht als das gefährliche Nazi-Land, sondern als ein Mitglied der EU, das seine Verpflichtungen auch nach einem Regierungswechsel erfüllt und erfüllen will. Gusenbauer hat gelernt: Opposition beginnt im eigenen Land, nicht im Ausland.

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