- 21.12.1999, 09:29:02
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- OTS0059
Verfassungsgerichtshof beseitigt Ausgrenzung bei Gefängnisseelsorge
Wien (OTS) - Mit seinem Erkenntnis vom 6. Oktober 1999 stellt der
Verfassungsgerichtshof (VfGH) fest, dass ein Strafgefangener das
Recht auf Zuspruch durch einen Seelsorger seines "eigenen
Bekenntnisses" hat. Dies beruht auf dem Menschenrecht von Glaubens-
und Gewissensfreiheit. Als "eigenes Bekenntnis" ist dabei nicht die
formelle Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft zu verstehen,
sondern die nach außen tretende Deklaration innerer Einstellungen und
Werte. Der VfGH hält weiter fest, dass staatlich anerkannte
Religionen und Bekenntnisgemeinschaften keiner Einschränkung in der
Seelsorge unterliegen und sich darüber hinaus Gefangenenseelsorge
nicht auf anerkannte Religionsgesellschaften beschränkt.
Damit hebt der VfGH einen Bescheid des Landesgerichts Wien auf,
der einem jungen Straftäter ohne religiösem Bekenntnis die gewünschte
Seelsorge durch Zeugen Jehovas verweigerte. "Damit ist der für Europa
einzigartigen Praxis der österreichischen Behörden der Boden entzogen
und ein wesentlicher Schritt für die Menschenrechte getan worden,"
kommentierte Reinhard Kohlhofer, der diese Rechtssache vertrat. Diese
Entscheidung ist auch hinsichtlich der allgemeinen Rechtsstellung von
Bekenntnisgemeinschaften richtungweisend.
Von Jehovas Zeugen wird diese Entscheidung sehr begrüßt, da es
sich bei dem erwähnten jungen Mann, dessen Fall man vor den VfGH
brachte, um keinen Einzelfall handelte. Immer wieder wurde Personen -
viele waren keine Zeugen - die Seelsorge durch die
Glaubensgemeinschaft verweigert, obwohl sie diese ausdrücklich
wünschten. Besonders krass war die Situation einer jungen Frau und
Mutter von zwei Kindern, die ebenfalls keine Zeugin war. Selbst
nachdem bei ihr eine lebensbedrohliche Krankheit diagnostiziert wurde
und sie sich dadurch in einer verzweifelten Lage befand, wurde ihr
mehrfach mündlich und schriftlich geäußerter Wunsch nach einem
Seelsorger der Zeugen Jehovas verweigert.
In weiten Teilen Europas wird die Gefängnisseelsorge und
Resozialisierung durch Religionsgemeinschaften sehr positiv bewertet.
Schon 1990 wies zum Beispiel das Justizministerium in Polen
landesweit die Gefängnisverwaltungen an, dem Wunsch von Häftlingen,
durch Zeugen Jehovas betreut zu werden, zu entsprechen. In der
Zwischenzeit zeigen sich bereits positive Ergebnisse, wie frühzeitige
Entlassung, gute Integration und geringere Rückfälligkeit. Ein
Gefängnisdirektor äußerte sich folgendermaßen: "Die Tätigkeit der
Zeugen Jehovas in dieser Strafanstalt ist höchst wünschenswert und
sehr nützlich."
Rückfragehinweis: Informationsdienst der
Zeugen Jehovas, Österreich
Bernd Gsell
Fon: (01) 804 53 45-26 Fax: (01) 804 53 45-75
Mobil: 0664/ 370 02 42
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Rechtsanwalt Dr. Reinhard Kohlhofer
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