- 26.03.1999, 12:45:29
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Hay'sche Trennkost - eine Diät von gestern
Wien (OTS) - Auf der Suche nach alternativen Heilmethoden stößt
man auch immer wieder auf besondere Ernährungsempfehlungen oder
oftmals komplizierte Diätformen. Häufig sind es althergebrachte, in
der Zwischenzeit allerdings in Vergessenheit geratene "Diäten". Dazu
zählt auch die Hay'sche Trennkost welche heute, nachdem man sie
gewinnbringend wieder aus der Lade geholt hat, auch in zum Teil sogar
verschärfter Form im Fit for Life - Programm wieder fröhliche Urständ
feiert.
Was bedeutet "Trennkost"?
Der amerikanische Arzt Dr. Howard Hay hat sein Diätkonzept bereits
1907 veröffentlicht. Er glaubte die Ursache aller
Zivilisationserkrankungen in einer "Übersäuerung" des Körpers
gefunden zu haben und machte dafür den hohen Verbrauch von
"raffinierten" oder "denaturierten" Nahrungsmitteln wie Weißmehl oder
weißen Zucker sowie den hohen Eiweißverbrauch, vor allem aber die
Nichtbeachtung seiner "Verdauungsgesetze" durch Mischung von Eiweiß
und Kohlenhydraten in der selben Mahlzeit verantwortlich. Er
unterschied deshalb zwischen basenbildenden, neutralen und
säurebildenden Nahrungsmitteln und empfahl die Kost zu 80 % aus
sogenannten basenüberschüssigen aber nur zu 20 % aus angeblich
säureüberschüssigen Nahrungsmitteln zusammenzustellen.
Wie steht die heutige Wissenschaft dazu?
Die moderne, an wissenschaftlichen Grundsätzen orientierte
Ernährungsmedizin kennt deshalb den Begriff "Übersäuerung des
Körpers" oder "Entschlackung" nicht. Im Normalfall entledigt sich
nämlich unser Organismus kontinuierlich der entstandenen, nicht mehr
verwertbaren oder schädlichen Stoffwechselendprodukte über Niere,
Haut, Darm und Lunge. Auf diese Weise wird, übrigens dann auch ganz
ohne unser Zutun, das Säure-Basengleichgewicht erhalten. Die der
Hay'schen Trennkost zugrundeliegende Theorie ist
ernährungswissenschaftlich seit langem mehrfach widerlegt worden.
Zeitlich getrennter Verzehr von eiweiß- und kohlenhydrathältigen
Nahrungsmitteln ist keinesfalls erforderlich.
Die Behauptung, mit dieser Außenseiterdiätform bestimmte
Krankheiten wie beispielsweise Diabetes oder Krebs heilen zu können,
muß als gefährliche Spekulation oder gar als absichtliche Irreführung
bezeichnet werden. Wenn die Hay'sche Trennkost konsequent eingehalten
wird, ist auf Dauer eine vollwertige Ernährung nur mit
Einschränkungen möglich. Das Trennprinzip verhindert nämlich eine
ideale Ergänzung zwischen pflanzlichen und tierischen
Nahrungsmitteln. Die optimale Nährstoffversorgung ist dabei auch
nicht gesichert, es kann zu Mangelsituationen bei Calcium, Eisen und
Jod kommen.
Trennkostformen werden häufig als Reduktionskost eingesetzt. Eine
allenfalls erfolgreich Gewichtsabnahme ist aber nicht Folge des
Trennkostprinzips sondern ausschließlich auf die Verminderung der
zugeführten Energie zurückzuführen.
Kann man Trennkost auch vernünftig einhalten?
Trotz aller Kritik handelt es sich aber bei der Hay´schen
Trennkost im Grundkonzept um eine bevorzugt ovolactovegetabile,
ballaststoffreiche Ernährung mit niedrigem Fettgehalt aber hohem
Anteil an frischem Gemüse und Obst. Sie könnte daher durchaus als
Basis einer vernünftigen Ernährungsform empfohlen werden, wenn man
die unsinnige und sogar komplizierte Trennung sowie die unnötige
Einteilung der Nahrungsmittel weglassen würde. Schließlich entspricht
das von der Natur ausschließlich für den menschlichen Verzehr
vorgesehene Lebensmittel, die Muttermilch ganz und gar nicht den
Anforderungen der Trennkost. Ernährung kann also nicht so kompliziert
sein wie sie Diätempfehlungen dieser Art vorschreiben, die Menschheit
wäre wohl sonst schon längst ausgestorben.
Autor: Prim. Dr. Norbert Langmayr; Facharzt für Innere Medizin;
Leiter des Institutes für Stoffwechselerkrankungen und
Rückfragehinweis: Gesellschaft f. Ernährung
Mag. Alexandra Gruber
E-Mail: oege@magnat.at
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