Tulln (OTS) - Das im Jahr 1986 gegründete und ursprünglich im
burgenländischen Siegendorf beheimatete Österreichische Zuckermuseum
hat eine neue Heimstätte in den Räumen der Museen der Stadt Tulln
gefunden: Im ehemaligen Minoritenkoster, unweit der Zuckerfabrik
Tulln, öffnet sich ein Fenster zur ebenso langen wie faszinierenden
Geschichte des Süßens: Der Überblick reicht von den ersten
prähistorischen Spuren über die Antike bis zur Neuzeit, an deren
Beginn Christoph Columbus Zuckerrohrstecklinge von den Kanarischen
Inseln in die Karibik brachte und damit den Grundstein zu einer
mächtigen Rohrzuckerindustrie unter Führung Kubas legte.
Vom Rohr- zum Rübenzucker
In den folgenden Jahrhunderten entstanden auch in Europa - und im
Habsburgerreich - Zuckerraffinerien, in denen "Colonialzucker",
Rohrzucker aus Übersee, raffiniert wurde. Die erste
"Zuckerraffinierungs-Compagnie" dieser Art im alten Österreich wurde
1750 unter Maria Theresia in der adriatischen Hafenstadt Fiume (heute
Rijekaü gegründet.
Als "Colonialzucker" in Europa während und im Gefolge der
napoleonischen Kriege (Kontinentalsperre) immer knapper und teurer
wurde, begann man sich der bodenständigen, bisher eher
geringgeschätzten Runkelrübe als einer möglichen Zuckerquelle zu
besinnen. Schon 1747 hatte der Berliner Chemiker Andreas Sigismund
Marggraf auf die verborgenen Qualitäten der Rübe aufmerksam gemacht
und sich damit in der Geschichte seinen Platz als Entdecker der süßen
Seiten der Runkelrübe gesichert. Etwa ein halbes Jahrhundert später
(1803) errichtete Marggrafs Schüler Franz Carl Achard im schlesischen
Cunern die weltweit erste Rübenzuckerfabrik. Zucker für alle
Damit leitete er eine großangelegte Industrialisierung der
Zuckergewinnung in Europa ein. Eigens für das österreichische
Zuckermuseum in Originalgröße nachgebaute Maschinen aus einer
Rübenzuckerfabrik um 1830 markieren diese Entwicklung. Die Nutzung
des Rohstoffs Zuckerrübe in großem Stil und die damit verbundene
beispiellose agrotechnische und industrielle Innovationswelle führte
zu einem tiefgreifenden Wandel im Gebrauch des Genußmittels Zucker:
Das ursprünglich dem Adel und reichen Bürgern vorbehaltene "süße
Gold" entwickelte sich zum immer billigeren und schließlich für alle
erschwinglichen Produkt.
Diese Entwicklung wird im Österreichischen Zuckermuseum anhand von
Schautafeln, vielerlei Dokumenten und liebevoll zusammengetragenen
Schaustücken dokumentiert. Selbstverständlich kommen auch
altösterreichische Errungenschaften wie die vom französischstämmigen
Wiener Jules Robert entwickelte Diffusion (die heute als Extraktion
bezeichnete Auslaugung der Rübenschnitzel) oder die Erfindung des
Würfelzuckers durch den Direktor der Zuckerfabrik im böhmischen
Datschitz, Jakob Christoph Rad, zu Ehren.
Rückkehr nach Osteuropa
Ausführlich werden überdies die Bedeutung und der hohe
anbautechnische und industrielle Standard der österreichischen Rüben-
und Zuckerwirtschaft dargestellt. Mit einer Vorstellung des Zucker-
und Stärkeunternehmens AGRANA schließt sich der Kreis: Die zunehmende
Ausweitung des AGRANA-Tätigkeitsgebietes nach Osteuropa erscheint -
bei aller Zukunftsträchtigkeit dieser Expansion - angesichts der im
österreichischen Zuckermuseum lebendig werdenden Reminiszenzen an die
Donaumonarchie wie ein spätes Anknüpfen an eine glanzvolle
Vergangenheit.
Österreichisches Zuckermuseum 3430 Tulln, Minoritenplatz 1
Tel.: 02272/61915
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag 15 - 18 Uhr Samstag 14 - 18
Uhr Sonn- und Feiertag 10 - 18 Uhr
Sonderführungen: Anmeldung bei AGRANA Zucker-Ges.m.b.H.
Tel.: 02272/602-230 DW
Rückfragen und Fotos: Brigitte GAMPE (AGRANA)
Tel.: 01/21137-2930 und 0664/1811776
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