• 03.03.1998, 12:10:45
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  • OTS0102

Bestrahlung von Lebensmitteln - die gefürchtete Konservierungsmethode

Thema des Monats März 1998

Wien (OTS) - "Radioaktive Enten", "Atomare
Lebensmittelverseuchung", "Radioaktive Strahlung im Einkaufskorb",
"Der Mensch als atomares Endlager".... mit solchen Angst erzeugenden
Titeln, die hinter jeder Lebensmittelbestrahlungsanlage ein nicht
funktionierendes Kernkraftwerk vermuten lassen, werden immer wieder
Schlagzeilen gemacht, obwohl ihnen in letzter Zeit von solchen über
die Gentechnologie etwas der Rang abgelaufen wird.

Für die Lebensmittelbestrahlung werden zwei Arten ionisierender
Strahlung verwendet: durch Maschinen erzeugte Elektronenstrahlen und
die Gammastrahlung des Radioisotops Kobalt 60. Die Gammastrahlung
selbst ist weder radioaktiv, wie immer wieder zu hören und zu lesen
ist, noch induziert sie Radioaktivität. Diese Strahlen sind
elektomagnetische Wellen wie auch Licht, nur von sehr viel höherer
Energie, und von derselben Art und Wirkung wie Röntgenstrahlung.
Keine der beiden Strahlungsquellen, weder die Kobalt 60 Gammaquelle,
noch der Röntgenstrahlgenerator, könnte in Medizin und Industrie
eingesetzt werden, wenn sie in dem bestrahlten Subjekt oder Objekt
Radioaktivität verursachten.

Die Mobilmachung der Angst der Bevölkerung hatte aber auch ihre
positiven Auswirkungen. Die Strahlenbehandlung ist die weltweit am
besten untersuchte Konservierungsmethode für Lebensmittel überhaupt.
Nach rund 20jähriger Überprüfung von experimentellen Daten durchein
internationales "Gemeinsames Expertenkomitee der FAO/IAEA/WHO für die
gesundheitliche Einschätzung bestrahlter Lebensmittel" wurde bereits
1980 festgestellt, daß die Bestrahlung von Lebensmitteln bis zu einer
Gesamtdosis von 10 kGy keine toxikologischen Gefahren und keine
Nährwertprobleme mit sich bringt. Die Europäische Gemeinschaft
unterstützte 1986 diese Beschlüsse. Bis heute konnte diesen Tatsachen
nicht widersprochen werden.

Alle bis zum Jahre 1994 vorliegenden Daten über die toxischen
Wirkungen von Bestrahlungsprodukten und Hitzebehandlungsprodukten von
Proteinen, Kohlehydraten und Fetten wurden vergleichend
gegenübergestellt. Bei der Strahlenbehandlung konnten keine Produkte
nachgewiesen werden, die eine ähnlich starke mutagene und kanzerogene
Wirkung aufwiesen, wie die Hitzezersetzungsprodukte, die
heterozyklischen Amine, die polyzyklischen aromatischen
Kohlenwasserstoffe (PAK) oder die N-Nitrosoverbindungen.

Bestrahlung soll und kann andere Konservierungsmethoden nicht
ersetzen, sondern ergänzen. Wichtigstes Beispiel: die Konservierung
von roher Nahrung tierischen Ursprungs. Es gibt derzeit keine andere
Technologie, die die Inaktivierung von pathogenen Mikroorganismen
garantieren kann. Für die Vernichtung nicht-sporenbildender,
pathogener Bakterien wie z.B. Salmonella, Campylobacter und Listeria,
den in USA und Europa Hauptverursachern von Lebensmittelvergiftungen,
sind nur relativ niedrige Strahlendosen (<10 kGy) erforderlich.

Die Bedeutung dieser Anwendung zeigt sich in der Erweiterung der
Zulassungsbedingungen für Fleisch in den USA. Neben der seit 1992
erlaubten Bestrahlung von Hühnerfleisch wurde im Dezember 1997 auch
die von Rindfleisch zugelassen, um die darin enthaltenen
Mikroorganismen abzutöten. Anlaß war das wiederholte Auftreten von
Lebensmittelvergiftungen mit tödlichem Ausgang durch mit E. coli
O157:H7 Bakterien infizierte Hamburger. Im August 1997 mußten 12
Millionen Tonnen faschiertes Rindfleisch aus dem Verkehr gezogen
werden.

Längerfristig wird auch Österreich vom Import einiger bestrahlter
Lebensmittel betroffen sein. Nach einer Direktive der EU vom Mai 1997
sollen bestrahlte Gewürze europaweit zugelassen werden. In
Deutschland ist die Vermarktung bestrahlter Gewürze bereits seit März
1997 erlaubt. Weltweit ist Strahlenbehandlung derzeit in 39 Ländern
zugelassen, davon in acht EU-Staaten.

Für alle Skeptiker sei gesagt, eine Kennzeichnungspflicht ist
gesichert, sodaß eine freie Wahl gegeben sein wird. Außerdem werden
in allen EU Ländern verschiedene, empfindliche Nachweismethoden einer
Strahlenbehandlung zur Überprüfung der Einhaltung der gesetzlichen
Bestimmungen angewendet.

Der Autor ist: ao. Univ. Prof. Dr. Sonja Solar Institut für
Theoretische Chemie und Strahlenchemie, Universität Wien

Rückfragehinweis: Österr. Gesellschaft für Ernährung
Tel.: 01/714 71 93

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