(Wien/OTS) Was in manchen Ländern bereits möglich ist, kommt nun
auch auf Österreich zu, nämlich, daß parallelimportierte
Arzneimittel auf den Markt drängen werden. Parallelimporte
funktionieren so: (Groß)Händler kaufen in einem "Billigland"
umsatzstarke und qualitativ einwandfreie Arzneimittel in großem
Stil ein und verkaufen sie dann in Ländern, in denen ein besserer
(höherer) Preis zu erzielen ist. Erleichtert wird dieses Vorgehen
durch Preisunterschiede von Währungsschwankungen und Kaufkraft-
Unterschiede. Dem Vorteil des "kleinen Preises" stehen aber eine
ganze Reihe von Nachteilen gegenüber, die nicht nur Fachleute,
sondern auch die Arzneimittel-Anwender beschäftigen sollten. Und
genau diese Nachteile sind es, weswegen Parallelimporte in
Österreich Expertenmeinungen zufolge "nicht viel Leiberl" haben
werden.
Derzeit sind die vier wichtigsten Märkte für Parallelimporte
innerhalb der EU die Niederlande, Dänemark, das Vereinigte
Königreich und Deutschland, wobei die Marktanteile für
parallelimportierte Medikamente in den einzelnen Ländern zwischen
13 Prozent (NL) und zwei Prozent (D) liegen. Abhängig sind die
Marktanteile nicht nur von lokalen Usancen hinsichtlich
Genehmigungsverfahren, etc., sondern auch davon, ob Apotheken und
Großhandel bei Parallelimporten "mitmachen". Für diese beiden
Branchen bedeuten Parallelimporte vor allem eine ganze Reihe von
investitionsintensiven logistischen Herausforderungen. Die
österreichische ARGE Pharmazeutika, die den heimischen Großhandel
vertritt, hat sich mittlerweile reserviert zum Thema geäußert.
Ihrer Auffassung nach bringen Parallelimporte "mehr Nachteile als
Vorteile" mit sich.
Zwt.: Parallelimporte als "Stolpersteine" für Versorgungs- und
Arzneimittelsicherheit
Auch für die Pharmaindustrie – sprich für Originalhersteller -
sind Parallelimporte nicht unproblematisch, vor allem, was
Haftungsfragen und Fragen der Arzneimittelsicherheit betrifft. So
müssen parallelimportierte Medikamente z.B. wegen der Sprache der
Gebrauchsinformationen ("Beipacktexte"), wegen unterschiedlicher
Packungsgrößen-Erfordernisse, usw. umgepackt werden. Ein solches
Vorgehen unterliegt zwar strengen Bestimmungen, aber durch einen
"Umpackprozeß" können verschiedene Chargen eines Medikaments bei
Rückfragen oder – noch krasser -, bei notwendig werdenden
Rückrufaktionen nicht mehr oder nur sehr unzulänglich
zurückverfolgt werden. Daß die Haftung in einem solchen Fall erst
geklärt werden muß, ist zwar unangenehm, wird aber spätestens dann
zweitrangig, wenn man überlegt, wie sehr Patienten dadurch
gefährdet werden könnten. – Daß Parallelimporteure ungleich
Originalherstellern weiters keine Bioverfügbarkeits-Studien oder
kontinuierliche Kontrollen der von ihnen in Verkehr gebrachten
Arzneimittel nachweisen müssen, sollte nicht nur Verantwortlichen
im Gesundheitswesen, sondern wiederum gleichermaßen den Patienten
zu denken geben.
Zwt.: Nicht nur in Österreich ungelöst: Versorgungssicherheit mit
Parallelimporten
In Österreich gibt es aber noch eine andere Dimension zum Thema
Parallelimporte: nämlich jene der Versorgungssicherheit. Zwar sind
Parallelimporte von Arzneimitteln legal und sind auch von der EU
im Sinne eines freien Warenverkehrs bedingt erwünscht. Auch viele
Gesundheitswesen sehen diese Entwicklung wohlwollend, können Sie
doch durch Parallelimporte manche Medikamente billiger einkaufen.
Die Sozialversicherungen profitieren von Parallelimporten zwar
finanziell, doch wenn ihr Auftrag lautet, die Versorgung mit
Arzneimitteln sicherzustellen (wie in Österreich), könnte es eng
werden. Grund: bei Lieferunfähigkeit des Parallelimporteurs steht
dieses Arzneimittel dann ganz einfach nicht mehr zur Verfügung.
Ein Ausweichen auf andere Bezugsquellen ist dem Parallelimporteur
dann nicht mehr möglich.
Zwt.: Sagt den Patienten, was Parallelimporte bedeuten!
Dkfm. Erhard P. Geisler, Geschäftsführer der Pharmig, Vereinigung
pharmazeutischer Unternehmen, erwartet für Österreich kein
"plötzliches Explodieren" der Parallelimporte. Geisler: "
Österreich ist bekannt dafür, daß im sensiblen Bereich der
Arzneimittel stets fundierte Nutzen-Risiko-Abwägungen vor
wichtigen Entscheidungen stehen. Aufgrund des "Risikoprofils" von
Parallelimporten glaube ich daher nicht, daß parallelimportierte
Arzneimittel plötzlich wie Schwammerl aus dem Boden schießen
werden, speziell dann nicht, wenn sie von der Sozialversicherung
refundiert werden sollen." Ganz wesentlich für Geisler ist aber
die Aufklärung der Arzneimittel-Anwender über die Natur von
Parallelimporten. "Nur, wenn die Patienten wissen, wo die Vor- und
Nachteile von parallelimportierten Arzneimitteln liegen, können
sie qualifiziert mitentscheiden, ob sie nun ein Originalmedikament
mit Haftungsgarantie oder im Unterschied dazu ein
parallelimportiertes möchten, und dieses Entscheidungsrecht steht
ihnen ja wohl zu", so Geisler.
Rückfragehinweis: Pharmig-Pressestelle
Dkfm. E.P. Geisler, Ruth Mayrhofer
Tel. (1) 523 29 56
e-mail: pharmig-mayrhofer@apanet.at
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