• 08.07.2025, 10:15:04
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Demokratiepolitisches Foul an der Petition „Rettet den Khleslplatz!“– Gemeinderat übergeht Bürgerwillen

Investor gewinnt, Wien verliert – Initiative fordert Kurswechsel

Viele Mitglieder der Bürgerinitiative im Rathaus vor der
Präsentation vor dem Petitionsausschuss am 27.6.2025
Wien-Altmannsdorf (OTO) - 

Mit scharfer Kritik und Forderungen reagiert die Initiative „Rettet den Khleslplatz!“ auf den politischen Ablauf und die Inhalte der kürzlich beschlossenen Flächenumwidmung im seit 1973 als Schutzgebiet ausgewiesenen Ensemble Khleslplatz im 12. Wiener Gemeindebezirk. Der Fall Khleslplatz zeigt exemplarisch, wie in Wien mit Bürgerbeteiligung und städtebaulichem Erbe zugunsten privater Investoreninteressen umgesprungen wird. Da es sich um keinen Einzelfall handelt (ähnlich verfuhr man z.B. mit der Petition Heumarkt), scheint dies Methode zu haben. Diese gelebte Praxis ist ein herber Schlag gegen das Mitspracherecht in der „Demokratiehauptstadt Wien“.

Entscheidung gegen Bürgerinteressen

Am 25. Juni 2025 beschloss der Wiener Gemeinderat – mit den Stimmen von SPÖ und NEOS – eine Umwidmung zweier bislang als Gartenflächen gewidmeter Grundstücke in der Schutzzone Khleslplatz zugunsten eines privaten Immobilienentwicklers.

Obwohl über 1.600 Bürger:innen die Petition gegen die Umwidmung unterstützten und fast 500 Stellungnahmen bei der MA 21 eingingen, wurde diese erst am 27. Juni im Petitionsausschuss behandelt – zwei Tage nach dem Beschluss der Umwidmung.

„Ein symbolisches Verfahren ohne Substanz“ kommentiert Initiator Dieter Feiertag. „Die politische Entscheidung war gefallen, bevor der Ausschuss überhaupt zusammentrat. Das ist Bürgerbeteiligung als Feigenblatt, ein demokratiepolitisches Foul und eine Bankrotterklärung der partizipativen Stadtentwicklung“.

Starkes zivilgesellschaftliches Engagement ohne politische Wirkung

Die Bürgerinitiative wies seit Bekanntwerden der Umwidmungspläne eindringlich auf die kulturelle, städtebauliche und soziale Bedeutung des Khleslplatzes hin. Die Petition wurde mit großem Aufwand und ebensolcher Wirkung öffentlich kommuniziert, Visualisierungen wurden erstellt, alternative Szenarien durchdacht, Gespräche geführt. Dennoch behandelte der Petitionsausschuss die Petition erst zwei Tage nach der Beschlussfassung der Umwidmungen durch den Gemeinderat – und setzte damit einen Akt der Symbolpolitik ohne Auswirkung auf das bereits beschlossene Vorhaben.

„Das war keine Bürgerbeteiligung, das war politisches Theater“, kritisiert Initiator Dieter Feiertag. „Die Initiative hat alles getan, was zivilgesellschaftlich in solchen Verfahren möglich ist, wurde aber kaltschnäuzig ignoriert. Die politische Entscheidung stand fest, bevor das Verfahren abgeschlossen war.“

Der Khleslplatz – ein schützenswertes Ensemble

Der Khleslplatz ist ein städtebaulich einzigartiges Relikt: der letzte erhaltene Dreiecksanger Wiens, eingebettet in eine über 1.000 Jahre alte, historisch gewachsene Struktur mit hoher Aufenthaltsqualität. Die nun beschlossene Bebauung mit Bauklasse I (viergeschossige Häuser mit einer Höhe von bis zu 13,5 Metern) wird das Ortsbild jedoch sichtbar und dauerhaft stören.

Die Umwidmung wurde im Windschatten des geplanten Schulbaus der AHS an den Eisteichen beschlossen, obwohl zwischen den Projekten inhaltlich kein Zusammenhang besteht und hinsichtlich der Investorenbauten auch kein zeitlicher Druck gegeben war.

Die Entscheidung konterkariert nicht nur den Schutzgedanken der Schutzzone gemäß § 7 der Bauordnung für Wien, sondern auch die Zielsetzung des aktuellen Stadtentwicklungsplans 2035, der explizit den Schutz solcher Ensembles fordert. Die Umwidmungen widersprechen diesem, im Gemeinderat erst im April 2025 beschlossenen Steuerungselement für die räumliche und strukturelle Entwicklung insbesondere beim Schutz von Ortsbild, Naherholung, Begrünung und Bürgerbeteiligung.

Petition ausgebremst

Tatsächlich wurde seitens der Stadtregierung kein einziges Argument der Petenten ernsthaft aufgegriffen. Auch deren Visualisierungen der geplanten Bauten am Khleslplatz blieben unbeachtet.

Selbst die Stellungnahme der Bezirksvertretung Meidling vom 28. März 2025 – mit Zweidrittelmehrheit beschlossen – wurde nur teilweise berücksichtigt. Ignoriert wurden vor allem:

  • die Forderung nach einer Trennung der Umwidmungsverfahren (AHS-Neubau sofort, Wohnbauten später), sowie
  • die Empfehlung, die Petition vor dem Gemeinderatsbeschluss zu behandeln.

Dem Petitionsausschuss wurde außerdem erläutert, dass die mit der Generalplanung des AHS-Neubaus beauftragten Architekten bewusst Rücksicht auf den Bestand nahmen und die Gebäudehöhe zur Khleslplatz-Seite auf 12 Meter begrenzten, obwohl dort doppelt so hohe Bauten möglich gewesen wären.

Die beiden Wohnbauten, die nun mitten im geschützten Ensemble errichtet werden dürfen, sollen hingegen 13,5 Meter hoch werden – und damit die niedrige Bestandsbebauung deutlich überragen dürfen. Der Gemeinderat hatte damit mehrheitlich kein Problem.

Politische Aussagen auf dem Prüfstand

Die Initiative „Rettet den Khleslplatz!“ kritisiert irreführende Aussagen, offensichtlich fehlende Kenntnis der Faktenlage und ausweichendes Verhalten politischer Entscheidungsträger.

„Hier wurde gezielt Intransparenz geschaffen, und die Bürger:innen behandelte man als Störfaktoren“, so Feiertag.

  1. Verharmlosungen: Sogar das 20-stöckige Hochhaus „Am Schöpfwerk“ sei vom Khleslplatz aus nicht sichtbar, meinte der Abgeordnete Omar Al-Rawi (SPÖ) in seiner Rede vor dem Gemeinderat. Eine offensichtliche Unwahrheit, wie zahlreiche Fotos oder auch ein Blick in Google Street View belegen. Das von ihm als Vorbild für die Einbettung neuer Gebäude in das Ensemble genannte „Haus Fortuna“ steht seit Jahren in der Kritik – und der versprochene öffentliche Park wurde nie realisiert.
  2. Keine Dringlichkeit: Während der Schulneubau bereits spruchreif war und daher gesondert beschlossen werden hätte können, wurde die Umwidmung der Flächen für privaten Wohnbau im Windschatten dieses Projekts durchgezogen, obwohl diesbezüglich keinerlei zeitliche Notwendigkeit bestand.
  3. Kein Einvernehmen mit Anrainer:innen: Der geplante Schulbau diente als Vorwand für eine weitreichende Flächenumwidmung in der Schutzzone. Die Behauptung, es habe diesbezügliches Einvernehmen mit den Anrainer:innen gegeben, ist nachweislich falsch. In Hunderten Stellungnahmen äußerten sich Anwohner:innen ablehnend gegenüber der Umwidmung zum Ensemble gehörender Gartenflächen für rein renditegetriebenes Privat-Interesse.
  4. Airbnb in Schutzzone bewusst geduldet? Die neue 90-Tage-Grenze ist schwer kontrollierbar, und ein nennenswerter Rückgang der Airbnb-Vermietungen blieb bisher aus. Vor allem aber liegt der Khleslplatz nicht in einer Wohnzone gemäß § 7a der Wiener Bauordnung, für welche die neuen strengen Regeln gelten. Zudem sind selbst in Wohnzonen Ausnahmegenehmigungen für Airbnb möglich. Entgegen der Verharmlosung von Gemeinderat Denis Šakić (SPÖ) ist zu befürchten, dass die strittige Umwidmung solche Nutzungen begünstigt. Wechselnde Gäste gefährden das soziale Gefüge, die Wohnqualität und die Identität des Ensembles.
  5. Zwei Drittel sind gemeinnützig? Die Behauptung von Gemeinderat Denis Šakić (SPÖ), wonach bei jeder Neuwidmung verpflichtend zwei Drittel geförderter Wohnbau entstehen müssen, trifft auf den Khleslplatz nicht zu: Diese Regelung greift erst ab einer Mindestgröße von 5.000 m² Wohnnutzfläche und Bauklasse II. Der Investor ist daher nicht verpflichtet, geförderte Wohnungen zu errichten. Es handelt sich vielmehr um rein privaten Wohnbau ohne jede Sozialbindung. Offensichtlich sind Mitglieder des Gemeinderats bei der Beschlussfassung von falschen Annahmen ausgegangen.
  6. Intransparenz und Informationsverweigerung: Die MA 21 verweigerte über Monate hinweg Informationen, sogar zur Anzahl der eingelangten Stellungnahmen. Generell werden bei Eingriffen in das Stadtbild weder die Bevölkerung noch die Entscheider selbst über die Auswirkungen mit wünschenswerter Klarheit informiert: Mit dem Argument, die Neubauten seien für die MA 21„im Kopf vorstellbar“– werden keine Visualisierungen zur Verfügung gestellt, und der Zugang zu Funktionen im digitalen 3D-Stadtplan unterbunden, um eigenständige Prüfungen von Bauvorhaben durch Bürger:innen zu erschweren.

Cui bono – wem nützt diese Umwidmung?

Profitieren wird ausschließlich ein privater Investor! Ein sozialer oder städtebaulicher Mehrwert spielt keine Rolle. Ziel ist die Maximierung von Verkaufs- und Mieterlösen pro Quadratmeter. Ein Investor, der auf Vorsorgewohnungen spezialisiert ist, wird erfahrungsgemäß

  1. kleine, stark standardisierte Einheiten mit hoher Mietrendite errichten,
  2. Flächen, Volumina und Höhen maximal ausreizen,
  3. mit kostengünstiger, effizienter Bauweise arbeiten,
  4. auf gestalterische Qualität wenig Wert legen, sofern keine diesbezüglichen Auflagen erteilt werden,
  5. die errichteten Wohnungen als sogenannte „Vorsorgewohnungen“ an Einzelinvestor:innen verkaufen, die sie weitervermieten.

Wer verliert durch diese Entscheidung? Eine ganze Stadt!

  • Das historische Stadtbild
  • Die Lebensqualität im Grätzl
  • Der Respekt vor demokratischer Beteiligung
  • Das Vertrauen in partizipative Stadtplanung und Politik
  • Die Wienerinnen und Wiener, die leistbares Wohnen suchen

Damit ist der Fall Khleslplatz ein Paradebeispiel für systemisches Versagen in der Bürgerbeteiligung.

Die Initiative „Rettet den Khleslplatz!“ fordert:

  1. Beschränkung der Bauhöhe in der Schutzzone Khleslplatz auf max. 3,5 m plus Dach
  2. Keine Veränderung bestehender Gebäude am Khleslplatz, speziell hinsichtlich der Gebäudehöhen
  3. Transparente und visuell nachvollziehbare Flächenwidmungsverfahren
  4. Verbindliche Behandlung von Petitionen vor der jeweiligen Beschlussfassung
  5. Achtung der Schutzwirkung von Schutzzonen statt deren missbräuchliche Verwendung als Vorratsflächen für Wunsch-Umwidmungen
  6. Trennung von Widmungsverfahren, wenn keine inhaltliche Verbindung zwischen den Projekten besteht
  7. Einhaltung des Rechts der Bezirksvertretung auf neuerliche Stellungnahme gemäß § 2 Abs. 9 BO, wenn ihre mit Zweidrittelmehrheit beschlossene Stellungnahme im Planungsausschuss nicht (vollständig) berücksichtigt wurde

Appell an die Politik: Kurswechsel zu mehr Bürgerbeteiligung

  • Wenn Bürgerbeteiligung zum Alibi wird und Schutzbestimmungen durch politische Mehrheiten entwertet werden, ist das Vertrauen in die Demokratie nachhaltig beschädigt.
  • Der Fall Khleslplatz ist kein Einzelfall. Wenn der Petitionsausschuss nur noch symbolisch tagen darf und Widmungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgezogen werden, dann braucht Wien eine neue Debatte über bürgernahe Stadtplanung.
  • Die Stadtregierung muss sich entscheiden: Will sie Wien gemeinsam mit den Menschen gestalten – oder über ihre Köpfe hinweg.
  • Die Initiative „Rettet den Khleslplatz!“ ruft Politik und Verwaltung dazu auf, sich nicht gegen, sondern mit der Bevölkerung für eine zukunftsweisende, gerechte und respektvolle Stadtentwicklung einzusetzen.

Dieter Feiertag: „Wenn Wien lebenswert bleiben soll, braucht es Mut zur Transparenz, echte Mitbestimmung und verantwortungsvollen Umgang mit dem kulturellen Erbe der Stadt.“

Kontakt:
Initiative „Rettet den Khleslplatz!“
📧; khleslplatz@gmx.at
🌐; www.kabelwerker.net/Khleslplatz/

Video der Präsentation der Petition „Rettet den Khleslplatz!“vor dem Petitionsausschuss

(Kurzlink: http://bit.ly/3TrPNgX)

Chronologie zum Flächenwidmungsverfahren Khleslplatz

  • Genereller Ablauf eines Flächenwidmungsverfahrens:
    • Interner „Gründruck“ durch MA 21 wird erstellt und ausschließlich intern abgestimmt.
    • Erst danach folgt der „Rotdruck“, der öffentlich 6 Wochen aufgelegt wird – meist zu einem Zeitpunkt, an dem der Plan bereits weit fortgeschritten ist.
    • Das Petitionsrecht ist nicht an Gemeinderatstermine gekoppelt, was die Wirkung öffentlicher Mitwirkung stark einschränkt.
    • Beteiligung und Masterplan für partizipative Stadtentwicklung

Konkreter Ablauf Khleslplatz / AHS An den Eisteichen

  • 18. November 2024:
    • Die Pläne zum Khleslplatz werden durch einen Artikel in der Bezirkszeitung erstmals öffentlich, beiläufig eingebettet in die AHS-Planung an den Eisteichen.
  • 15. Jänner 2025:
    • Gründung der Bürgerinitiative „Rettet den Khleslplatz!“
    • Einreichung der Petition, die innerhalb von 14 Tagen über 1.000 Unterschriften erhält – später folgen noch viele mehr.
  • 30. Jänner – 13. März 2025:
    • Öffentliche Auflage des Rotdrucks zur Einsicht und Stellungnahme.
    • Fast 500 Stellungnahmen gehen bei MA 21 ein, die Anzahl wird von dieser monatelang geheim gehalten.
  • 8. März 2025:
    • Kundgebung mit rund 400 Teilnehmer:innen und großer medialer Aufmerksamkeit.
    • Ein hastig in Postkästen von Anrainer:innen verteilter Flyer der Bezirksvertretung bestätigt den Mangel an transparenter Kommunikation.
  • 2. April 2025:
    • Podiumsdiskussion mit Experten der BIG (Bundesimmobiliengesellschaft) zum Schulbau und zu Visualisierungen der geplanten Bebauungen.
    • 130 Personen nehmen teil.
    • Es wird deutlich: Der Bevölkerung fehlen weiterhin grundlegende Informationen.
  • 28. April 2025:
    • Sitzung der Bezirksvertretung; Erstellung Stellungnahme – zahlreiche Mitglieder der Initiative sind anwesend.
  • 25. Juni 2025:
    • Beschlussfassende Sitzung des Wiener Gemeinderats:
      • Trotz vorheriger Information aller Gemeinderät:innen (per Mail und Post) werden die Forderungen der Initiative und sogar der Bezirksvertretung weitgehend ignoriert.
      • Die Umwidmung von Gartenflächen mitten in der Schutzzone zu Bauklasse I wird beschlossen.
      • Der Vorgang wird dennoch als partizipativer Erfolg dargestellt.
  • 27. Juni 2025:
    • Petitionsausschuss behandelt die Petition verspätet:
      • Lob für das Engagement der Initiative, aber keine substanziellen Änderungen.
      • Die Behandlung gilt vielen als reine Formsache.
  • Fazit:
    • Ohne „November-Leak“ in der Bezirkszeitung wäre selbst die – nur begrenzt wirksame – öffentliche Reaktion nicht möglich gewesen.

Rückfragen & Kontakt

Initiative "Rettet den Khleslplatz!"
Dieter Feiertag
Telefon: 06644652362
E-Mail: khleslplatz@gmx.at
Website: https://www.kabelwerker.net/Khleslplatz/

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NEF

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