• 20.03.2024, 15:34:17
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Ein Kampf gegen Windmühlen? Künstliche Intelligenz, Desinformation und Journalismus

Angesichts der zunehmenden Verbreitung von generativer Künstlicher Intelligenz (KI) steht der Journalismus vor neuen Herausforderungen. Dazu zählen insbesondere der Umgang mit Desinformation und die Sicherung von ethischen Grundprinzipien im Umgang mit KI. Wie Journalist*innen den damit einhergehenden Anforderungen gerecht werden können und wo die Politik gefragt ist, diskutierten Expert*innen aus Wissenschaft und Praxis am 12. März auf einer Podiumsdiskussion der Österreichischen UNESCO-Kommission und der FHWien der WKW.

In den letzten Monaten hat sich generative Künstliche Intelligenz rasant verbreitet – und die Technologie verbessert sich laufend. Florian Schmidt, Leiter des APA-Faktencheck-Teams, geht davon aus, dass es nur noch wenige Monate dauern wird, bis KI-generierte Bilder und Videos kaum noch als solche erkennbar sind. In wenigen Jahren, so Schmidt, werde die Mehrheit der Inhalte im Internet KI-generiert sein. Skeptischer zeigte sich hingegen Sabine Köszegi, Professorin an der TU Wien und Vorsitzende des Fachbeirats Ethik der Künstlichen Intelligenz an der Österreichischen UNESCO-Kommission. Sie wies auf die nach wie vor bestehenden Schwachstellen von generativer KI hin und rechnet in absehbarer Zeit nicht mit einer Perfektionierung entsprechender Tools.

Dass die Erstellung KI-generierter Fotos und Videos zumindest schon ausgesprochen einfach ist, zeigte Eva Wackenreuther, Faktencheckerin bei der Nachrichtenagentur AFP, in ihrem Eröffnungsvortrag. Sie warnte, dass Desinformationskampagnen im „Superwahljahr“ 2024 mit weltweit 3,5 Milliarden Wähler*innen deutlich zunehmen dürften. KI sei in diesem Zusammenhang ein potenzieller Brandbeschleuniger und verzerre das politische Spielfeld in Richtung der lautesten und emotionalsten Ideen. Infolge steige die Informationsunsicherheit in der Bevölkerung, so etwa das generelle Misstrauen gegenüber Inhalten, unabhängig von der Seriosität der Quelle. Mitunter werde auch gezielt versucht, Journalist*innen mit Hilfe von Mis- und Desinformation zu diskreditieren, so Ashwien Sankholkar, Investigativjournalist bei der Rechercheplattform DOSSIER.

Der Einsatz Künstlicher Intelligenz geht aber nicht nur mit Herausforderungen einher, sondern birgt auch enorme Chancen für das journalistische Arbeiten, zum Beispiel erleichtert KI das Fact Checking, die Überprüfung von Inhalten auf ihre Echtheit.

Einig waren sich die Panel-Teilnehmer*innen darin, dass Künstliche Intelligenz journalistische und redaktionelle Arbeitsprozesse, das professionelle Selbstverständnis sowie die Informationsumgebung, in der Journalist*innen operieren, verändere und es auch in Hinblick auf KI als Berichtsgegenstand neue Kompetenzen brauche, wie die Journalismusforscherin Wiebke Loosen zusammenfasste. Genauso wesentlich wie gesetzliche Regelungen (und Sanktionsmöglichkeiten) seien daher professionelle Standards und die Weiterentwicklung berufsethischer Normen.

Darüber hinaus diskutierten die Expert*innen über Transparenzfragen, Auszeichnungspflichten und Verantwortlichkeit. Die liege am Ende immer noch beim Menschen. Künstliche Intelligenz sei nämlich kein moralischer Agent (moral agent), so Köszegi, sondern vielmehr ein Spiegelkabinett unserer gesellschaftlichen Vorurteile. Künstliche Intelligenz reproduziere nicht nur Biases und Diskriminierung, sondern verstärke diese deutlich. Regulierung von staatlicher Seite brauche es auch angesichts der ungebrochenen Marktmacht der großen Technologieunternehmen – und ebenso ein Verständnis von Daten und Informationszugang als kritische Infrastruktur.

Ausgangspunkt für die Veranstaltung war die UNESCO-Empfehlung zur Ethik der Künstlichen Intelligenz. Im November 2021 von 193 Staaten verabschiedet, beinhaltet die Empfehlungen klar definierte Prinzipien für die ethische Entwicklung und den Einsatz von KI in elf Anwendungsfeldern, darunter solche mit engem Journalismus- und Medienbezug. Was die Empfehlung darüber hinaus auszeichnet, ist ihr starker Bezug auf die Menschenrechte, Nachhaltige Entwicklung sowie Umweltaspekte.

 

Über die Veranstaltung:
„Künstliche Intelligenz und (Des-)Information – Journalismus in der Verantwortung?“, 12. März 2024

Key Note von Eva Wackenreuther: “Lügen haben lange Beine. KI & Desinformation“

Podiumsdiskussion mit Wiebke Loosen (Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut), Sabine Köszegi (TU Wien, Vorsitzende des Fachbeirats Ethik der KI der Österreichischen UNESCO-Kommission), Ashwien Sankholkar, Dossier), Florian Schmidt (Austria Presse Agentur)

Moderation: Iris Bonavida (Profil)

Rückfragen & Kontakt

Rückfragen:
Österreichische UNESCO-Kommission
Claudia Isep/Christine Maaß
presse@unesco.at
+43 1 526 13 01

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