• 05.04.2016, 09:00:01
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„Sozialhilfe für Bigamisten“ – Diskriminierung von Muslimen auf krone.at

Wien (OTS) - Der Artikel „Muslime mit Zweitfrau: Bis zu 3000 EUR
Sozialhilfe“, erschienen am 02.02.2016 auf „krone.at“, verstößt laut
Senat 1 des Presserats gegen den Ehrenkodex für die österreichische
Presse.

In dem Artikel wird berichtet, dass bis zu 20 % der muslimischen
Männer in Bigamie leben würden. Diese seien neben der „offiziellen“
standesamtlich eingetragenen Ehefrau noch mit einer zweiten Frau nach
islamischen Recht verheiratet. Dadurch würde das Sozialsystem
belastet, da eine „Zweitfrau“ als offiziell Alleinstehende eine
höhere Mindestsicherung beziehen könne als eine Ehefrau. Laut Wiener
Soziallandesrätin kontrolliere die MA 40 streng, bisher seien jedoch
noch keine derartigen Fälle bekannt. Schließlich wird im Artikel
angemerkt, dass Bigamie in Österreich strafbar sei.
Dann heißt es weiter, dass es in arabischen Ländern
selbstverständlich sei, „dass Männer für den Unterhalt einer Zweit-
oder Drittfrau aufkommen“. Unter Berufung auf die Berliner
Migrationsbeauftragte wird ein Sozialmissbrauch mit zwei Ehefrauen
geschildert, der aufgedeckt worden sei.
Beim Artikel ist eine Fotomontage abgedruckt, auf der ein lächelnder
muslimischer Mann, die Schattenbilder zweier verschleierter Frauen,
herabregnende Geldscheine und im Hintergrund eine österreichische
Fahne zu sehen sind.
Mehrere Leser haben sich an den Presserat gewandt und den Artikel
beanstandet.

Nach Meinung des Senats wird in dem Artikel den Lesern der Eindruck
eines generellen, gängigen Sozialmissbrauchs vermittelt, obwohl
nebenbei eingeräumt wird, dass ein solches Verhalten in Österreich
bisher nicht bekannt ist.
Der Senat vertritt die Ansicht, dass der Artikel tendenziös ist und
darin Muslime pauschal verdächtigt werden, sich durch Bigamie
österreichische Sozialhilfe zu erschleichen.
Der Artikel verstößt daher gegen Punkt 7 (Schutz vor
Pauschalverunglimpfungen und Diskriminierung) des Ehrenkodex.
Der Senat fordert die Medieninhaberin der „Kronenzeitung“ auf, die
vorliegende Entscheidung freiwillig zu veröffentlichen.

Selbständiges Verfahren aufgrund mehrerer Mitteilungen von
Leserinnen und Lesern

Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen
Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und
Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der beiden
Senate des Presserats sind weisungsfrei und unabhängig.
Im vorliegenden Fall hat der Senat 1 des Presserats aufgrund mehrerer
Mitteilung eines Lesers ein Verfahren durchgeführt (selbständiges
Verfahren aufgrund von Mitteilungen). In diesem Verfahren äußert der
Senat seine Meinung, ob ein Artikel den Grundsätzen der Medienethik
entspricht. Die Medieninhaberin der „Kronen Zeitung“ hat von der
Möglichkeit, an dem Verfahren teilzunehmen, keinen Gebrauch gemacht.
Bisher hat sich die Medieninhaberin der „Kronen Zeitung“ der
Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats nicht unterworfen.

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | OPR

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