- 17.12.2015, 09:14:46
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Armutskonferenz: Sieben Punkte zur Reform der Mindestsicherung
Mehr Prävention, weniger Bundesländer Wirrwar, klügere Finanzierung, Reform bei Behinderung, Unterhalt neu, Sonderbedarfe fehlen
Utl.: Mehr Prävention, weniger Bundesländer Wirrwar, klügere
Finanzierung, Reform bei Behinderung, Unterhalt neu,
Sonderbedarfe fehlen =
Wien (OTS) - Es gibt eine Reihe von Problemen in der
Mindestsicherung, die sich nicht nach den Kampagnen der Parteibüros
richten. Die Armutskonferenz, das österreichweite Netzwerk aus 41
sozialen, wissenschaftlichen und Selbsthilfe Organisationen, ortet
Reformbedarf in mindestens sieben Punkten:
1. Die Mindestsicherung ist überlastet
Erwerbsarbeit und Versicherungsleistungen können Einkommensarmut
zunehmend weniger verhindern. Die Bezieherzahlen steigen nicht erst
seit Einführung der Mindestsicherung, bereits in der alten
Sozialhilfe seit Mitte der 2000er Jahre haben sich die
Betroffenenzahlen stark erhöht. Es genügt also nicht, über die
Mindestsicherung allein zu sprechen - die Vermeidung von
Einkommensarmut wäre zentrale Aufgabe. "Die Mindestsicherung kann in
Zukunft nicht der Staubsauger für alle strukturellen Probleme sein,
die in der Mitte der Gesellschaft angelegt sind: Arbeitslosigkeit,
Pflegenotstand, prekäre Jobs, mangelnde soziale Aufstiegschancen im
Bildungssystem.", macht die Armutskonferenz aufmerksam. Besser ist es
präventiv zu verhindern, dass Leute in die
Mindestsicherung fallen.
Zwt:
2. Vereinheitlichung - weniger Bundesländer Wirr-War
Sachlich ist nicht zu rechtfertigen, dass es neun verschiedene
gesetzliche Regelungen gibt mit unterschiedlichen Rechten und
Pflichten.
3. Die Finanzierung ist mehr als problematisch
Als Landesleistung fallen die Ausgaben in die Gemeinden, Städte bzw.
Sozialhilfeverbände. Dieses "Heimatprinzip" hat seine Ursprünge noch
im
Armenwesen des 19. Jahrhunderts. Das führt zur Überforderung:
Arme Gemeinden haben viele Anspruchsberechtigte und damit hohe
Kosten, reichere
Gemeinden haben wenige Mindestsicherungsbezieher
und keine Ausgaben. Das macht es auch attraktiv, Anspruchsberechtigte
nach dem Floriani-Prinzip
loswerden zu wollen - in die nächste Stadt
oder überhaupt ein anderes Bundesland. Die Armutskonferenz schlägt
hierzu ein "Zweckzuschuss-Gesetz" vor: also ein Gesetz, dass die
Länder und Gemeinden verpflichtet, das Geld, das sie im Rahmen des
Finanzausgleichs erhalten, auch tatsächlich für diesen Zweck
auszugeben. Das würde dem Bund auch wirksamere Sanktionsmöglichkeiten
einräumen als jetzt zur Verfügung stehen, um den Bruch der
15a-Vereinbarung zu ahnden.
4. Reform bei Menschen mit erheblicher Behinderung
Was in der Diskussion oft untergeht: In den meisten Bundesländern
kommt der Mindestsicherung auch die Rolle zu, ein finanzielles
Existenzminimum
für Menschen mit so genannter erheblicher
Behinderung, wenn sie in Privathaushalten leben, sicherzustellen. Auf
deren besondere Bedürfnisse -
wie z.B. ein gegenüber anderen Personen
erhöhter Regelbedarf - hat die Mindestsicherung derzeit keine
Antwort. Und es kommt zu großen sozialen
Härten, wenn Menschen von
Familienangehörigen gepflegt werden, weil das Pflegegeld zwar nicht
den Personen mit Beeinträchtigung angerechnet werden darf, - nach
Abzug nachweisbarer Zukäufe im Zusammenhang mit dem Pflegebedarf sehr
wohl aber der Person, die sie pflegt und deshalb nicht
erwerbstätig
ist. Wir können noch nicht einmal sagen, wie viele Personen das
betrifft, werden Menschen mit Behinderungen in der Statistik bei den
Kindern mitgezählt.
5. Es braucht Leistungen mit Rechtsanspruch
Das wären Sonderbedarf -Kosten für Bedarfe, die nicht als Kosten des
täglichen Lebens gewertet
werden können. Stichwörter sind: Geburt
eines Kindes, Reparaturen, Kautionen für Wohnungsanmietungen, etc.
6. Neu-Regelung bei Unterhaltspflichten
Zeitgemäße Definition der "vorrangigen Leistungen Dritter":
Unterhaltsverpflichtungen zwischen erwachsenen Kindern und ihren
Eltern bzw. sogar zwischen Enkeln und ihren Großeltern. Die
derzeitigen
Regelungen sind mit einem modernen
Sozialstaatsverständnis nicht zu vereinbaren.
7. Kürzere Fristen
Die Verkürzung der max. Entscheidungsfrist von 6 auf 3 Monate war ein
Erfolg. Aber sie ist noch immer zu lang.
Mehr dazu: www.mindestsicherung.at
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