• 13.10.2014, 09:25:47
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Armutskonferenz: Sieben Punkte zur Reform der Mindestsicherung

Mehr Prävention, weniger Bundesländer Wirrwar, klügere Finanzierung,Reform bei Behinderung, Unterhalt neu, Sonderbedarfe fehlen / Aktion "Reißt die Mauern nieder!"

Utl.: Mehr Prävention, weniger Bundesländer Wirrwar, klügere
Finanzierung,Reform bei Behinderung, Unterhalt neu,
Sonderbedarfe fehlen / Aktion "Reißt die Mauern nieder!" =

Wien (OTS) - Anlässlich der über das Wochenende stattgefunden Tagung
zur Mindestsicherung in Wien fasst die Armutskonferenz die
wichtigsten Erkenntnisse und Reformnotwendigkeiten in sieben Punkten
zusammen:

1. Die Mindestsicherung ist überlastet. Erwerbsarbeit und
Versicherungsleistungen können Einkommensarmut zunehmend weniger
verhindern. Es genügt also nicht, über die Mindestsicherung allein zu
sprechen - die Vermeidung von Einkommensarmut wäre die zentrale
Aufgabe. "Die Mindestsicherung kann in Zukunft nicht der Staubsauger
für alle strukturellen Probleme sein, die in der Mitte der
Gesellschaft angelegt sind: Arbeitslosigkeit, Pflegenotstand, prekäre
Jobs, mangelnde soziale Aufstiegschancen im Bildungssystem.", macht
die Armutskonferenz aufmerksam. Besser ist es präventiv zu
verhindern, dass Leute in die Mindestsicherung fallen.

2. Sachlich ist nicht zu rechtfertigen, dass es neun verschiedene
gesetzliche Regelungen gibt mit unterschiedlichen Rechten und
Pflichten.

3. Die Finanzierung ist mehr als problematisch: Als Landesleistung
fallen die Ausgaben in die Gemeinden, Städte bzw.
Sozialhilfeverbände. Dieses "Heimatprinzip" hat seine Ursprünge noch
im Armenwesen des 19. Jahrhunderts. Das führt zur Überforderung: Arme
Gemeinden haben viele Anspruchsberechtigte und damit hohe Kosten,
reichere Gemeinden haben wenige Mindestsicherungsbezieher und keine
Ausgaben. Das macht es auch attraktiv, Anspruchsberechtigte nach dem
Floriani-Prinzip loswerden zu wollen - in die nächste Stadt oder
überhaupt ein anderes Bundesland.

Die Armutskonferenz schlägt hierzu ein "Zweckzuschuss-Gesetz" vor:
also ein Gesetz, dass die Länder und Gemeinden verpflichtet, das
Geld, das sie im Rahmen des Finanzausgleichs erhalten, auch
tatsächlich für diesen Zweck auszugeben. Das würde dem Bund auch
wirksamere Sanktionsmöglichkeiten einräumen als jetzt zur Verfügung
stehen, um den Bruch der der 15a-Vereinbarung zu ahnden.

4. Was in der Diskussion oft untergeht: in den meisten Bundesländern
kommt der Mindestsicherung auch die Rolle zu, ein finanzielles
Existenzminimum für Menschen mit so genannter erheblicher
Behinderung, wenn sie in Privathaushalten leben, sicherzustellen. Auf
deren besondere Bedürfnisse - wie z.B. ein gegenüber anderen Personen
erhöhter Regelbedarf - hat die Mindestsicherung derzeit keine
Antwort. Und es kommt zu großen sozialen Härten, wenn Menschen von
Familienangehörigen gepflegt werden, weil das Pflegegeld zwar nicht
den Personen mit Beeinträchtigung angerechnet werden darf, - nach
Abzug nachweisbarer Zukäufe im Zusammenhang mit dem Pflegebedarf sehr
wohl aber der Person, die sie pflegt und deshalb nicht erwerbstätig
ist.

Wir können noch nicht einmal sagen, wie viele Personen das betrifft,
werden Menschen mit Behinderungen in der Statistik bei den Kindern
mitgezählt.

5. Es braucht Leistungen mit Rechtsanspruch. Das wäre Sonderbedarf -
Kosten für Bedarfe, die nicht als Kosten des täglichen Lebens
gewertet werden können. Stichwörter sind: Geburt eines Kindes,
Reperaturen, Kautionen für Wohnungsanmietungen, etc.

6. Zeitgemäße Definition der "vorrangigen Leistungen Dritter":
Unterhaltsverpflichtungen zwischen erwachsenen Kindern und ihren
Eltern bzw. sogar zwischen Enkeln und ihren Großeltern. Die
derzeitigen Regelungen sind mit einem modernen
Sozialstaatsverständnis nicht zu vereinbaren.

7. Die Verkürzung der max. Entscheidungsfrist von 6 auf 3 Monate war
ein Erfolg. Aber sie ist noch immer zu lang.

Die Tagung wurde mit einer Aktion im Zentrum Wiens abgeschlossen:
Reißt die Mauern nieder! Dabei wurde symbolisch eine "Mauer"
niedergerissen, gebildet aus Barrieren, die Armutsbekämpfung
verhindern: Willkür, Prekäre Jobs, hohe Lebenskosten, Entwürdigung,
Arbeitsplatzverlust, Sparpaket, Ungleichheit uvm.

Pressefoto: http://www.ots.at/redirect/armutskonferenz11
Mehr davon: http://www.ots.at/redirect/armutskonferenz12

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