- 24.09.2014, 15:00:35
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Russland-Sanktionen der EU als Streitthema im Nationalrat
Europastunde: FPÖ sieht Neutralität Österreichs missachtet
Utl.: Europastunde: FPÖ sieht Neutralität Österreichs missachtet =
Wien (PK) - "Neutralität statt EU-Sanktionen" - Mit dieser Botschaft
konfrontierte die FPÖ in der von ihr verlangten Europastunde der
heutigen Nationalratssitzung Bundeskanzler Werner Faymann. Erneut
thematisierte das Plenum damit in einer heftigen Debatte die von 28
EU-Mitgliedsstaaten als Reaktion auf den Ukraine-Konflikt
beschlossenen Sanktionsmaßnahmen, nachdem schon die gestrige
Sondersitzung davon geprägt war (siehe Parlamentskorrespondenz Nr.
823). Die Freiheitlichen sehen eindeutig Österreichs Neutralität
durch das Mittragen der Sanktionen verletzt, weil die Regierung somit
Partei im Konflikt ergriffen habe.
FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache warnte zudem vor verheerenden
wirtschaftlichen Folgen für Österreich, sollte die Europäische Union
ihre Politik Russland gegenüber nicht ändern. Gerade angesichts der
angespannten Wirtschaftslage sei die Genehmigung der Sanktionen durch
die Bundesregierung abzulehnen. Deutlich wies demgegenüber
Bundeskanzler Faymann darauf hin, dass nicht die Sanktionen, sondern
der Krieg in der Ostukraine Verursacher wirtschaftlicher Probleme
ist. Um nach den mehreren Tausend Todesopfern im Konflikt auch die
Wirtschaft wieder auf sichere Beine zu stellen, arbeite man an einer
diplomatischen Lösung für Frieden in der Region, so der Kanzler.
Strache: Österreichs Wirtschaft leidet an Sanktionen gegen Russland
Schärfere Sanktionen gegen Russland würden Österreich eindeutig
schaden, so FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Zigtausende
Arbeitsplätze gingen verloren und der Export gehe stark zurück,
worunter die ohnehin schwächelnde Konjunktur noch mehr zu leiden
hätte. Vorsichtigen Analysen zufolge sei ein finanzieller Verlust von
rund 1 Mrd. € jährlich zu erwarten, wobei für Ausgleichszahlungen an
Wirtschaftstreibende natürlich wieder Steuergeld herangezogen werde,
monierte der Freiheitliche.
Die Bevölkerung zeige kein Verständnis für die Unterstützung dieses
Wirtschaftskriegs, hielt Strache fest, zumal damit die Neutralität
Österreichs untergraben werde. Seine Fraktion hat daher bereits einen
Antrag auf Ministeranklage gegen den Kanzler wegen Verfassungsbruchs
eingebracht. Hätte Österreich seine Neutralität gelebt, also Abstand
von den Sanktionen der Europäischen Union genommen, wäre das Land in
seiner Vermittlerrolle glaubwürdig geblieben, konstatierte er.
Anstatt sich dem diplomatischen Dialog zu verpflichten, diene die
Bundesregierung aber den geopolitischen Interessen der USA, ein
Zusammenrücken von EU und Russland zu verunmöglichen. Düster
prophezeite Strache schließlich, der regionale Konflikt in der
Ukraine werde womöglich größere Kreise ziehen und er mahnte die
politische Verantwortung ein, keinen Krieg mehr in Europa zuzulassen.
Faymann: Friede ist Grundlage für gute Wirtschaftsbeziehungen
Nicht die Sanktionen, sondern der Krieg in der Ukraine schade der
Wirtschaft, wies Bundeskanzler Werner Faymann die Angriffe Straches
scharf zurück. Abgesehen von den verheerenden menschlichen Folgen des
Konflikts mit unzähligen Toten und Flüchtlingen nehme eben auch die
Wirtschaft schaden, wenn friedliches Zusammenleben nicht gelingt. Im
Rahmen einer Internationalisierungsoffensive, ging Faymann näher auf
den wirtschaftlichen Aspekt der Ukraine-Krise ein, würden nunmehr
österreichische Exporte in andere Märkte unterstützt, um Verluste zu
kompensieren. Zwar machen ihm zufolge die von den Sanktionen
betroffenen Waren in Österreich mit 4% einen überschaubaren Anteil
der Exporte an Russland aus, dennoch bereite die Regierung gemeinsam
mit den Sozialpartnern bereits Überbrückungshilfen für betroffene
UnternehmerInnen vor.
Unfraglich sei Russland ein entscheidender Handelspartner, so der
Kanzler. Die Wahrung von Menschenrechten, Demokratie und staatlicher
Souveränität in der Region müssten allerdings als Garantie für
ungestörte Wirtschaftsbeziehungen gesichert sein. Der Friedensplan
sei daher einzuhalten, und zwar mit einer Politik, die unabhängig vom
Militärbündnis NATO und dem russischen Regime ist, skizzierte
Faymann.
SPÖ und ÖVP: Österreich wird seiner Vermittlerrolle gerecht
Die Klubobmänner der Koalitionsparteien, Andreas Schieder (S) und
Reinhold Lopatka (V) verwehrten sich deutlich gegen die Anschuldigung
Heinz-Christian Straches, Österreich habe sich von
Verhandlungslösungen im Konflikt losgesagt. Tatsächlich vermittle die
Republik als neutrales Land zwischen den Parteien am
Verhandlungstisch, stellte Schieder fest, und er äußerte seine Sorge
über das Verhalten der FPÖ, die in seinen Augen großrussische
Interessen im Parlament vertritt. Freiheitliche Politiker betrieben
schon seit längerem eine skurrile Außenpolitik im Sinne Russlands,
befand Lopatka ebenso, etwa als Wahlbeobachter in der Region. Die
Aussage, mit den Sanktionen werde Österreichs Neutralität verletzt,
sei überdies juridischer Unsinn, da der neutrale Status nur
militärisch gemeint sei. Keineswegs aber, zeigte der ÖVP-Mandatar
auf, gebe die Neutralität einen Freibrief, Völkerrechtsverletzungen
nicht zu ahnden.
Frieden, Stabilität und Sicherheit in Europa seien die Grundlage der
Wirtschaft, bekräftigte Christine Muttonen (S). Trotz der derzeit
notwendigen Sanktionen suche die Regierung das inklusive Gespräch mit
allen Konfliktparteien und stelle sich gegen jegliche militärische
Gewalt. Alternativlos sind die Sanktionen auch für Angelika Winzig
(V), nämlich als Warnzeichen gegen russischen Imperialismus.
Ungeachtet dessen bekämen österreichische Unternehmen die
Wirtschaftsrestriktionen zu spüren, gab sie zu bedenken und drängte
auf eine rasche und friedfertige Beendigung der Auseinandersetzungen.
FPÖ und Team Stronach: Sanktionen widersprechen der Neutralität
Ganz anders werten hingegen die Freiheitlichen Johannes Hübner und
Harald Stefan die Neutralitätsfrage. Während die FPÖ die
immerwährende Neutralität Österreichs verteidige, erklärte Hübner,
stelle sich die Bundesregierung auf die Seite der Russland-Gegner,
was nicht dem nationalen Grundkonsens entspreche. Würde man gegen
sämtliche Länder, die sich Menschenrechtsverletzungen schuldig
machen, Sanktionen verhängen, wären 70 bis 90 Staaten der Erde davon
betroffen. Abgeordneter Stefan hinterfragte generell den aktuellen
Zustand der Neutralität in Österreich, da die Regierung in seinen
Wahrnehmung seit dem EU-Beitritt immer weiter davon abrückt.
Eigentlich bedürfe es hier einer Volksabstimmung, erinnerte er. In
der jetzigen Lage sei die FPÖ die einzige Partei, die für die Wahrung
der Neutralität eintrete.
Wie die FPÖ ist auch das Team Stronach überzeugt, dass Sanktionen
gegen Russland der falsche Weg zur Beilegung des Konflikts mit der
Ukraine sind. Klubobfrau Kathrin Nachbaur sieht nicht nur den
vermehrten Verlust von Arbeitsplätzen durch die Sanktionspolitik
herandrohen, sie befürchtet auch eine verstärkte Militarisierung
Russlands dadurch. Die Annäherung Russlands an die EU sei der größte
Erfolg seit dem Fall der Berliner Mauer gewesen, sagte sie, der
Handel habe hier einen entscheidenden Beitrag geleistet. Nunmehr
träfen aber die Sanktionen gegen Russland die europäische Wirtschaft
massiv. Zur Neutralität meinte Nachbaur, diese sei faktisch seit dem
EU-Beitritt Österreichs Makulatur, man müsse dies der Bevölkerung
auch ehrlich sagen. Die Schuld an der furchtbaren Krise zwischen der
Ukraine und Russland trage die EU, konstatierte Robert Lugar (T). Die
Union habe nämlich der Ukraine das Assoziierungsabkommen
aufgezwungen, mit dem der Konflikt seinen Anfang genommen habe.
Grüne und NEOS: Völkerrechtsverletzung muss Konsequenzen haben
Für die Grünen sind Sanktionierungen angesichts der
Völkerrechtsverletzung durch Russland das derzeit einzig gangbare
Mittel. Wohl bekrittelte Peter Pilz die Politik der USA, der Ukraine
die Option eines NATO-Beitritts offenzuhalten und so
sicherheitspolitische Bedenken in Russland zu schüren. Das sei aber
kein Grund, gegen die EU-Aktionen mobil zu machen, die derzeit das
wirksamste Signal gegen das großrussische Projekt darstellten. Dieses
Nova Russia werde nämlich von russischen Entscheidungsträgern bereits
offen angedacht, warnte Pilz. Natürlich sei eine Beteiligung
Russlands am Friedensprozess notwendig, betonte Klubobfrau Eva
Glawischnig-Piesczek. Bis dahin brauche es aber Sanktionen, wie das
kürzlich erlassene Waffenembargo. Prävention und humanitäre Hilfe,
eine eigenständige europäische Außenpolitik sowie eine Reform der
ukrainischen Verfassung, in der die Bündnisfreiheit des Landes und
ein Sonderstatus der umkämpften Provinzen festgehalten sind, nannte
die Grünen-Chefin als Eckpunkte der Konfliktlösung.
Die Sanktionen seien ein notwendiges Übel, waren auch die Redner der
NEOS, Christoph Vavrik und Josef Schellhorn einig. Immerhin, ist
Vavrik überzeugt, würden sie Russland langfristig unter Zugzwang
setzen; erste Anzeichen dafür gebe er bereits aus der dortigen
Wirtschaft und auch die Anti-Kriegsdemonstrationen in Moskau sprächen
dafür. Nicht gelten ließ der Außenpolitiksprecher die Behauptung des
Neutralitätsbruchs durch die Beteiligung an den Sanktionen, denn ein
neutrales Land dürfe durchaus Partei ergreifen für die Wahrung des
Rechts. Als Weltbürger unterstütze er die Sanktionen, als Unternehmer
erkenne er jedoch ihre schmerzhaften Konsequenzen, nahm Schellhorn
eine differenzierte Haltung ein. Um das Unternehmertum in Österreich
ausreichend zu stützen, folgerte er, müsse die Regierung jetzt so
rasch wie möglich die Steuerentlastung umsetzen. (Fortsetzung
Nationalrat) rei
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