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TIROLER TAGESZEITUNG "Leitartikel" Samstag, 26. März 2011, von Christian Jentsch: "Die Revolution der neuen Chancen"

Der Aufstand in der arabischen Welt kann dem "Kampf der Kulturen" den Boden entziehen.

Innsbruck (OTS) - Spätestens seit den Terroranschlägen vom 11.
September 2001 hat sich eine tiefe Kluft aufgetan. Zwischen der
christlichen und der islamischen Welt öffneten sich immer neue
Gräben, gegenseitiges Misstrauen und Verständnislosigkeit markierten
den bereits vorweggenommenen "Kampf der Kulturen". Ein Kampf, bei dem
auf beiden Seiten immer weiter aufgerüstet wurde. In seiner Rede von
Kairo im Juni 2009 versuchte Barack Obama als neuer US-Präsident eine
Tür zu öffnen. "Der Kreislauf von Verdächtigungen und Zwietracht muss
durchbrochen werden", erklärte er damals. Das Echo auf beiden Seiten
war freilich gering. Und dann passierte etwas Unerwartetes. Aus
Protest gegen die miserablen Lebensverhältnisse und die Schikanen des
Staatsapparates zündete sich Mitte Dezember des Vorjahres ein
tunesischer Gemüsehändler selbst an. Und entfachte damit nicht nur in
Tunesien das Feuer der Revolution. Tausende Menschen demonstrierten
bei seinem Begräbnis gegen ein korruptes Regime. In den folgenden
Monaten sollten es in der ganzen arabischen Welt Millionen werden.
Die Despoten in Tunesien und Ägypten wurden vom Volkszorn
hinweggefegt. Und der Ruf der Revolution war nicht mehr aufzuhalten.
In Libyen formierte sich der Widerstand gegen Machthaber Muammar
Gaddafi. Im Jemen, in Algerien, in Bahrain und nun auch in Syrien
fordern die Menschen das Abdanken der dortigen Regime. Eine
Revolution bahnt sich ihren Weg. Und diese Revolution ist nicht gegen
den Westen gerichtet. Ganz im Gegenteil. Es waren keine
islamistischen Fundamentalisten, die den Ruf nach Demokratisierung
entfachten. Die arabische Welt ist im Umbruch begriffen, jenseits von
Al-Kaida-Terroristen und Gottesstaat. Es ist Zeit für ein neues
Kapitel. Auch für die Beziehungen zwischen dem Westen und der
islamischen Welt. Jenseits von Misstrauen und Angst.

Rückfragehinweis:
Tiroler Tageszeitung, Chefredaktion , Tel.: 05 04 03 DW 610

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