• 12.05.2023, 09:00:04
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ÖGfE-Schmidt: Skepsis gegenüber EU-Erweiterung und Schengen-Ausweitung proaktiv begegnen

Zustimmung zu EU-Beitritt der Westbalkan-Länder und Ukraine unter 30 % / Geteilte Meinung zu Schengen-Beitritt Bulgariens und Rumäniens – Umfrage

Wien (OTS) - 

„Das offizielle Österreich sieht sich seit langem als überzeugter Unterstützer einer EU-Erweiterung, insbesondere eines Beitritts der Westbalkan-Staaten. Die Bevölkerung ist in dieser Frage jedoch – fast schon traditionell –anderer Ansicht. Ebenso wenig findet eine Ausweitung der Schengen-Zone aktuell klare Unterstützung. Die öffentliche Meinung ist hier allerdings geteilt und ein Spiegelbild des politischen Diskurses. Eine Konsolidierung der Union und die Lösung von akuten Problemen hat in der Öffentlichkeit sichtlich Vorrang vor weiteren, größeren Erweiterungen“, fasst Paul Schmidt, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE), das Ergebnis einer aktuellen ÖGfE-Umfrage zusammen, die von market im Zeitraum 11. - 13. April 2023 österreichweit online durchgeführt wurde.

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Einer Erweiterung der Europäischen Union wird von der Bevölkerung in Österreich weiterhin mit Zurückhaltung begegnet. Das gilt für die Beitrittswerber am Westbalkan und die Türkei, zu denen die ÖGfE seit 2010 das Meinungsbild erhebt, ebenso wie für die Ukraine, Moldau und Georgien, denen erst vor kurzem eine mögliche Mitgliedschaft in Aussicht gestellt wurde.

„Die Zustimmung zu einem EU-Beitritt der Länder am Westbalkan ist in Österreich seit Jahren mehr oder weniger konstant niedrig. Das Thema Erweiterung stößt in der Bevölkerung auf geringe Resonanz“, meint Schmidt. „Dieselbe reservierte Haltung gilt den Beitrittsambitionen der Ukraine, Moldaus und Georgiens. Ihre aktuellen Zustimmungsraten gestalten sich – trotz durchaus unterschiedlicher Ausgangslage – ähnlich jener der langjährigen Kandidatenländer in Südosteuropa“.

Das Meinungsbild zu den meisten Ländern am Westbalkan erweist sich als recht einheitlich. Die höchste Zustimmungsrate für einen Beitritt zur EU erreicht dabei noch Bosnien-Herzegowina: 29 Prozent würden die Mitgliedschaft des Landes begrüßen, 41 Prozent jedoch ablehnen (19 Prozent wäre es „egal“, 11 Prozent „weiß nicht / keine Angabe“). Die Zustimmungswerte für Serbien, Montenegro, Albanien und Nordmazedonien liegen zwischen 24 Prozent und 21 Prozent, noch weniger – 16 Prozent – begrüßen eine Mitgliedschaft des Kosovo. Die explizite Rate der Ablehnung bewegt sich in dieser Ländergruppe von 44 Prozent (Montenegro) bis 53 Prozent (Kosovo). Noch geringer ist aktuell der Wunsch nach einer Mitgliedschaft der Türkei – lediglich 8 Prozent würden ihren Beitritt zur EU begrüßen. Gegenüber der letzten Umfrage von Juli 2022 ist die Zustimmung zu einem Beitritt Serbiens und Albaniens um jeweils 8 Prozentpunkte gestiegen. Steigende Werte sehen wir auch im Fall von Bosnien-Herzegowina (+ 5 PP) und der Türkei (+ 3 PP).

Einen EU-Beitritt der Ukraine würden 24 Prozent der Befragten begrüßen, 49 Prozent lehnen einen solchen jedoch ab. 15 Prozent ist diese Frage „egal“, 11 Prozent können dazu nicht Stellung nehmen. Gegenüber Juli 2022 hat sich das Meinungsbild in dieser Frage kaum geändert (Zustimmung: + 1 PP / Ablehnung: - 2 PP).

Eine EU-Mitgliedschaft Moldaus begrüßen aktuell 22 Prozent der Österreicher:innen (+ 3 PP gegenüber Juli 2022), 47 Prozent zeigen sich ablehnend (+ 2 PP), 21 Prozent indifferent (- 3 PP). 12 Prozent geben keine Antwort (- 3 PP). Ein Beitritt Georgiens stößt bei 17 Prozent auf explizite Zustimmung (+ 3 PP), 50 Prozent legen gegenwärtig ihr Veto ein (- 1 PP), während 19 Prozent „egal“ antworten (- 2 PP) und 14 Prozent nicht Stellung beziehen (- 1 PP).

„Durch den russischen Angriff auf die Ukraine hat sich eine neue Dynamik im stockenden Erweiterungsprozess entwickelt. Eine Politik, die die Erweiterung der EU stark unterstützt, sollte auch dieses Momentum nutzen und erklären, warum die Integration unserer Nachbarn gerade jetzt wichtig wäre und wie diese gelingen kann“, sagt Schmidt. „Eine Erweiterung der EU um die Ukraine, Moldau und Georgien ist – realistischerweise – in naher Zukunft noch nicht zu erwarten. Aber der Weg ist hier das Ziel. Schon jetzt wird an einer engeren Kooperation gearbeitet, um die europäische Perspektive unserer Nachbarn konkret zu machen.“

Auch eine Erweiterung des Schengen-Raums um Bulgarien und Rumänien findet aktuell keine Mehrheit unter den Österreicher:innen. 38 Prozent würden sich für eine Schengen-Aufnahme Bulgariens aussprechen, 42 Prozent lehnen eine solche ab (20 Prozent „weiß nicht / keine Angabe“). Im Fall von Rumänien sind 36 Prozent für eine Aufnahme, 44 Prozent äußern sich ablehnend (20 Prozent „weiß nicht / keine Angabe“).

Die Zustimmung zu einer Schengen-Erweiterung erweist sich damit jedoch als größer, als dies noch vor einigen Jahren der Fall war. So hatten 2017 lediglich 23 Prozent der Österreicher:innen der Aussage zugestimmt „Damit die Außengrenze der EU besser geschützt wird, sollten Rumänien und Bulgarien rasch Mitglieder der Schengen-Zone werden“, 65 Prozent hatten dies jedoch abgelehnt.* 

„Die politische Debatte über eine Erweiterung des Schengen-Raums polarisiert. Wenig überraschend also, dass die Werte für Zustimmung und Ablehnung einer Aufnahme Bulgariens und Rumäniens eng beieinander liegen. Die EU-Kommission hat den beiden Ländern bestätigt, dass sie die Anforderungen für einen Beitritt zur Schengen-Zone erfüllen. Österreich schließt sich diesem Befund heute hingegen nicht an. Der unvollendete Schengen-Raum bildet eine Integrationslücke, die mit konstruktiver, ergebnisorientierter Politik geschlossen werden sollte. Bukarest und Sofia sollten nicht auf Dauer die Leidtragenden des Konflikts um eine gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik auf europäischer Ebene sein“, so Schmidt.

Hintergrund:
Die aktuelle Umfrage wurde von market (www.market.at) von 11. bis 13. April 2023 im Auftrag der ÖGfE durchgeführt. Befragt wurden österreichweit 1000 Personen online, österreichische Bevölkerung, 16 bis 80 Jahre, repräsentativ für Alter, Geschlecht, Region und Bildung. Maximale statistische Schwankungsbreite +/- 3,16 Prozent. Differenz auf 100 Prozent aufgrund gerundeter Werte. Fehlende Werte auf 100 Prozent = „weiß nicht / keine Angabe“. *Tel SWS 256 (Sozialwissenschaftliche Studiengesellschaft), 25. September bis 2. Oktober 2017, Telefonische Befragung österreichweit, n=529, max. stat. Schwankungsbreite: +/- 4,3 Prozent).

Rückfragen & Kontakt

Mag. Paul Schmidt
Österreichische Gesellschaft für Europapolitik
Tel.: (+43-1) 533 49 99
E-Mail: paul.schmidt@oegfe.at
https://twitter.com/_PaulSchmidt
www.oegfe.at

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