Fragestunde im Nationalrat zu Themen wie Ausstattung der Polizei, Islamismus und Videoüberwachung
Utl.: Fragestunde im Nationalrat zu Themen wie Ausstattung der
Polizei, Islamismus und Videoüberwachung =
Wien (PK) - Innenminister Wolfang Sobotka verteidigte heute im
Nationalrat die geplanten Restriktionen im Fremdenrecht. Abgelehnten
AsylwerberInnen drohen u.a. höhere Strafen und die Aberkennung der
Grundversorgung, wenn sie sich permanent der Ausreiseaufforderung
widersetzen. Der Schwerpunkt werde jedoch auf die freiwillige
Rückkehr gelegt, betonte der Ressortchef. Weitere Themen, die von den
Abgeordneten in Rahmen einer Fragestunde aufgeworfen wurden, betrafen
die Ausstattung der Exekutive, Maßnahmen gegen islamistische
Radikalisierungstendenzen, Kontakte mit Vertretern von türkischen
Vereinen sowie das Vorgehen gegen Cyber-Kriminalität und die
sogenannte Gruppe der Staatsverweigerer.
Abgelehnte AsylwerberInnen: Intensivierung der freiwilligen Ausreise,
höhere Strafen und Ausreisezentren
Da sich zahlreiche Abgeordnete für das Thema Asyl interessierten,
nutzte Innenminister Wolfgang Sobotka die Gelegenheit, die Eckpunkte
des neuen Fremdenrechtspakets zu erläutern. Entscheidend für ihn sei,
dass all jene Personen, die einen rechtskräftigen negativen
Asylbescheid haben, auch eine Ausreiseverpflichtung haben. Wenn sich
jemand permanent der Aufforderung widersetzt, das Land zu verlassen,
dann müsse er mit Strafen in der Höhe von 5.000 bis 15.000 € bzw. mit
Ersatzhaft rechnen. Überdies soll abgelehnten AsylwerberInnen die
Grundversorgung gestrichen werden, wenn keine spezielle Gefährdung
vorliegt, führte er gegenüber Abgeordneter Michaela Steinacker (V)
aus. Diese Menschen haben kein Recht darauf, vom Staat versorgt zu
werden. Im neuen Regierungsprogramm habe man sich zudem auf die
Einrichtung von Ausreisezentren sowie auf Gebietsbeschränkungen für
den Aufenthalt von Ausreisepflichtigen geeinigt. Wichtig wäre es
auch, einen Zugriff auf die Telekommunikationsdaten zu bekommen, da
man dann leichter die Identität von Menschen, die keine Dokumente
haben, nachweisen könnte. Bei den Rückführabkommen wünschte er sich
mehr Engagement von der EU, da bilaterale Verträge nie so wirksam
sind wie gesamteuropäische. Das vor kurzem ausverhandelte Abkommen
zwischen der Union und Afghanistan sei der richtige Weg.
Die FPÖ-Mandatare Walter Rosenkranz und David Lasar informierte der
Minister darüber, dass im letzten Jahr große Anstrengungen
unternommen worden sind und über 10.000 Außerlandesbringungen
durchgeführt werden konnten; in Deutschland waren es im
Vergleichszeitraum 80.000 Personen. Obwohl der Anteil der Fremden,
die freiwillig ausreisen, schon jetzt sehr hoch sei, wolle man die
Beratungstätigkeiten weiter intensivieren. Für
Reintegrationsmaßnahmen werden in den nächsten Jahren insgesamt 12
Mio. € ausgegeben. Nur wenn Menschen Zukunftsperspektiven in ihren
Herkunftsstaaten haben, werden die Flüchtlingszahlen zurückgehen, war
er überzeugt.
Was das Problem des Untertauchens von Menschen während eines
laufenden Asylverfahrens betrifft, so bestehe keine polizeiliche
Möglichkeit, dies zu verhindern, da es eine Bewegungsfreiheit gebe.
Mit den angesprochenen Gesetzesänderungen wolle man aber auch das von
Abgeordnetem Robert Lugar (T) angesprochene Problem der illegalen
AusländerInnen besser in den Griff bekommen.
Abgeordneter Alev Korun (G) gegenüber stellte der Ressortchef fest,
dass das Bundesamt für Fremdenwesen grundsätzlich eine hervorragende
Arbeit leistet. Bei den vielen tausenden Fällen sei es natürlich
möglich, dass es einzelne Probleme gibt und die Wartezeit auf ein
Erstgespräch mal länger dauert. Das Personal wurde innerhalb von zwei
Jahren von 500 auf 1.200 aufgestockt; weitere 200 Bedienstete kommen
heuer noch dazu. Das durchschnittliche Asylverfahren dauert derzeit
neun Monate, teilte Sobotka mit.
Polizei: Mehr Personal und Ausrüstung auf dem technischen Letztstand
Zu Fragen bezüglich der personellen Ausstattung der Polizei
versicherte Sobotka, dass sein Ressort sehr vorausschauend plane, um
trotz zahlreicher Pensionierungen immer ausreichend
ExekutivbeamtInnen zur Verfügung zu haben. Dadurch sei es gelungen,
dass in den Jahren 2009 bis 2015 5.056 Abgängen insgesamt 6.400
Neuaufnahmen gegenüberstanden. Da es auch in den Jahren 2017 und 2018
einen positiven Saldo in diesem Bereich geben wird, werde man das
angepeilte Ziel bis 2019 (zusätzlich 2.000 Planstellen) klar
überschreiten.
Der Minister teilte Abgeordnetem Otto Pendl (S) weiters mit, dass die
Ausrüstung der PolizistInnen laufend modernisiert werde. Als
Beispiele führte er den Ankauf von ballistischen Schutzhelmen,
flammenhemmenden Overalls oder Vollkörperschutzausrüstungen an.
Überdies gebe es gerade eine Ausschreibung betreffend den Ankauf von
4.000 Langwaffen sowie Planungen bezüglich der Erneuerung des
Fuhrparks. Seit einigen Monaten werde zudem der Einsatz von Bodycams
sowie von leichten Überziehschutzwesten in der Praxis getestet,
führte der Minister aus. Dazu komme noch eine Reihe von
Sonderanschaffungen, wie z.B. vier Sprengstoffanalysegeräte und fünf
Hubschrauber. Was die geplanten Infrastrukturprojekte betrifft, so
hob Sobotka u.a. die Erneuerung und Modernisierung aller
Landesleitzentralen, der Einsatztrainingszentren sowie von 80
Polizeiinspektionen hervor.
Abgeordnetem Nikolaus Scherak gegenüber, der den Nutzen des Ausbaus
der Videoüberwachung im öffentlichen Raum massiv in Zweifel zog und
dabei auf die negativen Erfahrungen in London verwies, vertrat
Sobotka eine andere Meinung. Seitdem es etwa die Überwachung am
Praterstern gibt, konnten von 80 Fällen der Körperverletzung 60
aufgeklärt werden, führte er ins Treffen. Auch wenn die
Videoüberwachung natürlich kein Allheilmittel ist, zeige allein
dieses Beispiel, wie effizient sie sein kann; dies werde von vielen
Experten bestätigt. Außerdem habe er selbst die Polizei in London
besucht und dort ganz andere Eindrücke mitgenommen. Scherak könne
versichert sein, dass keine Methoden eingesetzt werden, die nichts
bringen.
Islamismus ist eine Herausforderung für die gesamte Gesellschaft
Er gehe generell von einem umfassenden Sicherheitsbegriff aus,
unterstrich Minister Sobotka, dies gelte aber in einem besonderen Maß
für den Kampf gegen islamistische Tendenzen. Wenn sich bereits
Minderjährige radikalisieren oder planen, in den Dschihad zu ziehen,
dann sei nicht nur die Polizei, sondern die gesamte Gesellschaft
gefordert. Dennoch befasse sich die Exekutive sehr intensiv mit
dieser Thematik und setze u.a. auf Kooperation mit dem
Justizministerium, wo etwa der Verein "Neustart" angesiedelt ist.
Gemeinsam mit dem Familienministerium wiederum wurde im Jahr 2014
eine Hotline eingerichtet, die sehr gut angenommen wurde. Außerdem
habe man in zahlreichen Bildungseinrichtungen Schulungen und
Informationsveranstaltungen durchgeführt. Zum Glück sind die
Ausreisen in den Dschihad derzeit rückläufig, teilte der Minister
ÖVP-Abgeordnetem Werner Amon mit, was wohl einerseits auf die
Schwächung des IS zurückzuführen ist, andererseits aber auch darauf,
dass man die "Szene ganz gut überblicke". Er glaube aber auch, dass
die Deradikalisierungsmaßnahmen und die Präventionsarbeit gut
greifen.
In diesem Zusammenhang informierte Sobotka Abgeordneten Peter Pilz
darüber, dass er selbstverständlich auch den Dialog mit der
islamischen Glaubensgemeinschaft und der türkischen Community suche.
Im konkreten sei er mit Vertretern der IGGÖ (Islamische
Glaubensgemeinschaft in Österreich) und der ATIB (Türkisch Islamische
Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich)
zusammengetroffen; mit der Union Europäisch-Türkischer Demokraten
(UETD) und dem Arbeitgeber-Verbandes MÜSIAD gab es keinen Kontakt.
Seiner Auffassung nach sei es sehr wichtig, dass in den eigenen
Reihen über dieses Problem offen gesprochen wird und rechtzeitig
eventuell notwendige Deradikalisierungsmaßnahmen ergriffen werden.
Bezüglich des Vorwurfs von Pilz, dass Funktionäre von AKP-nahen
Vereinen (wie z.B. UETD, MÜSIAD und ATIB) "in einer Art Erdogan-
Stasi" in Österreich tätig sind, verwies der Minister auf laufende
staatspolizeiliche Ermittlungen. Man könne sicher sein, dass allen
konkreten Hinweisen ganz genau nachgegangen wird;
Pauschalverurteilungen sollte man jedoch vermeiden. Zur weiteren
Frage, wie viele österreichische StaatsbürgerInnen türkischer
Herkunft es gibt, die bei der Einreise in Istanbul sofort verhaftet
wurden, weil ihnen die türkische Geheimpolizei vorwirft, dass sie
sich in Österreich negativ über Erdogan geäußert haben, konnte der
Minister keine Zahlen nennen.
Neuer Strafrechtstatbestand für Staatsverweigerer soll geschaffen
werden
Sobotka pflichte Abgeordnetem Rudolf Plessl (S) bei, dass es in
Österreich eine Reihe von Gruppierungen gibt, die man als
Staatsverweigerer bezeichnen kann (Freeman, OPPT, Souveräne etc.).
Dieses Phänomen, das in den USA schon länger existiert, habe man in
Österreich etwa seit 2014 beobachten können, die Anzahl der
Aktivisten wird auf ca. 1.200 geschätzt. In dieser Frage sei auch
viel Aufklärungsarbeit notwendig, da man das Thema lange nicht ernst
genommen habe. Gemeinsam mit dem Justizminister arbeite er an einer
Novellierung des Paragraphen 246a im Strafgesetzbuch, um für die
Teilnahme an solchen Vereinigungen einen Tatbestand schaffen zu
können. Außerdem trete er dafür ein, dass bei etwaigen Angriffen auf
PolizistInnen höhere Strafen verhängt werden können.
Eine weitere große Herausforderung stellt die starke Zunahme an
Internetdelikten dar, führte der Innenminister aus. Allein die
Hackerangriffe auf öffentliche Einrichtungen - eine Frage der
Abgeordneten Angela Lueger (S) - sind von 2015 auf 2016 von 1.500 auf
2.600 angestiegen. Es wurde daher eine spezielle Gruppe eingerichtet,
die sich nur mit diesem Themenbereich auseinandersetzt.
Schließlich ging Sobotka noch auf den geplanten "Elektronischen
Identitätsnachweis" ein, mit dem man eine Vorreiterrolle in Europa
einnehmen wolle. Damit soll allen BürgerInnen, die elektronisch auf
ihre Daten zugreifen wollen, ein Instrument in die Hand gegeben
werden, das absolut fälschungssicher ist. (Fortsetzung Nationalrat)
sue
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