• 23.02.2017, 10:00:01
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  • OTS0046

Tiroler Mindestsicherungsgesetz: Existenzsicherung beim Wohnen und bei Kindern gekürzt

Diakonie analysiert: Integration durch Gesetz erschwert. Hürden beim Wohnen und Entwicklungsbeeinträchtigungen bei Kindern

Utl.: Diakonie analysiert: Integration durch Gesetz erschwert.
Hürden beim Wohnen und Entwicklungsbeeinträchtigungen bei
Kindern =

Wien (OTS) - Heute sind die geplanten Änderungen zum Tiroler
Mindestsicherungsgesetz bekannt geworden. Vier Punkte, die vor allem
für Menschen auf der Flucht bedeutsam sind, unterzieht die Diakonie
Österreich einer genaueren Analyse.

Kürzung auch bei Zweck-WGs und kinderreichen Familien
vorgesehen

Für Menschen, die mit anderen in Wohngemeinschaften leben, soll die
Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts um rund ein Drittel gekürzt
werden. Diese Änderung trifft Flüchtlinge besonders stark, da sie oft
auf diese Wohnform angewiesen sind, um sich die Miete überhaupt
leisten zu können.

Für minderjährige Kinder soll laut Entwurf die sogenannte „Hilfe zur
Sicherung des Lebensunterhaltes“ auf rund die Hälfte bzw. bis 12% des
aktuellen Betrages gekürzt werden. „Hier soll in einem an sich
familienfreundlichen Bundesland bei den Schwächsten der Armen gespart
werden. Das wird unweigerlich die Entwicklung und Integration von
Kindern mit mehreren Geschwistern beeinträchtigen“, betont die
Diakonie. Hier wird von einer Art „Mengenrabatt“ bei mehreren Kindern
ausgegangen, den es aber im realen Leben nicht gibt. So werden
kinderreiche Familien in die Armutsfalle getrieben.

„Unterkünfte“ statt Wohnungen?

Flüchtlinge sollen offenbar in Zukunft eine „Unterkunft“ zugewiesen
bekommen, anstatt sich selbständig eine Wohnung suchen zu dürfen. Da
diese Zuweisung einer Unterkunft auf Mindestsicherungs-BezieherInnen,
die kein seit mindestens 6 Monaten ununterbrochenes Mietverhältnis
nachweisen können, angewendet werden soll, werden besonders
Asylberechtigte (und Subsidiär Schutzberechtigte) betroffen sein. Sie
haben vorher in der Regel in Grundversorgungsquartieren gelebt, und
können deshalb kein vorhergehendes Mietverhältnis nachweisen.

Darüber hinaus spricht der Gesetzesentwurf von „Unterkunft“ anstatt
von „Wohnung“, sodass Befürchtungen aufkommen, dass hier auch
Heimunterkünfte oder Sammelquartiere angedacht sein könnten. „Die
Unterbringung in Quartieren, die für die erste Zeit nach der Flucht
gut und wichtig sind, lässt aber auf lange Sicht nicht zu, dass die
Menschen sich ein selbständiges Leben aufbauen können, und erschwert
damit auch die Integration in der Aufnahmegesellschaft“, so Christoph
Riedl, Asyl- und Integrationsexperte der Diakonie Österreich.

„Auf diesem Weg führt Tirol eine Art Wohnsitzpflicht für Flüchtlinge
durch die Hintertür ein. Diese haben aber sonst das Recht ihren
Wohnsitz und Lebensmittelpunkt frei zu wählen, da sie
StaatsbürgerInnen gleichgestellt sind“, kritisiert Christoph Riedl,
Diakonie Österreich.

Integrationsangebote anstatt Strafandrohung erhöhen

„Das Gesetz regelt nicht, dass Deutschkurse auch flächendeckend
angeboten werden müssen“, kritisiert die Diakonie. Wenn Menschen also
aufgrund ihres Wohnorts keinen Zugang zu diesen Kursen haben, oder
diese nicht in ausreichender Zahl und geeigneter Form zur Verfügung
stehen sollten, verlieren sie ihre Lebensgrundlage.

„Es ist enttäuschend, dass nun auch Tirol auf Sanktionen und Strafen
für anerkannte Flüchtlinge setzt“, betont die Diakonie Österreich
angesichts des nun vorgelegten Gesetzesentwurfs für Tirol. „Bei
Flüchtlingen handelt es sich um Menschen, die Krieg, Verfolgung oder
Folter überlebt haben. Sehr viele haben mit dem Verlust naher
Angehöriger zu kämpfen oder sind in Sorge um zurückgebliebene
Verwandte. Sie tun sich manchmal schwer mit dem Lernen, brauchen
länger und benötigen Unterstützung. Wir wissen, dass es sich auf ihre
Integration extrem kontraproduktiv auswirkt, sie unter Druck zu
setzen. Sie brauchen geeignete Angebote, und keine Bestrafung.

„Die Novelle des Tiroler Mindestsicherungsgesetzes scheint von der
Integrationsunwilligkeit von Menschen mit Fluchthintergrund
auszugehen“, kritisiert Christoph Riedl, Diakonie Österreich. „Wir
wissen aber aus unserer Integrationsarbeit seit 20 Jahren, dass
Menschen, die dazu in der Lage sind, und geeignete Deutschkurse und
andere Integrationsangebote vorfinden, diese auch gerne annehmen. Sie
sind ja geflüchtet, um hier in Sicherheit ein neues Leben beginnen zu
können, und wollen das auch!“

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | DIK

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