• 04.01.2017, 09:31:44
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Bausozialpartner: „Viel erreicht, noch viel vor“

SOKO Bau, Lehrlingspaket, Bestbieternovelle, Wohnbauoffensive und Maßnahmen für einen fairen Wettbewerb – auch 2016 konnten die Bausozialpartner wieder viel bewegen

Utl.: SOKO Bau, Lehrlingspaket, Bestbieternovelle, Wohnbauoffensive
und Maßnahmen für einen fairen Wettbewerb – auch 2016 konnten
die Bausozialpartner wieder viel bewegen =

Wien (OTS) - Die Bausozialpartnerschaft hat sich auch 2016 bewährt.
Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel und der Bundesvorsitzende
der Gewerkschaft Bau-Holz (GBH) Josef Muchitsch blicken auf die
wichtigsten gemeinsamen Errungenschaften zurück. Doch es gibt kein
Zurücklehnen. Die Bausozialpartner arbeiten bereits an weiteren
gemeinsamen Vorhaben. Immerhin ist für 2017 laut WIFO mit einem
Wachstum der Bauwirtschaft von 1,4 Prozent zu rechnen. Mehr
Wirtschaftswachstum braucht auch mehr Fairness am Arbeitsmarkt,
lautet die Devise.++++

SOKO BAU beschlossen
Ende 2016 wurde eine sukzessive Aufstockung der
Baustellenkontrollorgane der Bauarbeiter-Urlaubs- und
Abfertigungskasse (BUAK) beschlossen. Die dafür anfallenden
Mehrkosten trägt zur Gänze der Bund. Diese Maßnahme dient der
Bekämpfung von Sozialbetrug, vor allem durch Entsendebetriebe, weil
dort erfahrungsgemäß Lohn- und Sozialdumping deutlich häufiger
vorkommt. Der Personalstand der Sozialbetrugsbekämpfungsgruppe der
BUAK wird bis 2020 verdoppelt.

Lehrlingspaket
Schon im Zuge der KV-Verhandlungen 2015 haben sich die
Bausozialpartner grundsätzlich darauf verständigt, Lehrlinge in den
Geltungsbereich des Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetzes
(BSchEG) aufzunehmen. Das war aus folgendem Grund notwendig: Bisher
bestand das Problem darin, dass der Lehrling laut Gesetz auch bei
Schlechtwetter ausgebildet werden musste. In der Praxis ist dies aber
so gut wie nicht machbar. „Mit der neuen Regelung kann auch der
Lehrling bei Schlechtwetter nach Hause gehen und erhält die
Schlechtwetterentschädigung in Höhe von 60 Prozent, die der Betrieb
wiederum von der BUAK refundiert bekommt“, erklären Frömmel und
Muchitsch einen wesentlichen Vorteil des Lehrlingspakets. Mit den
anderen dieser Regelung unterliegenden Gewerben wurde 2016 eine
entsprechende Einigung erzielt. „Somit kann das Lehrlingspaket für
alle Lehrberufe im Bau- und in den Baunebengewerben mit 1.1.2017 in
Kraft treten“, so Muchitsch.

Schlechtwetterentschädigung
In diesem Zusammenhang ist noch eine weitere erfreuliche Einigung zu
sehen: Das Parlament hat noch vor der Weihnachtspause beschlossen,
den Bundeszuschuss zum Schlechtwetterfonds von drei auf fünf
Millionen Euro pro Jahr auszuweiten. Es kam in den letzten Jahren zu
einem deutlichen Anstieg der Schlechtwetterstunden. Dieser Tatsache
und den jährlichen Lohnerhöhungen wurde mit den höheren Zuschüssen
zur Schlechtwetterentschädigung nun Rechnung getragen. „Dadurch ist
eine im Raum stehende Anhebung des Schlechtwetterbeitrags und damit
der Lohnnebenkosten vom Tisch“, so Frömmel.

Erweiterte Auftraggeberhaftung seit 1.1.2017
Mit 1. Jänner 2017 tritt die erweiterte Auftraggeberhaftung im neuen
Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz (LSD-BG) in Kraft. Diese
neue Form der Haftung kommt bei der Beauftragung von
Entsendebetrieben zum Tragen und gilt ausschließlich für den
Baubereich. Das bedeutet, dass auch der Auftraggeber dafür haftet,
dass das nach österreichischen Vorschriften festgesetzte
Mindestentgelt und die Abgaben für grenzüberschreitend entsandte
Arbeitnehmer bezahlt werden. Die Haftung kann auch private Bauherren
treffen, für sie muss allerdings offensichtlich sein, dass die
vereinbarte Leistung nur durch Unterentlohnung erbracht werden kann.
Des Weiteren wird durch das neue Gesetz die Vollstreckung von
Strafbescheiden im Ausland erleichtert. Das ist ein elementar
wichtiger Schritt, denn die mangelnde Vollziehung von in Österreich
verhängten Strafen im Ausland war bisher ein großer Schwachpunkt des
(alten) Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetzes. Mit dem neuen
LSD-BG setzt Österreich eine EU-Richtlinie um.

Überbrückungsabgeltung seit 1.1.2017
Arbeitnehmer, die in den letzten 18 Monaten vor Inanspruchnahme der
ASVG-Pension das Überbrückungsgeld nicht in Anspruch nehmen, sondern
in einem BUAG-Betrieb in Beschäftigung bleiben, können ab 1. Jänner
2017 eine Überbrückungsabgeltung beantragen. Diese
Überbrückungsabgeltung beträgt bei einer Beschäftigung über den
gesamten Zeitraum von 18 Monaten 35 Prozent des Betrages, der als
Überbrückungsgeld gebührt hätte. Ein Arbeitgeber, der einen
Arbeitnehmer beschäftigt, welcher Anspruch auf Überbrückungsgeld
hätte, erhält ebenfalls eine Überbrückungsabgeltung (zur
Unterstützung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer), und zwar im
Ausmaß von 20 Prozent des Überbrückungsgeldes.
„Das Überbrückungsgeld wurde 2013 beschlossen und ist ein
sozialpolitischer Meilenstein“, so Muchitsch. „Viele Bauarbeiter sind
gesundheitlich nicht in der Lage, bis zum Erreichen der
Schwerarbeits- bzw. Alterspension im Job durchzuhalten und scheiden
vor dem 60. Lebensjahr aus dem Erwerbsleben aus.“ Das
Überbrückungsgeld ermöglicht es Bauarbeitern, länger in einem
Beschäftigungsverhältnis bleiben zu können.

Wohnbauinvestitionsbank & Wohnbauoffensive
Im September wurde die Wohnbauinvestitionsbank (WBIB) formell
gegründet. Damit nahm die Wohnbauoffensive der Bundesregierung auch
die letzte Hürde und kann nun operativ starten. Konzipiert wurde
dieses Instrument für günstige Refinanzierungen von der
Sozialpartner-Initiative „UMWELT+BAUEN“. Durch diese zusätzliche Form
der Wohnbaufinanzierung sollen 30.000 neue Wohnungen errichtet und
20.000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Die WBIB soll dies durch eine
günstige Refinanzierung über die Europäische Investitionsbank (EIB)
erreichen. Durch Hebelwirkungen soll eine zusätzliche
Investitionstätigkeit in Österreich von bis zu 5,75 Milliarden Euro
über fünf bis sieben Jahre ausgelöst werden. Davon fallen rund fünf
Milliarden Euro in die Wohnraumschaffung und rund 750 Millionen Euro
in siedlungsbezogene Wohninfrastruktur.

Bestbieterprinzip bei öffentlichen Bau-Aufträgen
Mit der am 1. März 2016 in Kraft getretenen Novelle zum
Bundesvergabegesetz (BVergG) müssen öffentliche Ausschreibungen von
Bauaufträgen über 1 Million Euro neben dem Preis zumindest ein
weiteres Zuschlagskriterium beinhalten. Dank der Novelle ist es
möglich, Scheinfirmen einen Riegel vorzuschieben, Transparenz bei der
Subvergabe zu schaffen, eine höhere Qualität der Bauprojekte zu
gewährleisten und Abgabenverluste durch Lohn- und Sozialdumping zu
verhindern. Das Bestbieterprinzip war zu diesem Zeitpunkt für viele
Auftraggeber noch ein komplettes Neuland. Um die Auftraggeber bei der
Frage, welche Zuschlagskriterien sie festlegen sollen, zu
unterstützen, haben die Bausozialpartner einen Katalog mit
Bestbieterkriterien erarbeitet. Der Katalog enthält konkrete, schon
bisher in der Praxis angewandte Zuschlagskriterien. Zudem macht er
Vorschläge, wie die Punktegewichtung der einzelnen Zuschlagskriterien
aussehen könnte. Der Katalog beinhaltet auch Erläuterungen und
Ausschreibungstextbausteine, aus denen sich die Auftraggeber bedienen
können.

Bonus/Malus Neu
Die Bundesregierung hat es sich zum Ziel gesetzt, die Beschäftigung
Älterer zu steigern und daher im Herbst 2015 ein neues
Bonus-Malus-Modell für Betriebe beschlossen. Ob dieses Modell
tatsächlich wirksam wird, hängt vom Erreichen der Beschäftigungsziele
für über 55jährige bis Juni 2017 ab. Am 30. Juni 2017 wird einmalig
evaluiert: Werden die Beschäftigungsziele erreicht, tritt das neue
Bonus-Malus-System nicht in Kraft. Werden die Ziele nicht erreicht,
dann tritt das neue Bonus-Malus-System in Kraft und schafft für
Betriebe mit zu wenig älteren Beschäftigten neue Lohnnebenkosten.
Für letzteren Fall haben die Bausozialpartner jedoch vorgesorgt:
Durch die Einführung des Überbrückungsgelds für Bauarbeiter (2013,
Anmerkung) im Bauarbeiter- Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG) gab
es schon bislang hinsichtlich der Auflösungsabgabe eine
Sonderregelung für den Bau: die Auflösungsabgabe wird von der BUAK
direkt abgeführt. Dem einzelnen Betrieb entstehen dadurch keine
Mehrkosten. Diese Sonderlösung wurde 2016 sohin gesetzlich
verbindlich gemacht, dass sie auch für das neue Bonus-Malus-System
gilt. „Dadurch kann die Bauwirtschaft dem 30. Juni gelassen
entgegenblicken“, so Muchitsch und Frömmel.

Ausblick 2017
„Viel erreicht, noch viel zu tun“, fassen Frömmel und Muchitsch das
Jahr 2016 und den Ausblick 2017 zusammen. „Wir arbeiten Seite an
Seite an weiteren Vorschlägen für einen faireren Wettbewerb. Damit
stärken wir die Konjunkturlokomotive Bau im Interesse der
Gesamtwirtschaft in Österreich und schützen regionale Betriebe mit
ihrem Eigenpersonal“. Konkret wollen die Bausozialpartner 2017
folgende Schwerpunkte setzen:

KV-Verhandlungen
Im Frühjahr stehen Kollektivvertragsverhandlungen auf dem Programm.
Diese sollen wie in den letzten Jahren von beiderseitigem Verständnis
geprägt sein und eine für Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertretbare
Einigung erzielen.

Jahresbeschäftigung
Als „heißes Eisen“ kann das Thema Jahresarbeitszeit am Bau bezeichnet
werden. Obwohl es dazu bereits bestehende Regelungen im
Kollektivvertrag gibt, werden hier die Gespräche seitens der
Bausozialpartner neu aufgenommen. Ziel ist ein neues, leicht
administrierbares Modell, welches den branchenüblichen Gegebenheiten
noch mehr entspricht und gleichzeitig die gesundheitlichen
Auswirkungen auf Schwerarbeiter berücksichtigt.

Arbeitscard BAU
Ein großes und ambitioniertes Vorhaben ist die Schaffung einer
Arbeitscard BAU, die es erlaubt, Daten bei Kontrollen auf der
Baustelle abzurufen. Hier gilt es noch eine Reihe von grundsätzlichen
Fragen zu klären. Offen ist auch noch, welche Daten konkret auf der
Card enthalten sein sollen. Muchitsch dazu: „Uns schwebt eine Art
,Führerschein am Bau’ vor – eine Zutrittsberechtigung für alle
legalen Beschäftigten auf Baustellen. Dadurch wäre der Papierkrieg
mit Lohnunterlagen und Meldeformularen Geschichte und der steigende
Verwaltungsaufwand auf der Baustelle abgeschafft.“

Bundesvergabenovelle 2017
Die Schaffung einer Baustellendatenbank, wo öffentliche Auftraggeber
ab einer noch zu bestimmenden Auftragssumme verpflichtet werden,
Daten zu ihren Baustellen einzupflegen. Für die Kontrollorgane werden
somit Daten zu Baustellen „auf Knopfdruck“ abrufbar.
Teilzeit am Bau keine Chance geben
Mittlerweile gibt es mehr als 9.000 Teilzeitbeschäftigte in der
Bauwirtschaft – Tendenz seit der Arbeitnehmerfreizügigkeit 2011
steigend. Teilzeit am Bau wird oft als Instrument für einen unfairen
Wettbewerb genützt und es müssen Maßnahmen dagegen erarbeitet werden.

Altersteilzeit am Bau
Hier finden bereits Gespräche zwischen den Bausozialpartnern statt,
um der Politik ein Sondermodell „Altersteilzeit am Bau“
vorzuschlagen. Ziel ist es, eine gesetzliche Regelung zu schaffen,
mit der es den Arbeitgebern und Bauarbeitern ermöglicht wird, eine
praktikable Altersteilzeitvariante anzubieten.

WIFO-Prognose 2017
Die Daten des aktuellen Euroconstruct-Berichts (Dezember 2016, Anm.)
zeichnen folgendes Bild: Die Konjunktur nahm 2016 in Österreich
erstmals nach vielen Jahren wieder Fahrt auf. Nachdem das
Wirtschaftswachstum seit 2012 bei weniger als 1 Prozent gelegen ist,
betrug das Wachstum 2016 immerhin 1,7 Prozent. Das WIFO
prognostiziert für 2017 ein Wachstum von 1,5 Prozent. Die
Bauwirtschaft kann mit diesen Wachstumsraten mithalten: das Wachstum
betrug 2016 1,6 Prozent. Der Wohnungsbau - lange Zeit Schwachstelle
und den Bedarfsprognosen hinterher hinkend - konnte heuer deutlich
zulegen (+ 1,5 Prozent). Mit einem Plus von 2 Prozent konnte der
Nicht-Wohnbau am stärksten zulegen.

Für 2017 ist laut WIFO mit einem Wachstum der Bauwirtschaft von 1,4
Prozent zu rechnen. Frömmel und Muchitsch unisono: „Wenn es um einen
fairen Wettbewerb unter Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie um
Imageverbesserungen unserer Branchen geht, wollen wir auch 2017
wieder aufzeigen, was unsere Sozialpartnerschaft drauf hat.“

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NGB

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