• 07.12.2016, 18:30:00
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Pflegefonds wird bis zum Jahr 2021 auf 417 Mio. € aufgestockt

Ehemalige Kriegsgefangene erhalten kleines Rentenplus

Utl.: Ehemalige Kriegsgefangene erhalten kleines Rentenplus =

Wien (PK) - Der Pflegefonds wird bis zum Jahr 2021 verlängert und
schrittweise auf 417 Mio. € aufgestockt. Außerdem wird der Bund in
den nächsten Jahren jeweils 6 Mio. € zum Ausbau der Hospiz- und
Palliativversorgung beisteuern und sich weiter an der Förderung der
24-Stunden-Betreuung beteiligen. Für entsprechende Regierungspläne
hat der Sozialausschuss des Nationalrats heute grünes Licht gegeben.
Die Beschlüsse fielen mit breiter Mehrheit. Sozialminister Alois
Stöger freute sich auch über die Sicherstellung der Anwesenheit von
Pflegepersonal in der Nacht. Auch der vorgesehenen Erhöhung der
monatlichen Entschädigungszahlung an ehemalige Kriegsgefangene
stimmten die Abgeordneten zu.

18 Mio. € jährlich für Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung

Die Verlängerung des Pflegefonds (1331 d.B.) geht auf eine
Vereinbarung zwischen Bund, Länder und Gemeinden im Zuge der
Finanzausgleichsverhandlungen zurück. Demnach soll der Fonds im
kommenden Jahr wieder mit 350 Mio. € dotiert werden. Danach ist eine
schrittweise Anhebung der Mittel um rund 4,5% jährlich vorgesehen.
2018 werden 366 Mio. €, 2019 382 Mio. €, 2020 399 Mio. € und im
Endausbau 2021 schließlich 417 Mio. € zur Verfügung stehen. Wie
bisher übernimmt der Bund zwei Drittel der Kosten.

Mit den Mitteln des Pflegefonds werden Aufwendungen der Länder und
Gemeinden für Langzeitpflege finanziert. Neu ist, dass künftig auch
eine mehrstündige Alltagsbegleitung im häuslichen Umfeld sowie
Entlastungsdienste für pflegende Angehörige abgerechnet werden
können. Damit will man unter anderem eine selbstbestimmte
Lebensführung von demenzkranken Menschen fördern, erfuhr Judith
Schwentner (G) von Sozialminister Alois Stöger. In Form von mobilen
Diensten sollen so Angehörige bei der Pflege entlastet werden.

Zusätzlich zum Pflegefonds werden für die nächste
Finanzausgleichsperiode 2017 bis 2021 jährlich 18 Mio. € für ein
erweitertes Angebot im Bereich der Hospiz- und Palliativbetreuung
bereitgestellt, wobei sich Bund, Länder und Sozialversicherungsträger
diese Summe zu je einem Drittel teilen. Im Rahmen einer
Ausschussfeststellung wurden Konkretisierungen zur operativen
Abwicklung festgehalten.

Die Forderung der Grünen, einen Inklusionsfonds einzurichten, wurde
bei den Finanzausgleichsverhandlungen nicht berücksichtigt,
kritisierte Helene Jarmer (G) und wollte daher eine stärkere
Zweckbindung der Länder. Beispielsweise liegt es im
Entscheidungsbereich der Länder, ob persönliche Assistenz auch im
Freizeitbereich zur Verfügung gestellt wird. Solche Regelungen
müssten dringend vereinheitlicht werden. Jarmer drängte außerdem auf
bessere arbeitsrechtliche Beschäftigungsverhältnisse für persönliche
AssistentInnen.

Auch SPÖ-Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (S) hält es für
notwendig, auf die Länder einzuwirken, dass die Gelder tatsächlich
bei der persönlichen Assistenz ankommen. Die Länder seien nicht zu
einer Bund-Länder-Übereinkunft über die Mittelverwendung bereit
gewesen, sagte Sozialminister Stöger dazu. Pflege und persönliche
Assistenz schütze pflegebedürftige Menschen vor dem Heim, hob Franz-
Joseph Huainigg (V) hervor, daher müssten weitere Schritte gesetzt
werden. Im Rahmen einer parlamentarischen Initiative wolle er sich
dafür einsetzen, die persönliche Assistenz auszubauen.

Die Ausschussmitglieder waren einhellig über die Umsetzung der
Forderungen der Parlamentarischen Enquete zum Thema Würde am Ende des
Lebens erfreut, auch wenn die Oppositionsparteien weiteres
Umsetzungspotential sehen. Das Pflegefondsgesetz bekam zahlreiche
Zusprüche der Ausschussmitglieder und wurde mehrheitlich, ohne die
Zustimmung der NEOS, beschlossen. Nach Meinung von Gerald Loacker ist
dies keine langfristige Lösung, BürgerInnen bräuchten mehr
Rechtssicherheit.

Steuerungselemente sollen Qualität der Pflege sicherstellen

Begleitend zur Verlängerung des Pflegefonds werden zusätzliche
Steuerungselemente in das Pflegefondsgesetz aufgenommen, etwa was die
Transparenz erbrachter Leistungen sowie Qualitätsvorgaben betrifft.
So muss in stationären Pflegeeinrichtungen genug diplomiertes Pflege-
und Gesundheitspersonal zur Verfügung stehen und auch während der
Nachtstunden zumindest eine qualifizierte Fachkraft anwesend bzw.
rasch verfügbar sein. Überdies werden die Länder verpflichtet, dafür
Sorge zu tragen, dass bei der Vorschreibung von Kostenbeiträgen im
Bereich mobiler Betreuungs- und Pflegedienste soziale Aspekte
berücksichtigt werden. Ab Pflegegeldstufe 4 soll pflegebedürftigen
Personen die Aufnahme in eine stationäre Einrichtung ohne weitere
Prüfung offenstehen. Pflege liege grundsätzlich im Aufgabenbereich
der Länder, so Königsberger-Ludwig, durch Nachtanwesenheit und
Berichtspflichten würden aber Schritte in Richtung Vereinheitlichung
gesetzt.

Darüber hinaus wird im Gesetz ein Ausgabenpfad für
Pflegesachleistungen nach Vorbild der Gesundheitsreform verankert.
Damit soll die Kostendynamik im Pflegebereich mit jährlich 4,6%
begrenzt bleiben. Diese Kostendeckelung kann nach Meinung von Judith
Schwentner (G) ohne Leistungskürzungen nicht eingehalten werden.

Bund-Länder-Vereinbarung zur 24-Stunden-Betreuung wird verlängert

Was die gemeinsame Förderung der 24-Stunden-Betreuung betrifft, haben
sich der Bund und die Länder darauf geeinigt, auf eine Kündigung der
bestehenden Vereinbarung bis zum Ende der neuen
Finanzausgleichsperiode zu verzichten. Damit wird deren Laufzeit de
facto bis Ende 2021 verlängert. Der Sozialausschuss hält das für
sinnvoll, die neue Vertragsklausel (1351 d.B.) wurde mit breiter
Mehrheit, ohne die Zustimmung der NEOS, genehmigt. Ziel der
Vereinbarung ist es, die staatliche Unterstützung der 24-Stunden-
Betreuung für pflegebedürftige Menschen langfristig sicherzustellen.
Gemäß den Erläuterungen haben im Jahr 2015 durchschnittlich 21.900
Personen eine Förderung erhalten. Für die nächsten Jahre wird eine
jährliche Steigerung der LeistungsbezieherInnen von rund 9% erwartet.

Mit der Beibehaltung der 24-Stunden-Betreuung wird laut Gertrude
Aubauer (V) ein gutes Signal an ältere Menschen gesendet. Judith
Schwentner (G) pochte auf eine weitere qualitative Verbesserung. Die
Pflege sollte in Form eines reglementierten Gewerbes ausgeübt werden.

Gemeinsam mit der Novelle zum Pflegefondsgesetz und der Bund-Länder-
Vereinbarung zur 24-Stunden-Betreuung standen mehrere
Oppositionsanträge zur Diskussion, die jedoch keine Mehrheit fanden.
So forderten sowohl die Grünen (1836/A(E)) als auch das Team Stronach
(1236/A(E)) einen bundesweit einheitlichen Personalschlüssel für
Alten- und Pflegeheime. Der FPÖ geht es - neben einer
Pensionserhöhung von 1,3% - um eine jährliche automatische Anpassung
des Pflegegelds an die Inflation und eine regelmäßige Valorisierung
der Steuerfreibeträge für behinderte Menschen (1092/A(E), 1866/A(E)).
Dies sei insbesondere wichtig, weil das Einkommen pensionsbegründend
sei, argumentierte Werner Neubauer (F), beim Pflegegeld habe es in
den letzten Jahren einen Realverlust von über 30% gegeben.

Die alternde Gesellschaft stelle eine große Herausforderung für das
österreichische Rechtssystem dar, stellte Waltraud Dietrich (T) fest
und wollte neben einheitlichen Standards bei den
Pflegedienstleistungen in ganz Österreich auch Rechtssicherheit
schaffen. Schließlich sei Heimpflege die günstigste Form der Pflege,
meinte Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F). Die ÖVP konnte den
Forderungen nicht zustimmen. Sie sind entweder bereits erfüllt oder
nicht machbar, meinte Franz-Joseph Huainigg.

Monatliche Entschädigungszahlung für Kriegsgefangene wird erhöht

Mit SP-VP-FP-T-Mehrheit stimmte der Sozialausschuss einem
Gesetzespaket (1342 d.B.) zu, das unter anderem eine Erhöhung der
Opferrenten für ehemalige Kriegsgefangene ab 2017 um rund 15%
vorsieht. Je nach Dauer der Kriegsgefangenenschaft sollen die
BezieherInnen künftig zwischen 17,50 € und 43 € monatlich erhalten,
zugutekommen soll das rund 13.000 Personen.

Begründet wird der Schritt damit, dass die Geldleistungen für
Kriegsgefangene die einzigen im Rahmen des Sozialentschädigungsrechts
sind, die keiner jährlichen Valorisierung unterliegen. Seit der
Einführung im Jahr 2001 hat es demnach nur ein einziges Mal eine
Aufrundung von durchschnittlich 50 Cent gegeben. Wie eine Aufstellung
des Sozialministeriums zeigt, ist die Zahl der LeistungsbezieherInnen
in den letzten Jahren sukzessive zurückgegangen, und zwar von 57.593
im Jahr 2006 auf 17.056 im Jahr 2016.

Mit dem Gesetzespaket wird darüber hinaus im Verbrechensopfergesetz
eine Rechtsgrundlage für die Förderung von Projekten für
Verbrechensopfer geschaffen. Zudem wird Sozialminister Alois Stöger -
in Einvernehmen mit dem Finanzminister - ermächtigt, dem Verband der
Volksdeutschen Landsmannschaften Österreichs (VLÖ) als Ausgleich für
geringe Veranlagungserträge Zuschüsse zu gewähren. Gemäß den
finanziellen Erläuterungen sind dafür in den Jahren 2017 und 2018
vorsorglich jeweils 240.000 €, in den drei Jahren danach jeweils
200.000 € eingeplant. Der Verband hat für die Vertretung der
Interessen der deutschsprachigen Heimatvertriebenen in Österreich und
den Betrieb des Begegnungszentrums "Haus der Heimat" im Jahr 2002
eine einmalige Zuwendung von 4 Mio. € zur Veranlagung erhalten,
weitere Förderungen durch den Bund sind nach geltender Gesetzeslage
ausgeschlossen.

Geändert wird schließlich auch das Heeresentschädigungsgesetz. Dabei
geht es um die Zuerkennung einer Witwen- bzw. Waisenrente im Falle
des Todes eines im Dienst verunfallten Bundesheerangehörigen, auch
wenn der Tod in keinem kausalen Zusammenhang mit dessen schwerer
Beschädigung steht. Die Gesamtkosten für das Gesetzespaket werden mit
0,8 Mio. € im Jahr 2017 und 0,73 Mio. € im Jahr 2018 beziffert, 2021
sollen es noch 570.000 € ein.

Ein im Zuge der Beratungen eingebrachter und bei der Abstimmung
mitberücksichtigter Abänderungsantrag betrifft die Kontaktdatenbank
des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen, auf die künftig
auch bestimmte Bedienstete des Sozialministeriums Zugriff haben.
Durch die Übermittlung von Sterbedaten aus dem Zentralen
Personenstandsregister soll die Datenbank aktuell gehalten werden.

Scharfe Kritik der Grünen an Förderung des VLÖ

Scharfe Kritik an der Förderung des Verbands der Volksdeutschen
Landsmannschaften übte Grün-Abgeordneter Karl Öllinger. Er wies
darauf hin, dass im "Haus der Heimat" wiederholt Neonazis und
Rechtsextreme aufgetreten seien. Unter anderem etwa der Gründer und
Vorsitzender einer europäischen Neonaziorganisation und ein aktiver
Propagandist der Apartheid der aus der deutschen Bundeswehr wegen
Rechtsextremismus ausgeschlossen wurde. Zwar seien künftig Prüfungen
durch das Sozialministerium vorgesehen, gestand Öllinger zu, diese
seien aber nur im Nachhinein möglich. Zudem sei es nicht so, dass das
"Haus der Heimat" am Tropf hänge, es gebe kräftige Förderungen durch
private Sponsoren. Im Übrigen schieße man auch den privaten
Pensionkassen wegen geringer Veranlagungserträge keine Mittel zu.

Ablehnend zu diesem Teil des Gesetzespakets äußerte sich auch Gerald
Loacker (N). Normalerweise erhielten Einrichtungen und Organisationen
nur unter bestimmten Auflagen Förderungen, mit der seinerzeitigen
Einmalzahlung an den VLÖ sei man von diesem Prxis aber abgerückt.

Sozialminister Alois Stöger bekräftigte, er wolle nicht
neonazistische Aktivitäten mit staatlichen Mitteln fördern. Er sei
aber die Aufsichtsbehörde des Stiftungsfonds und stehe vor dem
Problem, dass das gewählte Konstrukt nicht funktionsfähig sei. Man
dürfe das Kapital nicht angreifen, gleichzeitig gebe es keine
Veranlagungserträge.

Stöger betonte, es gehe um Menschen, die vertrieben wurden und in
Österreich Schutz und Heimat fanden. Sie hätten es sich verdient
ihren Verlust und ihre Erfahrungen in der Kindheit benennen zu
dürfen. Stöger ersuchte Öllinger allerdings, Wahrnehmungen über
dubiose Aktivitäten an das Sozialministerium weiterzuleiten.

Begrüßt wurde die Förderung von Michael Hammer (V). Das "Haus der
Heimat" feiere dieser Tage sein zwanzigjähriges Jubiläum, erklärte
er. Die Aufrechterhaltung des operativen Betriebs wäre durch die
geringen Veranlagungserträge nicht möglich.

Mindestsicherung: Grüne pochen auf Grundsatzgesetz des Bundes

Beendet wurden die rund fünfstündigen Beratungen des
Sozialausschusses mit der Ablehnung zweier Anträge der Grünen zum
Thema Mindestsicherung. Um bundesweit einheitliche Standards für die
bedarfsorientierte Mindestsicherung sicherzustellen, hatte sich
Abgeordnete Judith Schwentner neuerlich für ein Grundsatzgesetz des
Bundes ausgesprochen (1927/A(E)). Außerdem drängte sie auf eine
Beibehaltung des Krankenversicherungsschutzes für
MindessicherungsbezieherInnen auch nach Auslaufen der geltenden Bund-
Länder-Vereinbarung Ende dieses Jahres (1926/A(E)). Finanzielle
Zuschüsse vom Bund sollten demnach nur jene Länder erhalten, die sich
weiter an die darin vereinbarten Mindeststandards halten.

Die NEOS befürworteten diese Schritte und auch August Wöginger (V)
zeigte sich trotz ablehnender Stimme gesprächsbereit. Sozialminister
Stöger hielt dazu fest, dass es bei der Nichteinhaltung von
Grundsatzgesetzen des Bundes durch die Länder keine Rechtsfolgen
gebe. Aber auch das deutsche Arbeitslosengeldmodell "Hartz IV" sei
nicht die richtige Lösung, stimmte er Peter Wurm (F) zu. (Schluss
Sozialausschuss) gs/gro

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NPA

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