Wien (OTS) - Die Veröffentlichung von Opferfotos in einem
„Live-Ticker“ mit dem Titel „München-Terror: Mindestens 10 Tote bei
Amoklauf“, erschienen am 22.07.2016 auf „oe24.at“, verstößt laut
Senat 3 des Presserats gegen den des Ehrenkodex für die
österreichische Presse.
Im oben genannten „Live-Ticker“ wird über einen Amoklauf in München
berichtet. Dabei sind leicht verpixelte Fotos von drei Opfern des
Amoklaufs veröffentlicht. Bei den Bildern handelt es sich um neutrale
Portraitaufnahmen der Opfer zu Lebzeiten. Die Fotos stammen laut
Angabe des Mediums aus einer privaten Quelle.
Der Senat hält fest, dass die Persönlichkeit des Einzelnen auch über
den Tod hinaus geschützt ist. Die Veröffentlichung der Bilder von
Opfern eines Mordanschlags greift in die Persönlichkeits- und
Intimsphäre ein (siehe die Punkte 5 und 6 des Ehrenkodex). Im
vorliegenden Fall reicht die leichte Verpixelung der Bilder nach
Meinung des Senats nicht aus, um die Anonymität der Opfer zu wahren.
Die Opfer sind trotz dieser Verpixelung identifizierbar. Hinzu kommt,
dass von einem volljährigen Opfer auch der Vor- und Zuname angeführt
sind.
Zumindest eines der Opfer ist jugendlich. Den Schutz der
Persönlichkeit und der Intimsphäre gilt es bei Kindern und
Jugendlichen besonders genau zu achten. Der postmortale Schutz der
Intimsphäre der Opfer wiegt im vorliegenden Fall schwerer als ein
etwaiges öffentliches Informationsinteresse an den Bildern, so der
Senat weiter. Zudem sollen auch die nahen Angehörigen der Opfer nicht
in Form eines „Live-Tickers“ mit den Bildern der Opfer konfrontiert
werden.
Der Senat stellt einen Verstoß gegen den Ehrenkodex fest und fordert
die Medieninhaberin auf, die Entscheidung freiwillig auf „oe24.at“ zu
veröffentlichen.
SELBSTÄNDIGES VERFAHREN AUFGRUND EINER MITTEILUNG EINER LESERIN
Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen
Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und
Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der Senate des
Presserats sind weisungsfrei und unabhängig.
Im vorliegenden Fall führte der Senat 3 des Presserats aufgrund einer
Mitteilung einer Leserin ein Verfahren durch (selbständiges Verfahren
aufgrund einer Mitteilung). In diesem Verfahren äußert der Senat
seine Meinung, ob eine Veröffentlichung den Grundsätzen der
Medienethik entspricht. Die Medieninhaberin von „oe24.at“ hat von der
Möglichkeit, an dem Verfahren teilzunehmen, keinen Gebrauch gemacht.
Die Medieninhaberin der Tageszeitung „Österreich“ hat sich der
Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats bisher nicht unterworfen.
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