Sammelgesetz bringt auch Neuerungen für gleichgeschlechtliche Paare, "Sternenkinder" und gemeinnützige Stiftungen
Utl.: Sammelgesetz bringt auch Neuerungen für gleichgeschlechtliche
Paare, "Sternenkinder" und gemeinnützige Stiftungen =
Wien (PK) - Der Zugang von Flüchtlingen und Zuwanderern zu Waffen
wird erschwert. Künftig dürfen in Österreich lebende AusländerInnen
erst dann eine Waffe besitzen bzw. erwerben, wenn sie über ein
dauerhaftes Aufenthaltsrecht in der EU verfügen. Das sieht eine
Novelle zum Waffengesetz vor, die heute vom Innenausschuss des
Nationalrats gebilligt wurde. Auch für AsylwerberInnen und illegal in
Österreich aufhältige Fremde gilt demnach ab kommendem März ein
ausdrückliches Waffenverbot. PolizistInnen und anderen Organe des
öffentlichen Sicherheitsdienstes wird das Führen privater Waffen
hingegen erleichtert. Begrüßt wurde dieser Schritt auch von Teilen
der Opposition, für die FPÖ und das Team Stronach ist es aber
unverständlich, dass PolizistInnen ohne weitere Prüfung nur private
Waffen bis zu einem Kaliber von 9 mm führen dürfen.
Eingebettet ist die Novelle zum Waffengesetz in ein umfangreiches
Gesetzespaket, das die Regierung dem Nationalrat erst vergangene
Woche vorgelegt hat. Mit dem so genannten "Deregulierungs- und
Anpassungsgesetz 2016 - Inneres" (1345 d.B.) wird unter anderem auch
die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare bei der Wahl eines
gemeinsamen Namens beseitigt und Eltern die Möglichkeit eröffnet,
Fehlgeburten unter 500 g Körpergewicht in das Personenstandsregister
einzutragen. BerufsjägerInnen und FörsterInnen dürfen künftig unter
bestimmten Voraussetzungen Schalldämpfer verwenden. Auch für den
Besitz kleinerer Mengen Schießmittel unter 10 kg wird ab Mitte 2017
eine Bewilligung benötigt. Änderungen werden überdies im Meldegesetz
und bei den gesetzlich Bestimmungen für gemeinnützige Stiftungen
vorgenommen.
Zustimmung erhielt die Sammelnovelle von den Koalitionsparteien und
den NEOS, Teilen davon stimmten auch die Freiheitlichen und die
Grünen zu. Das Team Stronach konnte sich mit einem Vertagungsantrag
nicht durchsetzen. Hauptthema der Debatte war der künftige
Rechtsanspruch von PolizistInnen auf einen Waffenpass, wobei
Innenminister Wolfgang Sobotka versicherte, dass damit keine
Geringschätzung anderer Berufsgruppen wie JustizwachebeamtInnen
verbunden sei.
Strafrahmen für unbefugten Verkauf einer Waffe wird erhöht
Konkret wird mit der Waffengesetz-Novelle nicht nur AsylwerberInnen
und unrechtmäßig in Österreich aufhältigen Personen der Erwerb, der
Besitz und das Führen von Schusswaffen und Munition verboten, sondern
auch Drittstaatsangehörigen mit Lebensmittelpunkt in Österreich ohne
Daueraufenthaltsrecht, was sowohl Zuwanderer als auch anerkannte
Flüchtlinge betrifft. In den Erläuterungen dazu ist von einem
zumindest fünfjährigen "Beobachtungszeitraum" die Rede, nach dem
Zuwanderer bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen einen
Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EU" erwerben können. Vorübergehend
in Österreich aufhältige AusländerInnen, also etwa TouristInnen, sind
vom Waffenverbot nicht betroffen.
Bei Verstößen gegen die neuen Bestimmungen droht eine Freiheitsstrafe
bis zu einem Jahr bzw. eine empfindliche Geldstrafe. Gleichzeitig
wird der Strafrahmen für den unbefugten Besitz bzw. die unbefugte
Weitergabe von Faustfeuerwaffen, halbautomatischen Schusswaffen und
Kriegsmaterialien auf bis zu zwei Jahre Haft verdoppelt. Den
Sicherheitsbehörden werden dadurch verdeckte Ermittlungen ermöglicht,
das Innenministerium erwartet sich davon vor allem ein
wirkungsvolleres Vorgehen gegen illegale Waffenverkäufe über das so
genannte "Darknet". Wer regelmäßig illegal Schusswaffen anbietet bzw.
verkauft, muss mit bis zu drei Jahren Gefängnis rechnen.
PolizistInnen wird Führen einer privaten Waffe erleichtert
Für PolizistInnen und andere Organe des öffentlichen
Sicherheitsdienstes wird es hingegen einfacher, einen Waffenpass zu
erwerben. Sie müssen in Hinkunft nicht mehr eine konkrete
Gefahrenlage nachweisen, um eine private Waffe mit sich führen zu
dürfen. Eingeschränkt ist das allerdings auf Waffen mit einem Kaliber
bis zu 9 Millimeter. Weiters sind im Waffengesetz Ausnahmen für
FörsterInnen und BerufsjägerInnen vom grundsätzlichen
Verwendungsverbot von Schalldämpfern und verwaltungsvereinfachende
Maßnahmen für traditionelle Schützenvereinigungen vorgesehen (Näheres
siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 1297/2016). Die Möglichkeit,
Schießmittel bis zu 10 kg ohne behördliche Bewilligung zu erwerben
und zu besitzen, wird abgeschafft, vorhandene Mittel sind bis 30.
Juni 2017 zu verbrauchen bzw. abzugeben.
Eingetragene Partnerschaft wird künftig auf Standesämtern besiegelt
Für gleichgeschlechtliche PartnerInnen bringt das Gesetzespaket zwei
Neuerungen. Zum einen werden eingetragene Partnerschaften künftig wie
Ehen am Standesamt und nicht mehr bei Bezirksverwaltungsbehörden
geschlossen. Außerdem können auch eingetragene PartnerInnen einen
gemeinsamen "Familiennamen" anstelle eines gemeinsamen Nachnamens
führen. Die Unterscheidung zwischen Familienname und Nachname habe zu
einem erhöhten Verwaltungsaufwand und entbehrlichen
Verwaltungsverfahren nach dem Namensänderungsgesetz geführt, heißt es
dazu in den Erläuterungen.
Eintragungsmöglichkeit von Fehlgeburten ins Personenstandsregister
Mit der Eintragungsmöglichkeit so genannter "Sternenkinder" in das
Personenstandsregister kommt die Regierung einem langjährigen Wunsch
Betroffener nach. Dazu hat es auch eine Bürgerinitiative gegeben.
Derzeit ist es nicht möglich, Fehlgeburten unter 500 g Körpergewicht
registrieren zu lassen, damit fällt auch das Recht auf Ausstellung
einer Urkunde weg. Die Eintragung soll nur auf ausdrücklichen Wunsch
der Mutter oder des Vaters erfolgen, wobei das Einverständnis der
Mutter in jedem Fall vorliegen muss. Neu geschaffen wird darüber
hinaus die Möglichkeit, Personenstandsurkunden elektronisch zu
übermitteln bzw. für einen bestimmten Zeitpunkt zu erstellen.
Verbesserung der Datenqualität des Zentralen Melderegisters
Diverse Änderungen im Meldegesetz haben die Verbesserung der
Datenqualität des Zentralen Melderegisters und die
Entbürokratisierung von Verfahren zum Ziel. So soll den Meldebehörden
ein Zugang zu Daten des Zentralen Fremdenregisters gewährt werden, um
die Überprüfung von Identitätsnachweisen bei Anmeldungen zu
erleichtern. Außerdem können sie künftig Daten von Reisedokumenten
automationsunterstützt erfassen sowie im Melderegister ausdrücklich
vermerken, wenn die Meldedaten nicht mit gebotener Verlässlichkeit
festgestellt werden konnten. Eine Auskunftssperre, etwa für
Meldeadressen in Notwohnungen, kann künftig für bis zu fünf Jahre
statt bisher zwei eingetragen werden.
BürgerInnen können in Hinkunft An- und Ummeldungen auch per
Bürgerkarte erledigen, wenn der Unterkunftgeber ebenfalls über eine
Bürgerkartenfunktion verfügt. Zuvor bedarf es allerdings noch einer
entsprechenden Verordnung des Innenministers. Auch für
Tourismusbetriebe sind bürokratische Vereinfachungen vorgesehen: Für
die Anmeldung von Reisegruppen ab acht Personen reicht künftig
grundsätzlich wieder eine Sammelliste mit Namen und
Staatszugehörigkeit sowie - bei ausländischen Gästen -
Reisepassdaten. Die Aufbewahrungsdauer für Gästeverzeichnisse wird in
Anlehnung an die Vorschriften der Bundesabgabenordnung einheitlich
mit sieben Jahren festgelegt.
Erhöhung der Attraktivität gemeinnütziger Stiftungen
Schließlich werden mit dem Gesetzespaket auch Änderungen im Bundes-
Stiftungs- und Fondsgesetz vorgenommen. Damit will man die
Attraktivität gemeinnütziger Stiftungen erhöhen und die Bürokratie
reduzieren. Konkret geht es etwa um den Entfall bestimmter
Veröffentlichungspflichten, vereinfachte Meldevorschriften und eine
Präzisierung von Übergangsregelungen.
Waffenpass: Grüne halten Sonderregelung für PolizistInnen entbehrlich
Im Zentrum der Debatte stand der erleichterte Zugang von
PolizistInnen zu privaten Waffen, den die Grünen massiv kritisierten.
Die Abgeordneten Peter Pilz und Albert Steinhauser halten die
vorgesehene Sonderregelung für sachlich nicht gerechtfertigt und
kontraproduktiv. "Wir brauchen nicht mehr Waffen im Privatbereich"
sagte Pilz, wenn es ein Sicherheitsproblem gebe, müsse die Zahl der
PolizistInnen erhöht werden. Für ihn ist es außerdem unverständlich,
warum PolizistInnen anders behandelt werden als etwa
JustizwachebeamtInnen oder Bundesheerangehörige, die ebenfalls im
Umgang mit Waffen geschult sind.
Sowohl Pilz als auch Steinhauser fürchten, dass der Druck auf die
PolizistInnen steigen wird, sich bei einer Gefahrensituation in den
Dienst zu stellen. Es sei nur eine kleine Minderheit, die auch
außerhalb der Dienstzeit eine Waffe tragen wolle, ist Pilz überzeugt.
Steinhauser betonte, dass auch PolizistInnen ein Recht auf Freizeit
hätten.
Begrüßt wurde von Steinhauser, dass Verpartnerungen künftig am
Standesamt möglich sind. Auch den Änderungen im Personenstandsgesetz
und im Sprengmittelgesetz stimmten die Grünen zu. Zum Melderegister
hielt Steinhauser fest, er wolle nicht, dass dieses zu einem
"Bürgerverzeichnis" werde, in dem außer den eigentlichen Meldedaten
auch diverse Vermerke über BürgerInnen gespeichert sind.
Team Stronach für Liberalisierung des Waffenrechts
Anders als die Grünen begrüßten die FPÖ und das Team Stronach, dass
es künftig nicht mehr dem Ermessen der Behörden obliegt, ob ein
Polizist einen Waffenpass bekommt. Die Beschränkung auf Waffen mit
einem Kaliber bis 9 mm ist für Christoph Hagen (T) jedoch "ein
totaler Blödsinn". Entweder sei ein Polizist verlässlich oder nicht,
argumentierte er. Hagen trat auch allgemein für eine Liberalisierung
des Waffenrechts ein: Jeder mündige und rechtschaffene Bürger solle
eine Waffe besitzen können.
Auch die FPÖ appellierte an Innenminister Sobotka, die 9-Millimeter-
Beschränkung zu überdenken. Überdies sprachen sich die Abgeordneten
Günther Kumpitsch, Christian Lausch und Walter Rosenkranz dafür aus,
die Sonderregelungen für PolizistInnen auch auf MilitärpolizistInnen
und JustizwachebeamtInnen auszudehnen. Die vorgesehene Regelung sei
eine "grobe Geringschätzung von Justizwachbeamten", sagte Lausch.
Insgesamt wird mit der Novelle zum Waffengesetz aber ein mehr an
Sicherheit erreicht, ist Rosenkranz überzeugt.
Allgemein merkte Rosenkranz an, seine Fraktion sehe, was die
Sinnhaftigkeit der vorgesehenen Gesetzesnovellen anlangt, "ein
glattes Unentschieden". In diesem Sinn will er eine getrennte
Abstimmung im Nationalrat erwirken.
Grundsätzliche Zustimmung der NEOS zum Sammelnovelle
Grundsätzliche Zustimmung zur Sammelnovelle kam von NEOS-Abgeordnetem
Nikolaus Alm, auch wenn er einzelne kritische Punkte ortet. Es
widerspreche etwa der angestrebten Deregulierung, wenn
Tourismusbetriebe Meldezettel künftig sieben Jahre aufbewahren
müssen, unterstrich er. Keine Einwände hat er gegen die Änderungen im
Waffengesetz, obwohl es den NEOS ihm zufolge in Summe lieber wäre,
wenn es weniger private Waffen in Österreich gibt.
Seitens der Koalitionsparteien begrüßten sowohl Angela Lueger (S) als
auch Wolfgang Gerstl (V) die Neuregelung für "Sternenkinder", auch
wenn diese nicht ganz der vom Nationalrat gefassten Entschließung
entspreche. Nach Meinung von Gerstl wurde aber eine Lösung gefunden,
die tauglich ist. Trauerarbeit würde damit in Zukunft erleichtert.
Für Lueger gehen auch die Neuerungen für gleichgeschlechtliche Paare
in die richtige Richtung.
Den vorgesehenen Rechtsanspruch von PolizistInnen auf einen
Waffenpass wertete Rudolf Plessl (S) als vernünftigen Kompromiss. Es
gehe nicht um die Frage der Verlässlichkeit, sondern um den Bedarf,
betonte er. Wenn jemand eine größere Waffe besitzen wolle, könne er
um eine entsprechende Erweiterung des Waffenpasses ansuchen.
Abgeordneter Gerstl sprach alles in allem von einem Mehr an
Sicherheit.
Überlegen sollte man sich nach Meinung von Plessl, ob die derzeit vom
jeweiligen Polizeikommandanten erteilte Ermächtigung, eine
Dienstwaffe auch privat zu tragen, künftig nicht besser der
Entscheidung der Dienstbehörde obliegen soll. In Zusammenhang mit der
Verlängerung der Auskunftssperre im Melderegister machte er darauf
aufmerksam, dass man auch über die Wählerevidenz Zugang zu Meldedaten
bekommen könne. In Richtung Abgeordnetem Hagen hielt Plessl fest, was
er nicht wolle, seien Verhältnisse wie in Amerika.
Sobotka: Österreich hat eines der restriktivsten Waffengesetze
Innenminister Wolfgang Sobotka verteidigte die Sonderregelungen für
ExekutivbeamtInnen im Waffengesetz. Der Unterschied zu anderen
Berufsgruppen sei, dass bei der Polizei regelmäßig Schießtrainings
stattfinden, erklärte er. Überdies könnten sich JustizwachebeamtInnen
nicht in den Dienst stellen.
Sobotka sieht die neue Regelung vor allem als präventive Maßnahme,
zudem gebe es ein tiefes Bedürfnis von PolizistInnen auch privat eine
Waffe zu tragen, wenn sie wollen. Dass es zu einem steigendem Druck
auf die BeamtInnen kommt, sich in ihrer Freizeit in den Dienst zu
stellen, glaubt er nicht. Keine Daten liegen laut Sobotka
hinsichtlich der Zahl der AsylwerberInnen vor, die derzeit eine Waffe
haben. Allgemein betonte der Minister, Österreich habe eines der
restriktivsten, gleichzeitig aber eines der anwenderfreundlichsten
Waffengesetze in der EU.
Was die weiteren Gesetzesänderungen betrifft, hob Sobotka unter
anderem die Schaffung praktikablerer Bestimmungen für gemeinnützige
Stiftungen und die vorgesehenen Erleichterungen für Tourismusbetriebe
bei der Anmeldung von Reisegruppen hervor. Die Erhöhung der
Auskunftssperre im Melderegister diene vor allem dazu, Frauen besser
vor Gewalttätern zu schützen. Nicht zu verhindern ist laut dem
Innenminister, dass der Vertreter einer Partei oder ein Wahlbeisitzer
in der Wählerevidenz zufällig auf die Adresse einer Person stößt, für
die im Melderegister eine Auskunftssperre besteht. (Fortsetzung
Innenausschuss) gs
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