Wien (OTS) - Der Artikel „Sex-Täter riss Frau Bikini vom Leib“,
erschienen am 24.07.2016 auf „oe24.at“, verstößt laut Senat 1 des
Presserats gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse.
Im Artikel wird berichtet, dass es am Oedter See zu einem sexuellen
Übergriff gekommen sein soll. Ein Schwarzer soll dort einer Frau den
Bikini-Oberteil weggerissen haben. Als der Freund des Opfers diesem
zu Hilfe gekommen sei, soll der Täter ihn gemeinsam mit einem
weiteren Mann zu Boden gerissen und getreten haben, bis Freunde des
Paares eingeschritten seien. Die Täter hätten daraufhin zu flüchten
versucht, seien aber von Polizeistreifen und dem privaten Wachdienst
vor Ort gestellt worden.
Im Artikel wird zunächst von einem angeblichen Vorfall berichtet.
Dann wird allerdings der Eindruck erweckt, als ob es sich um einen
bestätigten Vorfall handle. Aus dem Artikel ergibt sich kein Hinweis
darauf, woher die Information über den angeblichen Vorfall stammt.
Auf Anfrage ist dem Presserat von der LPD Oberösterreich mitgeteilt
worden, dass sich der Vorfall nicht so wie im Artikel beschrieben
zugetragen hat. Insbesondere sei niemandem ein Bikini-Oberteil
heruntergerissen worden, es habe auch keine Tätlichkeiten gegeben.
Laut Polizei haben sich lediglich drei Männer neben die Badetücher
anderer Gäste gelegt und um Geld sowie Zigaretten gebettelt.
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat in dem Artikel einen Verstoß
gegen die im Punkt 2 des Ehrenkodex geforderte Korrektheit und
Gewissenhaftigkeit bei Recherche und Wiedergabe von Nachrichten.
Darüber hinaus erkennt der Senat auch auf einen Verstoß gegen Punkt 7
des Ehrenkodex (Schutz vor Pauschalverunglimpfungen und
Diskriminierung), weil durch den Artikel Flüchtlinge pauschal
verunglimpft und diskriminiert werden. Der Senat fordert die
Medieninhaberin von „oe24.at“ auf, die Entscheidung freiwillig in dem
betroffenen Medium zu veröffentlichen.
Zudem hat sich der Senat auch mit einem Artikel in der OÖ-Ausgabe der
„Kronen Zeitung“ zu demselben Vorfall beschäftigt. Diesen Artikel hat
der Senat jedoch nicht als Ethikverstoß gewertet, weil die Zeitung
zwei Tage später über die tatsächlichen Umstände des Falles
aufgeklärt hat.
SELBSTÄNDIGES VERFAHREN AUFGRUND EINER MITTEILUNG EINES LESERS bzw.
AUS EIGENER WAHRNEHMUNG
Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen
Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und
Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der Senate des
Presserats sind weisungsfrei und unabhängig.
Im vorliegenden Fall führte der Senat 1 des Presserats aufgrund einer
Mitteilung eines Lesers bzw. auf eigene Initiative ein Verfahren
durch (selbständiges Verfahren aufgrund einer Mitteilung und aus
eigener Wahrnehmung). In diesem Verfahren äußert der Senat seine
Meinung, ob die Artikel den Grundsätzen der Medienethik entsprechen.
Die Medieninhaberinnen von „oe24.at“ und der „Kronen Zeitung“ haben
von der Möglichkeit, an dem Verfahren teilzunehmen, keinen Gebrauch
gemacht.
Die Medieninhaberinnen der Tageszeitung „Österreich“ und der „Kronen
Zeitung“ haben sich der Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats bisher
nicht unterworfen.
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