- 09.11.2016, 11:22:24
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Mindestsicherung: Weder österreichweite Kürzung noch Aufsplitterung in neun Modelle sinnvoll
ÖGB und AK befürchten Armut, Stigmatisierung und Schwarzarbeit
Utl.: ÖGB und AK befürchten Armut, Stigmatisierung und Schwarzarbeit =
Wien (OTS/ÖGB) - „Es hat den Anschein, dass sich manche
Regierungs-und Landespolitiker nicht mehr daran erinnern können,
wofür die bedarfsorientierte Mindestsicherung eingeführt wurde:
nämlich als Maßnahme zur Armutsbekämpfung, die österreichweit
einheitliche Standards festlegt. Kürzungsforderungen, die die Idee
der Mindestsicherung ad absurdum führen, bewirken genau das Gegenteil
– sie sind der sichere Weg in Armut und steigende Kriminalität“,
kritisieren ÖGB-Präsident Erich Foglar und AK-Präsident Rudi Kaske.
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Sozialminister Alois Stöger wollte die Ende 2016 auslaufenden
Regelungen für die BMS verlängern und eine entsprechende Vereinbarung
mit den Bundesländern abschließen. „Vor allem die Länder
Niederösterreich und Oberösterreich stellten allerdings nicht die
Armutsbekämpfung in den Mittelpunkt ihrer Politik, sondern die –
höchstwahrscheinlich rechtswidrige – Schlechterstellung von
Asylberechtigten gegenüber anderen Anspruchsberechtigten“, kritisiert
Foglar. „Die bedarfsorientierte Mindestsicherung ist ein wichtiger
Beitrag zur Armutsbekämpfung. Sie unterstützt diejenigen, die am
meisten Hilfe brauchen. Wir müssen sie weiterentwickeln, aber nicht
in Richtung ´Sozialabbau´“, erklärt Kaske und warnt davor, das letzte
Auffangnetz gegen Armut mutwillig zu zerreißen: „Es muss allen klar
sein, dass Dumping bei der Mindestsicherung, wie etwa in
Oberösterreich, den Betroffenen die Lebensgrundlage entzieht und nur
Schwarzarbeit fördert. Das kann doch niemand ernsthaft wollen.“
Minister Stöger ist den Bundesländern mit immer weitergehenden
Kompromissvorschlägen entgegengekommen, um das Grundprinzip
„einheitliche Lösung für Österreich statt Sozialabbau in den Ländern“
zu erhalten. Diese Kompromissvorschläge sind zwar als Rettungsversuch
zu würdigen, widersprechen aber dem Gesetzesziel, bundesweit
einheitliche Standards zur Armutsbekämpfung einzuführen, ein Ziel, zu
dem sich AK und ÖGB vollinhaltlich bekennen. Auch Stögers Forderung,
Alleinerziehende, Aufstocker und Menschen mit Behinderungen von der
Deckelung auszunehmen, scheiterte am Widerstand der
ÖVP/FPÖ-dominierten Länder. „Es ist bedauerlich, dass es zu keinem
Kompromiss gekommen ist, denn jetzt droht die totale Zersplitterung
mit länderweise unterschiedlichen Kürzungen. Die direkte Folge heißt
Sozialtourismus.“
Die drohenden Folgen der Zersplitterung
Die Kürzungen, die manche Bundesländer andenken oder bereits
umsetzen, werden zu großen sozialen Spannungen führen. Beispiel
Asylberechtigte: Sie sollen nur mehr eine Leistung in Höhe der
Grundsicherung für AsylwerberInnen bekommen – ohne aber wie diese
Anspruch auf Unterbringung zu haben. Foglar: „Es stellt sich die
Frage, wie sie davon eine menschenwürdige Wohnung mieten sollen. Die
Kürzung könnte im Extremfall zu Ghettobildung und zum Abrutschen in
die Kriminalität führen.“ Außerdem droht ein Anstieg der Armut,
Stigmatisierung durch Wegfall der E-Card und Einführung einer Art
„Armen-Krankenschein“ sowie die Wiedereinführung des Regresses – was
wiederum den Anreiz, Arbeit anzunehmen, kleiner macht. „Alles in
allem: ein großer Rückschritt in der gesellschaftlichen Entwicklung
Österreichs und ein Einfallstor für künftigen Sozialabbau.“
Deshalb appellieren Foglar und Kaske erneut an alle Beteiligten: „Bis
zum 31. Dezember ist noch genug Zeit, das Ruder herumzureißen. Es
wäre mehr als bedauerlich, wenn eines der fortschrittlichsten
Sozialgesetze der letzten Jahre am Föderalismus scheitert.“(fk)
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