- 04.11.2016, 13:20:49
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Wiener Tierschutzverein: Jagd - VfGH knallt Rechte von Waldeigentümern ab
VfGH spricht Eigentümern Recht auf Entscheidung über Bejagung ihres Grundstücks ab. WTV-Präsidentin Petrovic: „Wie viele Richterinnen und Richter im VfGH sind Jägerinnen oder Jäger?“
Utl.: VfGH spricht Eigentümern Recht auf Entscheidung über Bejagung
ihres Grundstücks ab. WTV-Präsidentin Petrovic: „Wie viele
Richterinnen und Richter im VfGH sind Jägerinnen oder Jäger?“ =
Vösendorf (OTS) - Darf ein Grundstückseigentümer selbst entscheiden,
ob in seinem Wald gejagt werden darf? Ja, sollte man meinen. Doch
nicht so in Österreich, wie nun auch ein aktuelles Zwischenurteil des
Verfassungsgerichtshofes (VfGH) untermauert. Anlassfall war die
Antragsstellung eines Kärntners, der aus ethischen Gründen seine
Grundstücke für jagdfrei erklären lassen wollte. Dieser Fall steht
allerdings stellvertretend für mehrere Liegenschaftseigentümerinnen
und -eigentümer in ganz Österreich, die sich die Zwangsbejagung auf
ihrem Grund und Boden nicht mehr gefallen lassen wollen. Im Rahmen
einer Bürgerinitiative gegen die Zwangsbejagung
(http://www.zwangsbejagung-ade.at) setzen immer mehr
Liegenschaftseigentümer rechtliche Schritte gegen die Nutzung ihrer
Grundstücke für die Jagd und das Töten von Tieren. „Immer mehr
Menschen lehnen dies aus ethischen Gründen ab oder fürchten schlicht
und einfach die gefährliche Ballerei, die auch immer wieder
Menschenleben kostet, in ihrer Nähe“, sagt Madeleine Petrovic,
Präsidentin des Wiener Tierschutzvereins.
„Natürliche Jäger“ haben in Ö keine Chance
Da bereits in zwei Instanzen gegen den Antrag des Kärntners
entschieden wurde, wurde nun in letzter Instanz der VfGH bemüht -
ebenfalls mit für die Waldbesitzerinnen und -besitzer sowie den
Tierschutz negativem Ausgang. „Diese Entscheidung ist wieder einmal
ein Schlag ins Gesicht für die Tierschutzbewegung in Österreich. Der
WTV fordert die Offenlegung darüber, wie viele der Richterinnen und
Richter im Verfassungsgerichtshof Jägerinnen oder Jäger sind“, so
WTV-Präsidentin Madeleine Petrovic. Es sei erstaunlich, wie der VfGH
hier agiere und es offenbar im Vorfeld nicht für nötig hielt, in der
Sache genauer zu recherchieren. Den Argumenten für die Jagd stünden
nicht nur gewichtige Argumente der Kritikerinnen gegenüber, sondern
auch praktische Erfahrungen aus Regionen weltweit, welche die Jagd
gänzlich verboten haben, so die Präsidentin weiter. In diesen
Regionen spielte sich das ökologische Gleichgewicht, welches von
Jagdbefürwortern ja immer wieder fälschlicherweise gerne als Argument
pro Jagd herangezogen wird, durch die Zuwanderung von natürlichen
Jägern wie Wolf, Luchs und Bär von selbst ein. „Dass redliche Bürger,
die lediglich ihr Recht einfordern und auf die Natur achten wollen,
jetzt in „Jubelaussendungen“ von Landesjagdverbänden auch noch
verächtlich als militante Tierschützer bezeichnet werden, setzt dem
Ganzen noch Krone auf“, so Petrovic.
Österreich - Land der Zwangsjagd
Was viele Menschen zudem nicht wissen: In Österreich ist man als
privater Grundstückseigentümer quasi automatisch Zwangsmitglied in
der jeweiligen Jagdgenossenschaft. Weiter negiert der VfGH mit seinem
Beschluss bereits vorhandene Rechtsprechung auf höchstgerichtlicher
europäischer Ebene. Denn für Länder wie Luxemburg, Frankreich und
Deutschland wurde vom EMGR (dem Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte), sprich in allerhöchster Instanz, entschieden, dass
es gegen das Grundrecht auf Eigentumsfreiheit verstößt, wenn ein
Grundbesitzer nicht selbst entscheiden kann, ob er die Jagd auf
eigenem Grund und Boden duldet oder nicht.
„Noch erstaunlicher ist die Begründung des VfGH, dass eine Umzäunung
des eigenen Waldes für Waldbesitzerinnen und –besitzer zumutbar ist.
In vielen Fällen ist das weder möglich, noch wirtschaftlich tragbar
und entspricht nicht den klaren Intentionen des Forstrechts: Denn der
Wald soll der Allgemeinheit dienen, den Menschen zur Erholung, den
Tieren als Lebensraum und er darf nur in eng definierten
Ausnahmefällen eingezäunt werden. Und diese Ausnahmen sind eher
problematisch“, so Petrovic.
Und die Präsidentin fügt abschließend hinzu: „Traurig, dass
Österreich in einem weiteren Punkt den Zug der modernen Zeit in
Europa verpasst: Warum das ansonsten gut geschützte Eigentum gerade
zum Töten von Wildtieren verletzt werden darf, verstehen vor allem
junge Menschen gar nicht mehr. Mit dieser derartigen Judikatur -
gefährlich wie eine Gewehrkugel - wird ein modernes Verständnis von
ökologischer Waldpflege und Wildhege abgeknallt“.
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