Wien (OTS) - Der Artikel „Welche ‚Österreich‘-Journalistin angelt
sich den nächsten Politiker?“, erschienen in der Zeitschrift „Der
Österreichische Journalist“ vom 27.06.2016, verstößt laut Senat 1 des
Presserats gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse.
In dem Artikel beschäftigt sich der Verfasser damit, dass mehrere bei
der Verlagsgruppe „Österreich“ tätige Journalistinnen mit Politikern
liiert seien und stellt die Frage „Welche ‚Österreich‘-Beauty krallt
sich den nächsten Politiker?“ Danach wird angemerkt, dass eine im
Beitrag namentlich genannte Journalistin dabei „[h]öchst im Kurs
stehe“ und „dass sie die ihr gerüchteweise zugesprochene ‚Weiße
Leber‘ jederzeit in eine ordentliche Beziehung einbringen könnte.“
Eine Leserin beanstandet, dass mit dem Begriff „Weiße Leber“
umgangssprachlich gemeint sei, dass die Journalistin eine Nymphomanin
sei.
Die Medieninhaberin der Zeitschrift hat in dem Verfahren vorgebracht,
dass es sich bei dem kritisierten Beitrag um Satire handle und dies
dem journalistischen Fachpublikum, an das sich dieses Medium richte,
auch bekannt sei. Der entzerrte Aussagekern der Satire sei hier, dass
mehrere „Österreich“-Journalistinnen mit prominenten Personen
Beziehungen eingegangen seien, und es werde eine Spekulation
angestellt, dass die genannte Journalistin unter Umständen die
Nächste sei.
Der Senat hält zunächst fest, dass in einer Satire durch
Übertreibung, Ironie, Zuspitzungen und (beißenden) Spott Kritik an
Personen oder Ereignissen geübt wird. Bei satirischen Beiträgen
reicht die Presse- und Meinungsfreiheit weiter als bei anderen
Artikeln.
Nach Ansicht des Senats ist der Inhalt des vorliegenden Beitrags
nicht satirisch angelegt. Es mag zwar sein, dass die beanstandete
Passage zugespitzt klingt. Dies alleine bedeutet jedoch nicht, dass
der Beitrag als Satire einzustufen ist.
Selbst wenn man die gegenteilige Auffassung der Medieninhaberin
teilen sollte, wirkt sich das im vorliegenden Fall nicht zugunsten
des Mediums aus: Auch in einem satirischen Beitrag ist nämlich nicht
jeder Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Einzelnen
gerechtfertigt, so der Senat weiter. Die Behauptung, dass es Gerüchte
gebe, wonach die namentlich genannte Journalistin eine „Weiße Leber“
habe und somit nymphomanisch veranlagt sei, verletzt nach Ansicht des
Senats jedenfalls den Persönlichkeitsbereich und die Intimsphäre der
Betroffenen. In dem Beitrag werden Gerüchte über ihr Sexualleben
verbreitet. Dadurch wird sie in der Öffentlichkeit bloßgestellt.
Der Senat stellt daher Verstöße gegen die Punkte 5
(Persönlichkeitsschutz) und 6 (Intimsphäre) des Ehrenkodex für die
österreichische Presse fest. Die betroffene Medieninhaberin wird
aufgefordert, die Entscheidung freiwillig zu veröffentlichen.
Selbständiges Verfahren aufgrund einer Mitteilung einer
Leserin
Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen
Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und
Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der Senate des
Presserats sind weisungsfrei und unabhängig.
Im vorliegenden Fall führte der Senat 1 des Presserats aufgrund einer
Mitteilung einer Leserin ein Verfahren durch (selbständiges Verfahren
aufgrund einer Mitteilung). In diesem Verfahren äußert der Senat
seine Meinung, ob eine Veröffentlichung den Grundsätzen der
Medienethik entspricht. Die Medieninhaberin der Zeitschrift „Der
Österreichische Journalist“ hat von der Möglichkeit, an dem Verfahren
teilzunehmen, Gebrauch gemacht.
Die Medieninhaberin der Zeitschrift „Der Österreichische Journalist“
hat sich der Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats bisher nicht
unterworfen.
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | OPR