• 21.09.2016, 15:45:23
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Bundespräsidenten-Stichwahl: Nationalrat fixiert 4. Dezember als Wahltermin

FPÖ und Team Stronach stimmen gegen Gesetzesantrag

Utl.: FPÖ und Team Stronach stimmen gegen Gesetzesantrag =

Wien (PK) - Nun ist es so gut wie fix. Die Wiederholung der
Bundespräsidenten-Stichwahl wird am 4. Dezember, und nicht wie
ursprünglich geplant am 2. Oktober, stattfinden. Ein entsprechender
Beschluss wurde heute vom Nationalrat gefasst. Neben den
Koalitionsparteien stimmten auch die Grünen und die NEOS für den
neuen Wahltermin und stellten damit die erforderliche
Zweidrittelmehrheit sicher. Für den Abschluss des parlamentarischen
Verfahrens braucht es nun noch den Sanktus des Bundesrats, er wird
sich in einer außertourlichen Sitzung am Freitag mit der Änderung des
Bundespräsidentenwahlgesetzes befassen.

Basis für den Beschluss des Nationalrats bildete ein vergangene Woche
eingebrachter Gesetzesantrag, der neben der Wahlverschiebung auch die
Festlegung eines neuen Stichtags und damit verbunden die
Aktualisierung der Wählerverzeichnisse zum Inhalt hat. Durch diese
Bestimmungen wird auch jenen ÖsterreicherInnen die Teilnahme an der
Wahl am 4. Dezember ermöglicht, die nach dem ersten Wahlgang am 24.
April das 16. Lebensjahr vollendet haben. Den WählerInnen wird
außerdem ausdrücklich gestattet sein, das Kuvert mit dem Stimmzettel
selbst in die Wahlurne zu werfen, ein entsprechender Zusatzantrag
wurde bei der Abstimmung mit angenommen.

Grund für die Verschiebung der Stichwahl sind schadhafte Briefwahl-
Kuverts. Aufgrund gehäufter Meldungen über sich auflösende
Klebestellen wäre es nach Meinung von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS nicht
möglich gewesen, am 2. Oktober eine ordnungsgemäße und faire Wahl
durchzuführen. Damit sich die Panne nicht wiederholen kann, werden
bei der Wahl am 4. Dezember auch andere Wahlkuverts zum Einsatz
kommen, nämlich solche, die schon zwischen 1990 bis 2009 in
Verwendung standen. Gegen die Wahlverschiebung stimmten die FPÖ und
das Team Stronach, wobei FPÖ-Chef Heinz Christian Strache von einer
der größten Peinlichlichkeiten der Zweiten Republik sprach.

Durch die Verschiebung des Wahltermins verzögert sich auch die
Angelobung des neuen Bundespräsidenten ein weiteres Mal. Als Termin
für die Sitzung der Bundesversammlung ist nun der 26. Jänner 2017 in
Aussicht genommen. Darüber wurde am Montag in der Präsidiale des
Nationalrats Einvernehmen erzielt.

Zentrales Wählerregister könnte schon im November beschlossen werden

In der Debatte verteidigten neben den Klubobleuten Andreas Schieder
(S), Eva Glawischnig-Piesczek (G) und Matthias Strolz (N) unter
anderem auch die Abgeordneten Wolfgang Gerstl (V), Albert Steinhauser
(G) und Nikolaus Scherak (N) die Wahlverschiebung. Angesichts der
aufgetretenen Probleme bleibe dem Parlament gar nichts anderes übrig,
als einen entsprechenden Beschluss zu fassen, unabhängig von der
Frage der Schuld und der Verantwortung, hielt etwa Schieder fest.
Auch für NEOS-Chef Strolz ist eine Verschiebung der Wahl angesichts
der Dimension der Probleme die einzige mögliche Antwort, auch wenn
die BürgerInnen schon genervt seien, wie er meinte.

Jede Stimme zähle, hoben sowohl ÖVP-Verfassungssprecher Gerstl als
auch Grünen-Klubobfrau Glawischnig-Piesczek hervor. Anders als die
FPÖ seien die Grünen nicht bereit, den Verlust von tausenden
Wählerstimmen bei der Wahl in Kauf zu nehmen, hielt Glawischnig fest.
Ihrer Meinung nach wäre es verantwortungslos, WählerInnen, die
schuldlos ein schadhaftes Briefwahl-Kuvert bekommen haben, ihres
Wahlrechts zu berauben. Die FPÖ führe in dieser Frage einen
"argumentativen Eiertanz" auf, kritisierte NEOS-Abgeordneter Scherak,
man könne nicht auf der einen Seite die demokratiepolitische
Bedeutung des Wahlrechts für jeden Einzelnen hervorheben,
gleichzeitig aber gegen die Wahlverschiebung stimmen. Für Gerstl ist
besonders erfreulich, dass am 4. Dezember auch 76.000 Jugendliche
wählen werden können, die im ersten Wahlgang noch nicht
wahlberechtigt waren.

Kritik an der FPÖ gab es auch in anderen Punkten. So warfen
Glawischnig und ihr Fraktionskollege Dieter Brosz der FPÖ vor, mit
der Hinterfragung des Wahlrechts für besachwaltete Personen und der
Forderung nach einer weitgehenden Abschaffung der Briefwahl, Menschen
sukzessive von der Wahl ausschließen zu wollen. Für Grünen-
Justizsprecher Steinhauser ist es zudem demokratiepolitisch äußerst
bedenklich, dass jene Partei, die die vom Verfassungsgerichtshof
aufgehobene Bundespräsidenten-Stichwahl verloren hat, "den Mythos von
Manipulationen pflegt". Schließlich sei der eigentliche Skandal, dass
Alexander Van der Bellen "durch unglaubliche Schlampereien der
Wahlbehörden um sein Amt gebracht wurde".

Gegen Verschwörungstheorien wandte sich auch SPÖ-Klubchef Schieder.
Das Vertrauen in die Demokratie habe ohnehin schon genug Schaden
genommen, erklärte er und appellierte an beide Seiten, einen fairen
Wahlkampf zu führen. Das Zentrale Wählerregister könnte laut Schieder
schon im November vom Nationalrat beschlossen werden, eine Sitzung
des Verfassungsausschusses ist für Mitte Oktober anberaumt.

WählerInnen sollen Wahlkuvert selbst in Urne werfen

Der gemeinsame Abänderungsantrag von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS zur
Frage des Einwerfens des Wahlkuverts in die Wahlurne wurde von
Abgeordnetem Nikolaus Prinz eingebracht. Demnach obliegt es künftig
primär den WählerInnen selbst, das Kuvert mit dem Stimmzettel in die
Urne zu legen. Will das jemand nicht machen, kann er das Kuvert auch
weiterhin dem Wahlleiter zum Einwerfen übergeben. Angesichts der
zusätzlichen finanziellen Belastung der Gemeinden durch die
Wiederholung und Verschiebung der Stichwahl sprach sich Prinz für
einen Kostenersatz für die Gemeinden aus.

Strache: Wahlverschiebung ist "echtes Armutszeugnis"

Zu scharfen Worten griff FPÖ-Chef Heinz Christian Strache. Die
Wahlverschiebung sei ein echtes Armutszeugnis, eine Blamage für
Österreich, hielt er fest und sprach von einer der größten
Peinlichkeiten der Zweiten Republik. Zudem machte er geltend, dass es
nachweisbar schon bei der Nationalratswahl 2013 erste Problemfälle
mit Briefwahl-Kuverts gegeben haben. Mit einiger Umsicht hätte man
seiner Meinung nach die Wahlverschiebung verhindern können. Diese
Ansicht vertrat auch FPÖ-Abgeordneter Günther Kumpitsch.

Als Konsequenz aus den Vorkommnissen forderte Strache nicht nur einen
Rücktritt des für Wahlangelegenheiten zuständigen Abteilungsleiters
im Innenministerium, sondern auch eine generelle Reform der
Briefwahl. Ein Zentrales Wählerregister, die Möglichkeit der
Stimmabgabe in allen Wahllokalen und ein Vor-Wahl-Tag könnten seiner
Meinung nach dazu beitragen, Missbrauchsmöglichkeiten gravierend
einzudämmen. Strache plädierte außerdem dafür, sich die für die
schadhaften Briefwahl-Kuverts verantwortliche Druckerei "etwas näher
anzusehen", die veröffentlichten Bilanzen seien nicht sehr
vertrauenserweckend.

Auf eine Reform der Briefwahl drängten auch Straches
FraktionskollegInnen Harald Stefan und Petra Steger. Man wisse bei
einer Briefwahlstimme nicht, wer tatsächlich "das Kreuzerl" gemacht
habe und ob die Stimmabgabe unbeeinflusst erfolgt sei, meinte etwa
Stefan. Er sprach sich daher dafür aus, die Briefwahl künftig nur
noch auf AuslandsösterreicherInnen und auf ÖsterreicherInnen, die
sich im Ausland aufhalten, einzuschränken. Den Vorwurf, die FPÖ wolle
damit Menschen das Wahlrecht nehmen, wies er vehement zurück.

Die FPÖ verbreite auch keine Verschwörungstheorien, bekräftigte
Steger. Vielmehr sei es wichtig und notwendig, dass jemand bei Wahlen
genau hinschaue. Dass von vielen Seiten nun die Entscheidung des
Verfassungsgerichtshofs angezweifelt wird, die Stichwahl aufzuheben,
ist für Steger demokratiepolitisch bedenklich.

Zwei Punkte der vorliegenden Gesetzesinitiative trug die FPÖ
allerdings mit: Sie stimmte in Zweiter Lesung sowohl für das
persönliche Einwerfen des Wahlkuverts in die Urne durch die
WählerInnen als auch für die Aktualisierung der Wählerverzeichnisse.
Die FPÖ wolle jungen Menschen die Chance geben, an der Wahl
teilzunehmen, erklärte Stefan, wiewohl man es als nicht ganz
unproblematisch sehe, dass es damit zu keiner echten Wahlwiederholung
komme.

Team Stronach hält Neuauflage der Wählverzeichnisse für problematisch

Zur Gänze abgelehnt wurde der Gesetzesantrag vom Team Stronach,
allerdings nicht wegen der Wahlverschiebung, wie Klubobmann Robert
Lugar erklärte. Ihm und seinem Fraktionskollegen Christoph Hagen
bereitet vielmehr die Aktualisierung des Wählerverzeichnisses "großes
Bauchweh". Durch die Neufestsetzung des Stichtags werde die Vorgabe
des Verfassungsgerichtshofs, die Wiederholung der Stichwahl zu
denselben Bedingungen abzuhalten wie den ursprünglichen Urnengang,
nicht erfüllt. Hagen hält es außerdem für demokratiepolitisch äußert
bedenklich, dass nunmehr WählerInnen bei der Stichwahl wahlberechtigt
sein werden, die im ersten Wahlgang nicht mitwählen durften.

Abgeordneter Marcus Franz (o.F.) sprach sich schließlich dafür aus,
sich mit der Frage des Wahlrechts für Demenzkranke intensiv
auseinanderzusetzen. Es gebe schon derzeit rund 100.000 Demenzkranke
in Österreich, diese Zahl werde künftig deutlich steigen,
prognostizierte er. Viele der Betroffenen würden per Briefwahl
wählen, was Missbrauchsmöglichkeiten eröffne. (Fortsetzung
Nationalrat) gs

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