- 14.09.2016, 21:17:55
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EU-Kommissarin Malmström wirbt bei Parlamentarischer Enquete für CETA
ÖVP und NEOS für Abschluss des Abkommens, andere Fraktionen skeptisch
Utl.: ÖVP und NEOS für Abschluss des Abkommens, andere Fraktionen
skeptisch =
Wien (PK) - EU-Kommissarin Cecilia Malmström ist nach wie vor
überzeugt, dass das EU-Freihandelsabkommen mit Kanada, CETA, auch für
Österreich große Vorteile bringen wird. Österreich werde als am
viertmeisten globalisiertes Land eingestuft, mehr als 750.000
Arbeitsplätze seien von Exporten außerhalb der EU abhängig, machte
sie bei der heutigen Parlamentarischen Enquete im Nationalrat zu CETA
und TTIP geltend. CETA ist nach Meinung von Malmström überdies das
beste Abkommen, das die EU jemals abgeschlossen hat, es verbessere
auch die Möglichkeit landwirtschaftliche Produkte zu exportieren.
Wirklich überzeugen konnte Malmström die KritikerInnen unter den
Abgeordneten jedoch nicht, lediglich die ÖVP und die NEOS stellten
sich ausdrücklich hinter den Vertrag.
Malmström versicherte, dass CETA nicht darauf ausgerichtet sei, den
großen internationalen Konzernen zu mehr Gewinn zu verhelfen.
Vielmehr gehe es darum, allgemeinen Nutzen für die Bevölkerung zu
schaffen. Die Europäische Kommission habe nicht jahrelang über das
Abkommen verhandelt, um den EU-BürgerInnen irgendetwas aufzuzwingen,
was ihnen Nachteile bringt.
Zu den immer wieder geäußerten Bedenken gegen das Abkommen merkte
Malmström an, Kanada sei "kein böses Land" sondern ein Freund und
Verbündeter der EU mit gemeinsamen Interessen und ähnlichen Werten
wie die europäischen Länder. Lebensmittelsicherheit und Umwelt seien
auch den KanadierInnen wesentliche Anliegen. Zudem habe man das
"Recht auf Regulierung im öffentlichen Interesse" ausdrücklich im
Abkommen verankert sowie öffentliche Dienstleistungen und die
Daseinsvorsorge geschützt. Ebenso wenig verpflichte CETA zu
Privatisierungen. Auch die vorgesehenen Investitionsschutzregelungen
untergraben Malmström zufolge nicht das Recht, BürgerInnen und Umwelt
zu schützen.
Die EU sei in der Krise, aber nicht wegen abgeschlossener
Handelsabkommen, hielt Malmström den kritischen Stimmen entgegen.
Derzeit wird ihrer Auskunft nach insgesamt über rund 20
Handelsabkommen verhandelt, unter anderem mit Japan, Indonesien,
afrikanischen Ländern und Mexiko. Eine Hintertür für US-amerikanische
Unternehmen bietet CETA laut Malmström nicht, da eine
Zweigniederlassung in Kanada nicht ausreiche, um vom Abkommen zu
profitieren.
Was das weitere Prozedere hinsichtlich des Vertragsabschlusses
betrifft, informierte Malmström, dass die vorläufige Anwendung des
EU-Teils von CETA einer qualifizierten Mehrheit der EU-Länder im Rat
bedürfe. Eine vorläufige Geltung jener Teile, die in die
Zuständigkeit der Mitgliedsländer fallen, müsste einstimmig
beschlossen werden. Endgültig in Kraft treten kann das Abkommen nur
nach einer Ratifikation durch alle EU-Länder, wobei Malmström einen
bis zu vierjährigen Ratifikationsprozess erwartet.
SPÖ bleibt skeptisch
Der überwiegende Teil der Fraktionen ließ sich von Malmströms Werben
allerdings nicht überzeugen. So meinte etwa Christoph Matznetter von
der SPÖ, dass seine Skepsis gegenüber CETA durch die heutige Enquete
nicht beseitigt wurde. Auch sein Fraktionskollege Josef Cap bekannte
sich dazu, nach wie vor ein Kritiker des Abkommens zu sein. Er
befürchtet sehr wohl, dass CETA als Hintertür für TTIP fungieren
könnte. Besonders skeptisch steht Cap den vorgesehenen
Investitionsgerichten gegenüber: Europa habe ein lang entwickeltes
Rechtssystem, Sondergerichte hätten nur dann Sinn, wenn man geltende
Standards aufweichen wolle.
Kassegger: FPÖ war von Anfang an gegen CETA und TTIP
Ähnliche Argumente kamen von den FPÖ-Abgeordneten Johannes Hübner und
Axel Kassegger. Die FPÖ sei von Anfang an gegen CETA und TTIP
gewesen, sagte Kassegger, während es in der SPÖ nunmehr offenbar
einen Gesinnungswandel gebe. Nun wäre es seiner Meinung nach wichtig,
dass Österreich im Rahmen der Unterzeichnung des Vertrags ein klares
Zeichen setzt.
Die Stellungnahme von EU-Kommissarin Malmström wertete Hübner als
"Kaskade an Schönfärberei". Die EU habe bereits jetzt sowohl mit
Kanada als auch mit den USA einen gut ausgebauten Handel mit ganz
wenigen Zollhemmnissen, es gebe keinen Hinweis darauf, dass der
Wohlstand durch CETA und TTIP wesentlich steigen würde, hielt er
gest. Gleichzeitig gebe es aber mehrfache Risiken durch die beiden
Abkommen. Für Hübner ist es entscheidend, inwieweit die EU Österreich
nun "einfach die lange Nase zeigt" oder auf die geäußerten Bedenken
reagiert.
Grüne rufen Regierung zu Unterschriftsverweigerung auf
Grün-Abgeordneter Werner Kogler rief die Regierung dezidiert dazu
auf, die Unterzeichnung von CETA zu verweigern. Sein Fraktionskollege
Wolfgang Pirklhuber stimmte mit der Einschätzung der FPÖ überein,
dass die österreichische Bevölkerung das Abkommen mehrheitlich
ablehne. Er ortet insgesamt eine inkohärente Politik der EU und
vermisst etwa Impulse auf WTO-Ebene zur globalen Etablierung sozialer
Standards und Umweltstandards im Freihandel. Pirklhuber zufolge sind
auch die öffentlichen Leistungen der Gemeinden bei CETA nicht
ausreichend abgesichert. Er bedauert zudem, dass das Wort
Vorsorgeprinzip kein einziges Mal im Abkommen erwähnt werde.
Team Stronach sieht Einwände gegen CETA nicht ausgeräumt
Seitens des Team Stronach betonte Waltraud Dietrich, dass ihre
Fraktion die Einwände gegen CETA - Schiedsgerichtbarkeit, Entmachtung
des Parlaments, jederzeitige Abänderungsmöglichkeit von CETA - nicht
ausgeräumt sieht. CETA müssten im Interesse der Bevölkerung die
Giftzähne gezogen werden, forderte sie. Wolle man den
Glaubwürdigkeitsverlust der EU nicht weiter steigern, müsse die EU-
Kommission die Bedenken ernst nehmen. Niemand im Parlament sei gegen
Handel, sagte Dietrich, es brauche aber einen Handel auf Augenhöhe.
ÖVP: Vorteile für Unternehmen nützen auch ArbeitnehmerInnen
Ausdrücklich befürwortet wurde CETA nur seitens der ÖVP und der NEOS.
Vorteile für Unternehmen würden auch den ArbeitnehmerInnen nutzen,
gab Peter Haubner (V) zu bedenken. Er warnte überdies davor, dass,
wenn Europa die Chance nicht nutze, andere Länder wie Japan dies tun
würden. ÖVP-Bundesrat Martin Preineder machte geltend, dass Kanada
eine Volkswirtschaft mit ähnlicher Werteordnung wie die europäischen
Länder sei. Er erwartet sich von CETA eine bessere Zukunft für die
österreichische Landwirtschaft als ohne das Abkommen.
NEOS: Freihandel nicht am Altar des Populismus opfern
Claudia Gamon von den NEOS hob hervor, dass gerade österreichische
Nischenunternehmen von CETA profitieren würden, etwa durch den Abbau
von Zollschranken und die Verringerung komplexer Zertifizierungen.
Die ÖsterreicherInnen hätten ein ganzes Leben vom Freihandel
profitiert und würden das auch in Zukunft tun, ist sie überzeugt. Man
dürfe Freihandel nicht pauschal ablehnen und "am Altar des Populismus
opfern". Die EU-Kommission hat laut Gamon außerdem beim
Investitionsschutz gezeigt, dass sie beweglich sei. (Schluss Enquete)
gs
HINWEIS: Fotos von der Enquete finden Sie auf der Website des
Parlaments unter www.parlament.gv.at/SERV/FOTO/ARCHIV.
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