• 24.07.2016, 22:00:01
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Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 25. Juli 2016; Leitartikel von Peter Nindler: "Der große Goldrausch ist vorbei"

Innsbruck (OTS) - Der Kriterienkatalog für die Wasserkraftnutzung in
Tirol wurde vielfach belächelt. Doch hätten sich einige
Kraftwerks-entwickler daran gehalten, würde es jetzt kein böses
Erwachen geben. Denn die Kleinwasserkraft plätschert im Minus.

Manchmal muss man die Gemeinden vor sich selbst schützen, und sei
es mit Tabuzonen an Flüssen und Bächen. Obwohl am jüngsten
Verordnungsentwurf der schwarz-grünen Landesregierung mit 108
Tabuzonen einige politische Deals haften, damit es im wahrsten Sinne
des Wortes grünes Licht für die Erweiterung des Kraftwerks
Sellrain/Silz gibt, sollte wahrlich nicht jeder Bach in Tirol verbaut
werden. Der Goldrausch ist außerdem längst vorbei, weil die
Strompreise im Keller sind und die Kleinwasserkraft deshalb zur
Sparbüchse wird. Dennoch hatte man in der (jüngsten) Vergangenheit
das Gefühl, dass trotz nachvollziehbarer Wasserkraftkriterien – auch
für die Wirtschaftlichkeit – Gemeinden und Projektentwickler nicht
auf die Wasser-Nuggets verzichten wollten. Viele hofften
wahrscheinlich auf einen selbsterfüllenden Energierausch.
So darbt der 2011 beschlossene Kriterienkatalog für die
Kleinwasserkraft dahin. So vielschichtig die Gewichtung von
Naturschutz, Energiewirtschaft, Gewässerökologie, Raumplanung und
Wasserwirtschaft auch sein mag, der damalige Energiereferent Toni
Steixner wollte damit vorausschauend die Wassernutzung in geregelte
Bahnen lenken. Was als Unterstützung für die Gemeinden gedacht war,
damit sie sich nicht mit Übereifer in finanzielle Abenteuer stürzen,
wurde vielfach jedoch nicht ernst genommen.
Starrsinnig wurde an den Planungen festgehalten, Kritik an den
überbordenden Naturschutzrichtlinien geübt und politisch gegen die im
Landhaus getrommelt. Dass sich bereits mehr als die Hälfte der
Tiroler Fließgewässer durch (Klein-)Kraftwerke und Verbauungen in
ihrem ökologischen Zustand verschlechtert haben, nahm man
achselzuckend zur Kenntnis. Seit die Energiepreise im Keller sind,
macht sich jedoch Ernüchterung unter den kommunalen
Wasserkrafterzeugern breit. Die Investitionen in die Zukunft erweisen
sich als massive Belastung für die Gegenwart.
Die umweltschonende Nutzung der Wasserkraft in Tirol ist ein
wichtiges Kapital, doch vielleicht führt die aktuelle
Strompreissituation zu einem Umdenken. Die
Tabuzonen sind notwendig, gleichzeitig sollte in Kooperationen und in
die Erneuerung sowie die Modernisierung von Kleinwasserkraftwerken
investiert werden, um eine bessere Energieleistung zu ermöglichen. Zu
gewinnen gibt es derzeit ohnehin nichts. Aber zumindest bei
bestehenden Anlagen macht es durchaus Sinn, ökologische Weichen für
die Zukunft zu stellen. Weil es auch naturbelassene Bäche in Tirol
benötigt.

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