- 29.06.2016, 14:34:50
- /
- OTS0204 OTW0204
Problemkind Milchmarkt: EU will durch Erhöhung der Ankaufsmenge von Magermilchpulver intervenieren
"Kritische Zustimmung" im EU-Ausschuss des Bundesrats
Utl.: "Kritische Zustimmung" im EU-Ausschuss des Bundesrats =
Wien (PK) - "Kritische Zustimmung" gab es heute von den Mitgliedern
des EU-Ausschusses des Bundesrats zum Verordnungsvorschlag der EU-
Kommission, die mengenmäßige Beschränkung für den Ankauf von
Magermilchpulver zum Fixpreis in die öffentliche Intervention von
derzeit 218.000 t auf 350.000 t anzuheben.
Die Maßnahme wird von der EU Kommission mit der Diskrepanz zwischen
Milcherzeugung und Milchmarkt begründet. "Die weltweite Nachfrage
nach Milch und Milcherzeugnissen hat sich im Laufe des Jahres 2015
insbesondere aufgrund der Verhängung und Verlängerung des russischen
Einfuhrverbots und des Rückgangs der Exporte nach China, dem weltweit
größten Importeur von Milcherzeugnissen, verschlechtert. Gleichzeitig
ist das Angebot an Milch in den wichtigsten Milchausfuhrgebieten
allgemein gestiegen", skizziert die Kommission in der Begründung für
die Verordnung die prekäre Milchmarktlage. Dazu kommt, dass nach
Auslaufen der Milchquotenregelung die Milcherzeugung in der EU
zugenommen hat. Die erzeugten Überschussmengen von Milch müssen zu
langfristig lagerfähigen Erzeugnissen - wie z. B. Butter und
Magermilchpulver - verarbeitet werden. Im Jahr 2015 hat die Erzeugung
von Magermilchpulver um 8,1% und jene von Butter um 4,7% zugenommen,
rechnet die Kommission vor. Man schätzt, dass 2016 in der EU mit
einem weiteren Anstieg der Milchanlieferungen um 1,4% zu rechnen ist.
Infolgedessen sind auch die Preise für Magermilchpulver
zurückgegangen, auch bei Butter ist ein Abwärtstrend festzustellen.
Die Verordnung aus dem Jahr 2013 ermöglicht es nun, mengenmäßige
Beschränkungen für den Ankauf von Butter und Magermilchpulver zum
Festpreis festzusetzen (ursprünglich 50.000 Tonnen für Butter und
109.000 Tonnen für Magermilchpulver). Sobald diese Grenzen erreicht
sind, erfolgt der Ankauf im Wege eines Ausschreibungsverfahrens zur
Festsetzung des Höchstankaufspreises. Aufgrund der problematischen
Marktlage im Milchbereich wurde bereits heuer Höchstgrenze für den
Ankauf von Butter und Magermilchpulver zum Festpreis auf das Doppelte
angehoben.
Die ursprüngliche Beschränkung für Magermilchpulver von 109.000
Tonnen war bereits am 31. März 2016 erreicht worden. Nach der
erfolgten Anhebung lagen dann die wöchentlich angekauften Mengen an
Magermilchpulver wesentlich höher als zu Beginn des Jahres, sodass
aller Wahrscheinlichkeit nach die neue Obergrenze schnell erreicht
sein wird, prognostiziert die Kommission. Daher soll nun die
mengenmäßige Beschränkung für den Ankauf von Magermilchpulver zum
Festpreis abermals hinaufgesetzt werden. Für Butter ist eine solche
nicht vorgesehen.
Bundesrat sieht Notwendigkeit einer Neuorientierung der
Lebensmittelproduktion
Grundsätzlich stieß die Maßnahme auf breite Zustimmung, da sie hilft,
die Preise zu stabilisieren. Man war sich jedoch weitgehend darüber
einig, dass man auf die Dauer nicht so weiter machen könne. Die
Bundesräte Ewald Lindinger (S/O) und Bernhard Rösch (F/W) führten ins
Treffen, dass sich die Marktsituation kaum ändern werde und man daher
mit Interventionsankäufen langfristig nicht das Auslangen werde
finden können. Außerdem machte Rösch auf die negativen
umweltpolitischen Aspekte der Magermilchproduktion aufmerksam: Sie
verursache einerseits hohe Energiekosten und entziehe durch den
Billigexport in afrikanische Länder der dortigen bäuerlichen
Bevölkerung die Existenzgrundlage.
Ebenso unterzog Heidelinde Reiter (G/S) die Politik auf dem
Milchsektor im Speziellen und die Agrarpolitik generell einer Kritik.
Seit Jahrzehnten laufe die Entwicklung in eine falsche Richtung
ungebremst weiter, die Katastrophe habe man schon lange kommen
gesehen, die Politik habe jedoch in keiner Weise gegengesteuert,
fasste Reiter ihren Standpunkt zusammen. Die Lebensmittelproduktion
könne man selbstverständlich nicht mit anderen Produktionsbereichen
vergleichen, die Massenproduktion sei weit davon entfernt, was man
von einer artgerechten Haltung und einer ökologischen Landwirtschaft
erwartet. Auch in Österreich gehe die Lebensmittelproduktion in
Richtung Masse, die kleinstrukturierte österreichische Landwirtschaft
könne sich derzeit schon kaum mehr halten, so der sorgenvolle Befund
Reiters. Was man damit verliert, sei unschätzbar.
Diese Sicht der Dinge teilten auch die beiden Bundesräte Martin
Preineder (V/N) und Ferdinand Tiefnig (V/O). Der Interventionsankauf
von Magermilchpulver könne nur eine temporäre Maßnahme darstellen,
meinten beide, man müsse vor allem die Bergbauern unterstützen, die
durch die derzeitige große Überproduktion vor existenzielle Probleme
gestellt seien. Nach dem Wegfall der Milchquote sei der Milchpreis
gefallen, da vor allem Irland und die Niederlande ihre Produktion
stark gesteigert haben. Es sei daher notwendig, die Problematik in
den Griff zu bekommen, denn Österreich produziere zu anderen
Konditionen, sagte Tiefnig, der in diesem Zusammenhang anregte, über
internationale Marktschranken im Lebensmittelbereich nachzudenken.
Dabei hat er vor allem auch die Verdrängung von Palmöl im Visier.
Preineder forderte zudem nationale Hilfsmaßnahmen ein, insbesondere
zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der bäuerlichen Betriebe sowie
zur Unterstützung, um die Milchproduktion zu modernisieren. Mit
Modernisierung sei selbstverständlich nicht "mehr und größer"
gemeint, reagierte Preineder auf einen Einwurf von Bundesrätin
Reiter, sondern artgerechter und kundengerechter. (Fortsetzung EU-
Ausschuss des Bundesrats) jan
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NPA