- 15.06.2016, 20:11:40
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Kinderbetreuungsgeld: Ab März 2017 kommt flexibles Konto
Reformpaket erhält im Nationalrat Stimmen von SPÖ, ÖVP und Team Stronach
Utl.: Reformpaket erhält im Nationalrat Stimmen von SPÖ, ÖVP und
Team Stronach =
Wien (PK) - Die Verhandlungen über eine Reform des
Kinderbetreuungsgelds haben länger gedauert als ursprünglich
beabsichtigt. Nun ist das Gesetzespaket aber unter Dach und Fach. Der
Nationalrat stimmte in seiner heutigen Sitzung der von
Familienministerin Sophie Karmasin initiierten Regierungsvorlage mit
der Mehrheit von SPÖ, ÖVP und Team Stronach zu. Zuvor waren im
Ausschuss noch geringfügige Änderungen vorgenommen worden.
Unzufrieden mit der Reform sind FPÖ, Grüne und NEOS, Judith
Schwentner (G) und Michael Pock (N) sehen eine große Chance auf
weitergehende Reformen vertan. FPÖ-Familiensprecherin Anneliese
Kitzmüller kritisierte unter anderem, dass das Kindergeld nicht
valorisiert und die Zuverdienstgrenze nicht abgeschafft wird.
Anträge der Opposition fanden keine Mehrheit. So folgte der
Nationalrat den Empfehlungen des Familienausschusses und lehnte
sowohl einen von der FPÖ eingebrachten Antrag zur Zuverdienstgrenze
als auch einen Antrag der NEOS betreffend die Einführung einer
zweiten, längeren, Variante des einkommensabhängigen
Kinderbetreuungsgelds ab. Auch weitere, im Zuge der heutigen
Beratungen eingebrachte Entschließungsanträge sowie ein
Abänderungsantrag der NEOS blieben in der Minderheit. In Form einer
Entschließung ersucht der Nationalrat Familienministerin Sophie
Karmasin, sich intensiv mit den Chancen und Nutzen von Internet und
neuen Medien für Kinder und Jugendliche auseinanderzusetzen.
Flexibles Konto, Partnerschaftsbonus und "Familienzeit"
Kernpunkt der Reform ist ein flexibles Kinderbetreuungsgeld-Konto. Es
ersetzt ab dem 1. März 2017 die derzeit wählbaren vier
Pauschalvarianten. Je nach Länge der Inanspruchnahme werden monatlich
zwischen rund 440 € und 1.030 € ausgezahlt, wobei der Bezug für einen
Elternteil auf 28 Monate und für beide Eltern auf 35 Monate begrenzt
sein wird. Die ausgezahlte Gesamtsumme beträgt 12.337 € für einen
Elternteil bzw. 15.449 € für beide Elternteile. Außerdem winkt ein
Partnerschaftsbonus von 1.000 € bei annähernd gleicher Aufteilung der
Kinderbetreuung sowie ein Vorschuss von 700 € auf das
Kinderbetreuungsgeld, sollte der so genannte "Papa-Monat"
(Familienzeit) in Anspruch genommen werden. Voraussetzung für diese
einmonatige berufliche Auszeit nach der Geburt eines Kindes ist eine
Einigung mit dem Arbeitgeber. Weiter bestehen bleibt die Möglichkeit,
12 bzw. 14 Monate einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld in
Anspruch zu nehmen.
Im Paket enthalten sind auch gewisse Verbesserungen für
AlleinerzieherInnen. Mit Einbußen von jeweils 1.300 € müssen hingegen
Eltern rechnen, die Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen versäumen. Ziel
des Reformpakets ist neben mehr Flexibilität für die Eltern auch eine
höhere Väterbeteiligung bei der Kinderbetreuung.
FPÖ kritisiert Verschlechterungen für manche Eltern
In der Debatte beklagte FPÖ-Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller,
dass trotz der langen Verhandlungen über die Kinderbetreuungsgeld-
Reform "nichts Erfreuliches herausgekommen ist". Weder habe man eine
Valorisierung des Kindergeldes vorgenommen, noch komme es zu
Vereinfachungen und mehr Transparenz. Vielmehr bringe das vorliegende
Reformpaket für manche Familien sogar Verschlechterungen, und zwar
sowohl was die maximale Bezugsdauer von Kindergeld als auch was die
ausgezahlte Summe betrifft. Betroffen sind laut Kitzmüller vor allem
Alleinerziehende sowie Eltern, die sich nicht für eine Aufteilung der
Kinderbetreuung entscheiden. Sie forderte daher einen Schritt zurück,
konnte sich mit einem entsprechenden Entschließungsantrag aber nicht
durchsetzen. Auch ihre Forderung nach einer gänzlichen Abschaffung
der Zuverdienstgrenze fand wenig Anklang.
Im Zusammenhang mit dem "Papa-Monat" bemängelte Kitzmüller unter
anderem, dass der so genannte Familienzeit-Bonus von 700 € auf das
Kinderbetreuungsgeld angerechnet wird. Ähnlich wie Kitzmüller
argumentierte auch der frühere FPÖ-Abgeordnete Rupert Doppler (o.F.).
Grüne fordern weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Väterbeteiligung
Enttäuscht äußerte sich auch Grün-Abgeordnete Judith Schwentner. Sie
sieht zwar einige positive Punkte im Paket, ihrer Meinung nach hat
man aber die Chance vertan, Gesellschaftspolitik zu machen und
ambitionierte Schritte zu setzen, um die Väterbeteiligung bei der
Kinderbetreuung zu erhöhen. Das Kinderbetreuungsgeld sei auch nach
wie vor von einem traditionellen Familienbild geprägt: "Vater, Mutter
und Kind unter einem Dach".
Zur Untermauerung ihrer Kritik legte Schwentner namens der Grünen ein
ganzes Forderungspaket auf den Tisch. Sie plädierte unter anderem
dafür, Kinderbetreuungsgeld und Karenzdauer aneinander anzugleichen,
Vätern einen Rechtsanspruch auf den "Papa-Monat" einzuräumen,
AlleinerzieherInnen zusätzliche Kinderbetreuungsgeld-Monate zu
gewähren und den für Väter reservierten Anteil am
Kinderbetreuungsgeld von 20% auf zumindest 30% zu erhöhen. Außerdem
verlangte sie, die vorgesehenen Einschnitte beim Wochengeld für
Kindergeldbezieherinnen wieder rückgängig zu machen. Bedauert wird
von den Grünen auch, dass Arbeitslosen oder Personen in
Bildungskarenz der Zugang zum einkommensabhängigen
Kinderbetreuungsgeld weiter verwehrt bleibt.
NEOS wollen Bezugsdauer von Kinderbetreuungsgeld kürzen
Auch nach Meinung der NEOS geht die Koalition von einem überholten
Familienbild aus. Abgeordneter Michael Pock zeigte etwa kein
Verständnis dafür, dass für einen Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld
und auf Karenz ein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind Voraussetzung
ist. Eine Trennung der Eltern müsse nicht unbedingt bedeuten, dass
sich der Vater nicht an der Kinderbetreuung beteiligen wolle,
argumentiert er, konnte für einen Entschließungsantrag zu diesem
Thema aber keine Mehrheit finden.
Auch ein von NEOS-Abgeordneter Claudia Gamon eingebrachter
Abänderungsantrag blieb bei der Abstimmung in der Minderheit. Ziel
dieses Antrags war eine Angleichung des Bezugs von
Kinderbetreuungsgeld an die arbeitsrechtliche Karenz. Um den
Wiedereinstieg vor allem von Frauen ins Berufsleben zu erleichtern,
drängte Gamon konkret darauf, die maximale Bezugsdauer von
Kinderbetreuungsgeld auf 24 Monate für einen Elternteil - bzw. 30
Monate für beide Elternteile - zu reduzieren. Gleichzeitig ging es
ihr darum, die höchstmögliche Bezugsdauer von einkommensabhängigem
Kinderbetreuungsgeld auf 15 Monate (12+3) zu erhöhen. Die Reform des
Kinderbetreuungsgeldes werde nicht dazu führen, dass Frauen künftig
mehr Chancen am Arbeitsmarkt haben, glaubt Gamon.
SPÖ und ÖVP stellen sich hinter Reformpaket
Ausdrücklich hinter die Reform stellten sich die VertreterInnen der
Koalitionsparteien. So zeigte sich ÖVP-Familiensprecher Georg
Strasser erfreut, dass die Gesetzesnovelle nach einem intensiven
Diskussions- und Entscheidungsprozess nun "über die Ziellinie
gebracht wird". Er ist überzeugt, dass das neue Kinderbetreuungsgeld-
Konto mehr Fairness und Flexibilität bringt und der Familienrealität
besser als die jetzige Regelung entspricht.
Strasser und seine FraktionskollegInnen Nikolaus Prinz, August
Wöginger und Angela Fichtinger hoben zudem die vielfältige
Unterstützung für Familien in Österreich hervor. Es habe in der
Vergangenheit auch keinen Werteverlust bei den Familienleistungen
gegeben, wie eine Studie der Arbeiterkammer zeige, hielt Wöginger
fest. Er verwies überdies auf die zuletzt wieder gestiegene Zahl von
Geburten in Österreich.
Seitens der SPÖ gestand Angela Lueger zu, dass das Gesetz schwer zu
lesen ist. Sie ist aber zuversichtlich, dass es den Eltern leicht
fallen wird, durch entsprechende Informationen die für sie beste
Lösung zu finden. Jeder könne künftig selbst entscheiden, in welcher
Zeitspanne er die am Kinderbetreuungsgeld-Konto liegende Geldsumme
ausgezahlt haben wolle. Auf diesen Umstand machte auch ihr
Fraktionskollege Hermann Lipitsch aufmerksam.
Erstmals seien zudem Krisen-Pflegeeltern "mit im Boot", skizzierte
Lueger. Ulrike Königsberger-Ludwig (S) ist überzeugt, dass die
Väterbeteiligung an der Kinderbetreuung steigen wird. Daniela
Holzinger-Vogtenhuber (S) ging auf den "Papa-Monat" ein, den sie als
einen wichtigen Baustein zur besseren Vereinbarkeit von Familie und
Beruf sieht. Besonders begrüßte sie außerdem den Partnerschaftsbonus.
Ein kleiner Wermutstropfen ist für die SPÖ, dass beim "Papa-Monat"
kein Kündigungsschutz verankert wurde, Abgeordnete Lueger machte aber
geltend, dass das Gesetz nach einiger Zeit ohnehin evaluiert wird.
Dass man bei der Familienzeit auf die Verankerung eines
Kündigungsschutzes verzichtet hat, wurde hingegen von ÖVP-
Abgeordneter Kathrin Nachbaur ausdrücklich begrüßt. Sie hob zudem die
Bedeutung der Wahlfreiheit für die Eltern hervor.
Auch FPÖ-Abgeordnete Barbara Rosenkranz pochte auf die Wahlfreiheit
der Eltern bei der Kinderbetreuung und äußerte sich in diesem Sinn
ablehnend zum Abänderungsantrag der NEOS und zum Entschließungsantrag
der Grünen. Es müsse den Frauen vorbehalten bleiben, ob und inwieweit
sie ins Erwerbsleben zurückkehren wollen, betonte sie.
Elisabeth Grossmann (S) gab in Richtung Rosenkranz zu bedenken, dass
eine längere Absenz vom Arbeitsmarkt auch ein niedrigeres
Erwerbseinkommen bewirke und die Gefahr von Altersarmut erhöhe. Dafür
müsse man Bewusstsein schaffen. Auch Grün-Abgeordneter Harald Walser
setzte sich kritisch mit der Wortmeldung der FPÖ-Mandatarin
auseinander. Die Gesellschaft müsse darauf reagieren, dass viele
Kinder in Alleinerzieherhaushalten aufwachsen.
Team Stronach für regelmäßige Valorisierung von Familienleistungen
Zustimmung zum Reformpaket kam auch vom Team Stronach, wiewohl
Abgeordneter Leopold Steinbichler auch Verständnis für kritische
Stimmen zeigte. Insbesondere bedauerte er, dass das
Kinderbetreuungsgeld und andere Familienleistungen wie die
Familienbeihilfe und das Pflegegeld nicht regelmäßig valorisiert
werden. Seiner Meinung nach hat das sehr wohl zu einem massiven
Kaufkraftverlust für die Familien geführt. Steinbichler konnte sich
mit einem entsprechenden Entschließungsantrag aber ebenso wenig
durchsetzen wie mit der Forderung nach einer verbesserten Anrechnung
von Kindererziehungszeiten auf die Pension. Für jedes Kind solle die
volle Versicherungszeit von vier Jahren angerechnet werden, auch wenn
der Abstand zwischen den Geburten kürzer ist, forderte er.
Bei ÖVP-Sozialsprecher Wöginger stieß Steinbichler mit diesem
Anliegen grundsätzlich auf eine positive Resonanz. Er gab aber zu
bedenken, dass diese Maßnahme 280 Mio. € pro Jahr kosten würde.
Für Familienministerin Sophie Karmasin war die Reform des
Kinderbetreuungsgeldes "eine schwere und lange, aber gesunde und
natürliche Geburt". Unter den verschiedenen Neuerungen hob sie auch
die künftige einmalige Wechselmöglichkeit der Bezugsdauer hervor. Als
besonderes Anliegen nannte Karmasin eine höhere Väterbeteiligung und
ein partnerschaftliches Familienmodell.
Verstärkter Fokus auf Chancen im World Wide Web für Digital Natives
Kinder und Jugendliche sind bisher eher nur für Gefahren im Internet
sensibilisiert worden, Chancen und Nutzen von digitalen Medien sind
dadurch in der Arbeit des Familienministeriums eher in den
Hintergrund gerückt, finden die JugendsprecherInnen des Parlaments.
Der Nationalrat hat die Regierung aus diesem Grund einstimmig mit der
Erstellung eines Konzepts beauftragt, das den Fokus verstärkt auf die
nutzbringenden Möglichkeiten der Neuen Medien für Digital Natives
legt.
Dass das Internet bei vielen jungen Menschen mittlerweile zum Alltag
gehört, betonten Asdin El Habbassi (V) und Katharina Kucharowits (S).
Ein Tablet zu nutzen, sei für viele Kinder mittlerweile genauso
selbstverständlich wie Zähneputzen, meinte Kucharowits. Junge
Menschen müssten in Sachen Internet fit gemacht werden, sagte die
SPÖ-Jugendsprecherin und schlug vor, Kinder und Jugendliche bei der
Konzepterstellung einzubinden. El Habbassi plädierte dafür, Chancen
und Nutzen des Internets zu einem der Hauptthemen in den
Bildungsbemühungen zu machen. Sein Fraktionskollege Norbert Sieber
meinte, dass ein Konzept, in dem das bereits bestehende Angebot des
Familienministeriums gebündelt wird, "wichtig und richtig" sei.
"Die alte Politik hat sich mit jungen Revolutionen bisher schwer
getan", sagte Ideengeber Julian Schmid (G). Er selbst habe die
Erfahrung gemacht, dass ältere Menschen das Internet eher mit Sorge
und Angst betrachten. Für ihn sind Datenschutzaspekte und die Frage
der Identität im Netz zwei Zukunftsthemen in Zusammenhang mit dem
Digitalen Wandel.
Leichte Kritik kam von Claudia Gamon (N). Sie hält die Entschließung
für einen "No-Na-Antrag", den keine Partei ablehnen könne, vermisste
aber konkrete Maßnahmen etwa begleitend im Bildungssystem.
Leopold Steinbichler vom Team Stronach steht Digitalen Medien nicht
nur positiv gegenüber. Gespräche oder familiäre Kommunikation würden
dadurch oft beeinflusst oder unterbunden, beklagte er. Insofern
pflichtete Steinbichler den JugendsprecherInnen der anderen
Fraktionen bei, dass die Politik die Augen vor diesen Medien nicht
verschließen dürfe. (Fortsetzung Nationalrat) gs/keg
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