• 01.06.2016, 10:30:01
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Bilder von Misshandlung wegen Einwilligung der Abgebildeten kein Ethikverstoß

Wien (OTS) - Der Senat 2 des Presserats hat sich aufgrund einer
Mitteilung eines Lesers mit dem Artikel „Ehemann verdrosch Model –
und verschickte Freunden Video“ beschäftigt, erschienen am 08.03.2016
auf „vol.at“. Das Verfahren vor dem Presserat ist eingestellt worden.

In dem Artikel wird berichtet, dass ein Australier seine Freundin
misshandelt, ein Video davon angefertigt und dieses verschickt habe.
Bei dem Artikel wurde das besagte Video veröffentlicht. Im Video wird
die misshandelte Frau gezeigt, wie sie darum fleht, dass ihr Freund
ihr nicht weiter wehtue. Zudem ist zu hören, wie sie von ihm verhöhnt
wird. Das Video wurde mittlerweile von „vol.at“ gelöscht.

Darüber hinaus sind neben dem Artikel Fotos zu sehen, die das Gesicht
und den misshandelten Körper der Betroffenen zeigen.

Ein Leser kritisiert, dass dadurch die Menschenwürde der
Misshandelten verletzt und bloß die Sensationsgier der Leser bedient
werde.

Die Russmedia Digital GmbH hat dem Presserat mitgeteilt, dass das
Schicksal des australischen Models international für großes Aufsehen
gesorgt habe. Am Weltfrauentag habe „vol.at“ mit dem Artikel das
Thema „Gewalt gegen Frauen“ behandelt. Die Bilder stünden
stellvertretend für viele weitere misshandelte Frauen. Durch den
Artikel und die Bebilderung solle auf häusliche Gewalt gegen Frauen
aufmerksam gemacht werden.

Außerdem spreche die Betroffene öffentlich über die Vorfälle. Das
kritisierte Video habe sie selbst in einer Fernsehsendung gezeigt.
Die Betroffene wolle, dass die Öffentlichkeit das ihr zugefügte Leid
wahrnehme. Daraus sei nach Ansicht des Mediums die Zustimmung zur
Verbreitung des Bild- und Videomaterials abzuleiten.

Der Senat ist der Auffassung, dass im vorliegenden Fall wegen der
Zustimmung des Opfers kein Verstoß gegen den Ehrenkodex vorliegt und
hat das Verfahren daher eingestellt.

Das Opfer ist selbst mit den Bildern und dem Video an die
Öffentlichkeit herangetreten und hat sich für die Verbreitung
ausgesprochen, um die Allgemeinheit für das Thema Gewalt an Frauen zu
sensibilisieren und wachzurütteln. Die Redaktion von „vol.at“ ist
daher zu Recht davon ausgegangen, dass das Opfer in die Verbreitung
des Bildmaterials eingewilligt hat.

Von einem Eingriff in den Persönlichkeitsschutz und die Intimsphäre
ist daher nicht auszugehen.

Selbständiges Verfahren aufgrund einer Mitteilung eines Lesers

Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen
Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und
Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der Senate des
Presserats sind weisungsfrei und unabhängig.

Im vorliegenden Fall führte der Senat 2 des Presserats aufgrund der
Mitteilung eines Lesers ein Verfahren durch (selbständiges Verfahren
aufgrund von Mitteilungen). In diesem Verfahren äußert der Senat
seine Meinung, ob ein Artikel den Grundsätzen der Medienethik
entspricht. Die Medieninhaberin von „vol.at“ hat von der Möglichkeit,
an dem Verfahren teilzunehmen, Gebrauch gemacht.

Die Medieninhaberin der „Vorarlberger Nachrichten“ hat sich der
Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats unterworfen.

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | OPR

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