- 02.05.2016, 22:00:01
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Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 3. Mai 2016; Leitartikel von Serdar Sahin: "Die Geheimnistuerei hat ein Ende"
Innsbruck (OTS) - Dokumente zu Verhandlungen über das
transatlantische Handelsabkommen TTIP zeigen, wovor Kritiker schon
lange gewarnt haben. Der Pakt öffnet – nach aktuellem Stand –
Gen-Lebensmitteln und Hormonfleisch Tür und Tor.
Öffentliche Verhandlungen wären besser gewesen. Zumindest sollte
sich seit gestern diese Erkenntnis unter den Verhandlern breitgemacht
haben, denn die Umweltorganisation Greenpeace hat bisher geheime
Dokumente zum transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP publik
gemacht. Und sie scheinen zu bestätigen, was Gegner des Pakts schon
immer befürchtet haben: ein Absenken europäischer Standards auf das
US-amerikanische Niveau. Konkret bedeutet das, dass nach derzeitigem
Stand Chlorhühner, Genmais und Hormonfleisch auf unseren Tellern
landen könnten. Vorausgesetzt, die Amerikaner schaffen es, ihre
Forderungen widerstandslos durchzuboxen.
Erst im Februar versprach EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström
auf einer TTIP-Werbetour in Wien, dass es durch das Abkommen zu
keiner Verschlechterung des Lebensmittel-, Konsumenten- und
Umweltschutzes kommen werde. Der viel kritisierte Investorenschutz
(ISDS) sei reformiert worden, sagte sie. Klar geht es bei
Verhandlungen um Geben und Nehmen, die durchgesickerten Dokumente
offenbaren aber, dass die Amerikaner viel mehr nehmen wollen, als
geben. Besorgniserregend ist, in welchen Bereichen sie kompromisslos
sind.
Beispielsweise drängen die Amerikaner darauf, das europäische
Vorsorgeprinzip bei Lebensmitteln durch ihr Risikoprinzip zu
ersetzen. Was bedeutet das? Wie der Name schon sagt, hier setzt man
auf Risiko statt auf Vorsorge. Damit könnten US-Firmen ungehindert
genmanipulierte Lebensmittel und Hormonfleisch in die EU verkaufen.
Wenn die Dokumente eines zeigen, dann den Umstand, dass den
Amerikanern der Agrarmarkt besonders wichtig ist. Fakt ist: Uns ist
unsere Gesundheit viel wichtiger. Deswegen stellt sich schon länger
die Frage, ob es Sinn macht, weiter zu verhandeln bzw. manche
Bereiche außen vor zu lassen.
Darüber hinaus pochen die Amerikaner weiter auf die umstrittenen
privaten Schiedsgerichte für Konzernklagen. Oft genug sprach
Malmström hierbei über Reformen. Die EU-Kommissarin verliert nicht
zuletzt deswegen immer mehr an Glaubwürdigkeit.
Die Kritik, dass es bei dem Handelsabkommen nicht um bessere
Standards geht, sondern darum, nationale Wirtschaftsinteressen
durchzusetzen, wurde stets als Panikmache abgewiesen. Mit welchen
Argumenten wollen die Verhandler nun den Menschen ihre Ängste nehmen?
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