• 29.04.2016, 08:11:15
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Das lange Warten auf die Brennstoffzelle

Das 37. Internationale Wiener Motorensymposium beschäftigte sich mit dem „Evergreen“ alternativer Antriebe

Utl.: Das 37. Internationale Wiener Motorensymposium beschäftigte
sich mit dem „Evergreen“ alternativer Antriebe =

Wien (OTS) - Seit vielen Jahren wird die Brennstoffzelle als mögliche
Alternative zum herkömmlichen Verbrennungsmotor gehandelt und damit
zum Hoffnungsträger für die Zukunft der Mobilität im Automobilbau
hochstilisiert – sie ist quasi der „Evergreen“ alternativer Antriebe.
Seit vielen Jahren forschen Experten in den großen Weltkonzernen und
kompetenten Denkfabriken an dieser Technologie und tüfteln an deren
Umsetzung. Und dennoch wird sich erst in vielen Jahren – wenn
überhaupt – erweisen, ob die Brennstoffzelle je den erhofften
Durchbruch schaffen wird. Drei Vorträge beim 37. Internationalen
Wiener Motorensymposium beschäftigten sich Donnerstag Nachmittag mit
dem Stand der Dinge und präsentieren unterschiedliche Lösungsansätze.

Für BMW spielt Wasserstoff eine Schlüsselrolle in der Energiewende
Selbst nach mehr als 30 Jahren Forschung auf diesem Gebiet setzt
Premiumhersteller BMW neben seinen jüngsten Aktivitäten rund um
batteriebetriebene Elektrofahrzeuge weiter auch auf Wasserstoff und
Brennstoffzelle, man sieht sogar neue Chancen heraufdämmern.
Dipl.-Ing. Matthias Klietz, Hauptabteilungsleiter Forschung Antrieb
der BMW Group, bezeichnete in seinem Vortrag die
Wasserstoff-Brennstoffzellen-Technologie als „Schlüsselelement in der
Energiewende“. Wasserstoff falle nämlich durch den derzeitigen Ausbau
der erneuerbaren Stromproduktion mit den damit verbundenen zeitlichen
und räumlichen Stromüberschüssen bzw. Versorgungslücken eine
Schlüsselrolle als speicherfähiger Energieträger zu. So könnten etwa
Überschusskapazitäten, die bei der nachhaltigen Stromerzeugung durch
Wind- und Sonnenenergie systembedingt anfallen, mittels Elektrolyse
zur Herstellung von „grünem“ Wasserstoff genutzt werden. Einerseits
langfristig als Energiespeicher, andererseits direkt als Kraftstoff
für Wasserstoff-basierte Fahrzeuge. Wenn bei einer für das Jahr 2050
angenommenen Überschusskapazität von 120 Gigawatt nur 15 Prozent für
die Mobilität genutzt würden, ließen sich damit drei Millionen
Brennstoffzellen-Fahrzeuge (FCEV) ein Jahr lang betreiben, rechnete
Dipl.-Ing. Matthias Klietz vor. Die Alltagstauglichkeit sei durch
Tests nachgewiesen, von einem marktreifen Angebot sei man aber noch
weit entfernt. Noch zu lösende Herausforderungen für einen
erfolgreichen Durchbruch der Technologie: substanzielle
Kostenreduzierung der Antriebskomponenten („Wir sind nicht in der
Lage, ein solches System zu einem vernünftigen Preis anzubieten“),
Aufbau einer Energiewirtschaft mit Wasserstoff als Speichermedium,
Ausbau der Tankstelleninfrastruktur, so Matthias Kietz.

Weiter fahren: Magna Steyr und der
Brennstoffzellen-Range-Extender

Wie können große Reichweiten im emissionsfreien Fahrbetrieb erreicht
werden? Das scheint ja die Gretchenfrage zukünftiger Mobilität zu
sein, denn am Markt verfügbare Alternativen wie Plug-in-Hybride oder
Range Extender schaffen nur geringe Reichweiten emissionsfrei, und
batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge verfügen zwar über etwas
komfortablere Reichweiten, erfordern aber viel Geduld beim
zeitintensiven Laden.

Als völlig neuen Zugang und weiteren Lösungsansatz für
emissionsfreies Fahren auf der Langstrecke führt Magna Steyr
Engineering ein Forschungs-Förderprojekt durch, das auf der
frappierend einfachen aber technisch komplexen Idee basiert, Vorteile
unterschiedlicher Technologien zu nutzen, um deren Nachteile zu
kompensieren. Daraus entstand das Demonstratorfahrzeug FC REX, ein
Zwitterwesen mit batterieelektrischem Antrieb und einer
schadstofffreien Wasserstoff-Brennstoffzelle als Range Extender
(herkömmliche Range Extender werden ja von kleinen
Verbrennungsmotoren betrieben, die nicht völlig emissionsfrei
arbeiten). Die Daten des Versuchsfahrzeugs: 130 km/h
Höchstgeschwindigkeit, 100 km/h Konstantgeschwindigkeit,
Beschleunigung 0-100 km/h 10,9 Sekunden, 70 km batterieelektrische
Reichweite, 350 km kombinierte Reichweite.
Dipl.-Ing. Helfried Müller, Leiter Alternative Antriebssysteme in der
Vorentwicklung bei Magna Steyr in Graz Thondorf, berichtete in seinem
Vortrag über das Forschungsprojekt, das gemeinsam mit dem Institut
der Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik der TU Wien und anderen
Partnern durchgeführt wird.

Diesel statt Wasserstoff: Diese AVL-Brennstoffzelle ist ein
„Allesfresser“

Einen ähnlichen Ansatz wie Magna verfolgt AVL List bei der
Reichweitenverlängerung von batterieelektrischen Fahrzeugen. Die
global agierende Denkfabrik aus Graz fokussiert die Bemühungen jedoch
auf Brennstoffzellen, die praktisch mit allen konventionellen
Kraftstoffen wie z.B. Diesel, Benzin, Methanol, Ethanol über eine
Reformierung betrieben werden können. Bisher werden derartige
„Allesfresser“ mit der Bezeichnung SOFC (Solid Oxid Fuel Cell) primär
in der stationären Energiegewinnung eingesetzt. Beim aktuellen
Forschungsprojekt soll – gemeinsam mit der TU Graz und anderen
Partnern – die Tauglichkeit im mobilen Bereich untersucht werden.
Dabei seien aber noch signifikante Verbesserungen notwendig, räumte
Dipl.-Ing. Jürgen Rechberger, verantwortlich für die globale
Brennstoffzellenaktivität der AVL List GmbH, in seinem Vortrag ein.
AVL werde mit den Partnern aber diese Technologie weiterentwickeln,
um wettbewerbsfähige Produkte am Markt zu etablieren.

Wesentlich weiter dürfte die von AVL entwickelte SOFC-Lösung für
schwere Nutzfahrzeuge als Zusatzgenerator sein. Die Brennstoffzelle
dient zur umweltfreundlichen Stromerzeugung an Bord, um während oft
stundenlanger Standzeiten das Bordnetz mit Energie versorgen zu
können. So werden Klimaanlage, PC, Kühlschrank und andere
Komfortfunktionen für den Lenker gespeist, ohne dass der
Antriebsmotor am Stand laufen muss. Die Vorteile: niedrigere
Spritkosten, weniger Lärmbelästigungen, geringere
Schadstoffemissionen. In mehreren amerikanischen Bundesstaaten wurden
bereits Regeln zur Einschränkung des Motorleerlaufs am Stand
erlassen. AVL List sieht diese Entwicklung als vielversprechende
Möglichkeit zur Bordstromversorgung in Trucks, so Jürgen Rechberger.

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