- 28.04.2016, 15:11:34
- /
- OTS0242 OTW0242
Nationalrat verschärft Vorgehen gegen Drogendealer
Bis zu zwei Jahre Haft für Drogenhandel im öffentlichen Raum
Utl.: Bis zu zwei Jahre Haft für Drogenhandel im öffentlichen Raum =
Wien (PK) - Drogendealern an U-Bahnhaltestellen und anderen
öffentlichen Plätzen droht künftig eine Haftstrafe von bis zu zwei
Jahren, und zwar auch dann, wenn sie nicht eindeutig als
gewerbsmäßige Händler überführt werden. Anlass für diese von SPÖ und
ÖVP initiierte Verschärfung des Suchtmittelgesetzes ist die zuletzt
stark wachsende Drogenszene in Ballungsräumen, vor allem in Wien.
Der Nationalrat reagiert auf Auswirkungen der jüngsten
Strafrechtsreform, die bei Suchtmitteln dem Grundsatz "Therapie statt
Strafe" folgt und für Kriminelle nur dann Untersuchungshaft vorsieht,
wenn ihnen Gewerbsmäßigkeit im engeren Sinn des Wortes nachzuweisen
ist. Für die FPÖ reicht der neue Tatbestand "öffentlicher
Drogenhandel" aber nicht zur nachhaltigen Bekämpfung der
Suchtmittelkriminalität aus. In einem eigenenAntrag fordern die
Freiheitlichen, die durch die StGB-Reform bewirkte Lockerungen beim
Besitz kleiner Mengen an Drogen und bei der Definition von
Gewerbsmäßigkeit zu streichen. Ihr Vorstoß wurde aber nur vom Team
Stronach unterstützt.
FPÖ erneuert Kritik an Strafrechtsreform
Harald Stefan (F) sah die Kritik seiner Fraktion und von Experten an
der Änderung des Begriffs "Gewerbsmäßigkeit" bei der
Strafrechtsreform durch die massive Zunahme der Drogenkriminalität,
vor allem an der Wiener U-Bahnlinie 6 seit Anfang 2016 bestätigt. SPÖ
und ÖVP wollten aber nicht zuzugeben, dass es ein Fehler gewesen sei,
den Begriff der Gewerbsmäßigkeit zu ändern und stellen deshalb den
Drogenhandel im öffentlichen Raum unter Strafe. Offen sei dabei etwa
die Fragen, wo der öffentliche Raum beginne, gab Stefan zu bedenken
und plädierte demgegenüber dafür, zum alten Begriff der
Gewerbsmäßigkeit im Strafrecht zurückzukehren. Man müsse Justiz und
Polizei die Mittel an die Hand zu geben, die sie brauche, um die
Drogenkriminalität wirksam zurückzudrängen. Gemeinsam mit den
Sprechern der anderen Oppositionsparteien lehnte es Stefan ab,
Verschärfungen im Strafrecht ohne Begutachtungsverfahren "durch das
Parlament zu peitschen".
ÖVP: Schlag gegen die organisierte Drogenkriminalität
Wolfgang Gerstl (V) verteidigte hingegen die Änderungen beim Begriff
der "Gewerbsmäßigkeit" im Strafrecht, dessen alte Definition in der
Vergangenheit oft zu falschen Entscheidungen geführt habe. Statt
dessen gehe es darum, mit einem Verbot des Drogenhandels im
öffentlichen Raum einen Schlag gegen die organisierte
Drogenkriminalität zu führen. Was ein öffentlicher Raum sei, stehe
eindeutig fest, Stiegenhäuser gehörten etwa dazu, sagte Gerstl:
"Drogenkriminalität hat im öffentlichen Raum keinen Platz mehr".
Grüne: Probleme an der U6 nicht Folge der Strafrechtsreform
Albert Steinhauser (G) berichtete von seinen ausführlichen Recherchen
im Umfeld von Stationen der Wiener U-Bahnlinie 6 und von Gesprächen
mit Anrainern und Geschäftseigentümer. Der Drogenhandel habe sich in
Wien nicht erst 2016, sondern bereits seit drei Jahren an die U 6
verlagert. Mit der neuen Definition der Gewerbsmäßigkeit im
Strafrecht habe diese Entwicklung nichts zu tun, sagte Steinhauser,
der sich dagegen aussprach, zur alten Definition des Begriffs
"Gewerbsmäßigkeit" im Strafrecht zurückzukehren, zugleich aber auch
dagegen, eine Verschärfung des Strafrechts, von der Experten keine
Verbesserung erwarten, ohne seriöse Begutachtung im Nationalrat zu
beschließen.
SPÖ: Parlament handelt rasch gegen die Dealer
Johannes Jarolim (S) verstand die Kritik der Opposition nicht, wo
doch klar sei, dass das Parlament aufgerufen sei, einen Missstand zu
beseitigen, der von Exekutive und Bevölkerung klar aufgezeigt werde.
Die Änderung der Begrifflichkeit beim Thema Gewerbsmäßigkeit sei
notwendig gewesen, um die Arbeit der Polizei stärker auf große
Verbrechen auszurichten. Jetzt gehe es darum, der Exekutive rasch die
Möglichkeit zu geben, gegen unerträgliche Verhältnisse durch
Drogenhandel im öffentlichen Raum vorzugehen. Das erwarten sich die
Menschen vom Parlament, hielt Jarolim in Übereinstimmung mit seinem
Fraktionskollegen Harald Troch (S) fest.
NEOS für mehr Prävention und Jugendarbeit
Nikolaus Scherak (N) folgte der Argumentation Albert Steinhausers
(G), wonach es richtig gewesen sei, den Begriff der Gewerbsmäßigkeit
zu ändern, weil zu viele Kleinkriminelle in U-Haft gebracht wurden.
Mit der vorgeschlagenen Verschärfung des Suchtmittelgesetzes werde
man der Drogenproblematik aber nicht Herr werden, sagte Scherak,
sondern schlug vor, die Drogenprävention und die Jugendarbeit zu
intensivieren.
Viele Abgeordnete einig: Null Toleranz für Drogendealer
Maria Theresia Fekter (V) vermisste Lösungsvorschläge bei der
Opposition und begrüßte das schärfere Vorgehen gegen den Drogenhandel
im öffentlichen Raum, der vielerorts in Wien zu einem öffentlichen
Ärgernis geworden sei, das Sicherheitsrisiken mit sich bringe und den
Bestand von Geschäftsvierteln gefährde. Die Drogenliberalisierung sei
ein Irrweg, der korrigiert werden müsse, sagte Fekter und
unterstützte Handhaben für die Polizei, um gegen Drogendealer
einzuschreiten.
Auch Christoph Hagen (T) sah Handlungsbedarf beim Kampf gegen die
Drogenkriminalität und unterstützte den FPÖ-Antrag auf Rückkehr zum
ursprünglichen Begriff der Gewerbsmäßigkeit im Strafrecht. Lob
spendete Hagen der Wiener Polizei, die bei offenen Bandenkriegen von
Drogendealern einschreiten müsse und an der U6 Schlimmeres
verhindere.
Justizminister: Mehr Integration, mehr Ausbildung in Haftanstalten
Bundesminister Wolfgang Brandstetter wies den Vorschlag der FPÖ auf
Rückkehr zur alten Regelung bei der Gewerbsmäßigkeit als falsch
zurück, weil dies etwa dazu führe, dass ein Wanderarbeiter, der eine
gestohlenen Flasche Whisky verkauft, um sich eine Fahrkarte in seine
Heimat zu kaufen, wegen gewerbsmäßigen Diebstahls wochenlang in U-
Haft genommen werden kann. Um das Problem des Drogenhandels im
öffentlichen Raum zu lösen, handle das Parlament nach ausführlichen
Ausschussberatungen nunmehr rasch, lobte der Justizminister. Die
Ursachen der Drogenkriminalität werde man damit aber nicht
beseitigen, sagte Brandstetter, der sich angesichts des wachsenden
Migrationsdrucks für eine ausreichende Integrationspolitik aussprach
und qualitative Verbesserungen bei den Ausbildungsmöglichkeiten für
Häftlinge vorschlug.
Die Sorge von Eltern um ihre Kinder angesichts zunehmenden
Drogenhandels im Umfeld von Schulen formulierte schließlich Ruppert
Doppler (o.F.), der jede Toleranz gegenüber Drogendealern ablehnte.
Ähnlich argumentierte Gerhard Schmid (o.F.), der sich gegen die
Verharmlosung und Entkriminalisierung des Drogenhandels aussprach,
der Gesundheitsgefahren und hohe Kosten im Sozial- und
Gesundheitssystem mit sich bringe. (Fortsetzung Nationalrat) fru
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NPA