- 27.04.2016, 20:55:13
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Zigarettenpackungen werden mit Schockbildern versehen
Nationalrat für mehr Aufklärung über Gefahren des Rauchens, Zugang zu Tabakprodukten für Jugendliche wird erschwert
Utl.: Nationalrat für mehr Aufklärung über Gefahren des Rauchens,
Zugang zu Tabakprodukten für Jugendliche wird erschwert =
Wien (PK) - Eine lange diskutierte Novelle zur Verschärfung des
Tabakgesetzes hat heute den Nationalrat passiert. Neben den
Koalitionsparteien stimmten auch die Grünen dafür,
Zigarettenpackungen künftig mit Schockbildern und deutlicheren
Warnhinweisen zu versehen. Jede Packung muss die Aussage: "Rauchen
ist tödlich - hören Sie jetzt auf" aufweisen. Mit der Novelle werden
außerdem Zigaretten und Tabak mit Aromen bzw. Zusatzstoffen, wie etwa
Menthol und Vitaminen, sowie der Verkauf von Kautabak verboten. Zudem
wird ein Zulassungsverfahren für neuartige Tabakerzeugnisse
eingeführt und E-Zigaretten und Liquids ausdrücklich vom Verbot des
Versandhandels umfasst.
Die Freiheitlichen hielten an ihrer bereits im Ausschuss geäußerten
vehementen Kritik an der Novelle als schwerem Eingriff in Freiheit
und Selbstbestimmung fest. Die ÖsterreicherInnen hätten genug von
staatlicher Kontrolle und Bürokratiewahn, sagte FPÖ-Mandatar Peter
Wurm. Statt dem Gesundheits- und Jugendschutz zu dienen, stellen die
Verschärfungen des Tabakgesetzes einen weiteren Schritt zu einer um
sich greifenden Verbotskultur dar. Unter anderem werde die E-
Zigarette der Zigarette gleichgesetzt, obwohl ihre Schädlichkeit
durch keine wissenschaftlichen Studien erhärtet sei. Alles in allem
schaffe die Novelle auch für viele Kleinunternehmen große Probleme
und sei damit wirtschaftsfeindlich. Das Gesetz weise so viele
fragwürdige Bestimmungen auf, dass es nochmals im Ausschuss
überarbeitet werden sollte. Wurm brachte neben einem
Rückverweisungsantrag auch einen Entschließungsantrag ein, in dem von
der Bundesregierung die Rücknahme der Tabakgesetznovellen 2015 und
2016 und an ihrer Stelle ein "TabakgesetzNEU" verlangt wird.
Auch die NEOS sind mit der Novellierung nicht zufrieden. Gerald
Loacker (N) kritisierte die aus seiner Sicht fahrlässige Art und
Weise, mit der die EU-Richtlinie umgesetzt wurde. Das Gesetz enthalte
eine Reihe absurder Detailbestimmungen, viele Kleinunternehmen würden
damit wirtschaftlich geschädigt. Ziele man auf Jugendschutz ab, dann
wäre es besser, das Alter, ab dem man Zigaretten legal erwerben darf,
auf achtzehn Jahre anzuheben. Loacker wies in einem Abänderungsantrag
auch auf einen Schreibfehler im Gesetzestext hin, der zu korrigieren
sei. Die Bezeichnung für die Schrifttype der vorgeschriebenen
Warnhinweisen auf den Packungen müsse "Helvetica" lauten, nicht
"Helvetika".
Ebenso wandte sich der fraktionslose Abgeordnete Rupert Doppler gegen
die Novelle. Die EU-Richtlinie enthalte einige vernünftige Ansätze,
ihre Umsetzung durch die österreichische Regierung gehe aber darüber
hinaus und schädige Wirtschaftstreibende, vor allem die
TrafikantInnen.
Philip Kucher (S) begrüßt hingegen die Novelle und sagte, angesichts
der schwerwiegenden Folgen von Rauchen und Passivrauchen müsse die
Politik ihre Verantwortung wahrnehmen und über Gesundheitsgefahren
informieren. Irreführende Angaben werden daher verboten und die
Gefahren des Rauchen deutlich gemacht. Mit einem Abänderungsantrag
von ÖVP und SPÖ, den Abgeordneter Kucher einbrachte, werden einige
Klarstellungen im Gesetzestext vorgenommen. Sie betreffen in erster
Linie Regelungen für das Inkrafttreten einzelner Teile der
Gesetzesnovelle. Erwin Rasinger (V) sprach sich aus der Perspektive
des Arztes für die Novelle aus. Leider müsse er feststellen, dass der
Jugendschutz beim Rauchen nicht ausreichend eingehalten werde. Umso
wichtiger sei mehr Aufklärung über die Folgeschäden des Rauchens, das
Gesetz sei ein Beitrag dazu.
Robert Lugar (T) konzedierte, dass Rauchen ein schwerwiegendes
Gesundheitsproblem darstellt. Man solle daher alles unterstützen, was
Menschen hilft, das Rauchen aufzugeben. Mit der E-Zigarette habe er
selbst, wie viele andere, nur positive Erfahrungen gemacht. Nun
erschwere man den Zugang zu dieser gefahrlosen Alternative und
verhindere, dass Leben gerettet werden, kritisierte er. Die E-
Zigarette sei kein Tabakprodukt und müsse aus dem Tabakgesetz
herausgenommen werden.
Positiv stehen die Grünen zu den Neuerungen im Tabakgesetz. Nach
Auffassung von Eva Mückstein (G) geht es dabei um die Abwägung
zwischen Selbstbestimmung und Gesundheitspolitik. Ziel sei es,
besonders Jugendliche für die Gefahren des Rauchens zu
sensibilisieren. Daher hält sie es im Sinne der Prävention auch für
sinnvoll, den Zugang zur E-Zigarette zu erschweren, denn diese
enthalte nicht nur gesundheitsgefährdende Stoffe, sie animiere, wie
Studien belegten, auch zum Rauchen an sich.
ÖVP-Behindertensprecher Franz-Joseph Huainigg sagte, er begrüße die
Abschreckungsbilder auf den Zigarettenpackungen zwar grundsätzlich.
Bilder, die Rauchen mit Behinderung in Verbindung bringen, seien aber
nicht akzeptabel. Behinderte Menschen müssten nach wie vor um ihre
positive Wahrnehmung in der Gesellschaft kämpfen, sie zur
Abschreckung zu verwenden, sei daher nicht in Ordnung. Daher begrüße
er es, dass der Gesundheitsausschuss der Novelle eine Entschließung
mitgegeben habe, wonach es bei den kombinierten Warnhinweisen auf den
Zigarettenpackungen zu keiner Diskriminierung behinderter Menschen
kommen darf.
Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser versprach, bei der EU-
Kommission darauf zu drängen, dass behinderte Menschen nicht auf
Schockbilder dargestellt werden. Die Novelle enthalte neben
gesundheitspolitischen Aspekten viele technische Details, die auf
Verbesserungen des Jugendschutzes hinauslaufen, indem der Zugang zu
Zigaretten und Tabakprodukten erschwert wird, betonte sie.
Der Rückverweisungsantrag der Freiheitlichen sowie ihre Forderung
nach Ersetzung der letzten beiden Novellen zum Tabakgesetz durch ein
TabakgesetzNEU blieben in der Minderheit. Der Abänderungsantrag der
NEOS wurde ebenfalls mehrheitlich abgelehnt. Die Novelle des
Tabakgesetzes wurde damit in der Fassung des Abänderungsantrags der
Koalitionsparteien mehrheitlich angenommen. Die auf Verlangen der
Freiheitlichen durchgeführte namentliche Abstimmung ergab eine
Mehrheit von 110 Ja-Stimmen, denen 36 Nein-Stimmen gegenüberstanden.
Mit Mehrheit angenommen wurden auch zwei Entschließungen des
Gesundheitsausschusses. Demnach soll erstens bei den Warnhinweisen
keine Diskriminierung behinderter Menschen stattfinden, des Weiteren
werden klare Rückverfolgbarkeitsregelungen für Tabakprodukte auf
einer einheitlichen europäischen Basis gefordert. (Fortsetzung
Nationalrat) sox
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