- 12.04.2016, 09:59:40
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Ein Boot für Fred Feuerstein: Vom Baumriesen zum Rieseneinbaum
Bundesforste fällen Mammut-Tannen für prähistorische Einbäume - Archäologen und Pfahlbauverein Attersee schnitzen Einbaum mit Steinzeitwerkzeug – Baumriesen unter Wasser
Utl.: Bundesforste fällen Mammut-Tannen für prähistorische Einbäume
- Archäologen und Pfahlbauverein Attersee schnitzen Einbaum
mit Steinzeitwerkzeug – Baumriesen unter Wasser =
Wien/Purkersdorf (OTS) - Ein ungewöhnliches Seemanöver fand dieser
Tage am Attersee in Oberösterreich statt: Zwei Einbaum-Boote aus
mächtigen Riesentannen – geschnitzt nach steinzeitlichem Vorbild –
wurden in Ufernähe bei Seewalchen im Seewasser versenkt. Vor rund
8.000 Jahren waren die einfachen Boote geschlagen aus einem einzigen
Baumstamm das wichtigste Verkehrsmittel an den Gewässern des
Alpenraums. Mit Unterstützung der Österreichischen Bundesforste (ÖBf)
führt heute der Verein „Pfahlbau am Attersee“ die jahrtausendealte
Tradition fort: „Damals wie heute ist der Wald eine unersetzliche
Lebensgrundlage für die Menschen – Holz ist ein wichtiger Bau- und
Brennstoff, Wild und Fisch eine unverzichtbare Nahrungsquelle“,
erläutert Bundesforste-Vorstand Rudolf Freidhager. „Für die beiden
Einbäume haben wir in unseren Wäldern am Attersee zwei besonders
monumentale Baumexemplare ausgesucht, die in ihren Dimensionen
einzigartig sind. Mit einer Höhe von fast 50 Metern und einem Umfang
von bis zu 3,4 Metern kann man wahrlich von Mammut-Bäumen sprechen“,
so der Vorstand. Einer der beiden Stämme wurde unter fachkundiger
Anleitung des Experimentalarchäologen Wolfgang Lobisser von der
Universität Wien nach dem Vorbild der Pfahlbauer in der Jungsteinzeit
mit prähistorischem Werkzeug aus Holz, Stein, Eisen oder Bronze
gefertigt. Nach der Rohbearbeitung wurden die Einbäume für mehrere
Wochen in Ufernähe im Attersee versenkt, bevor sie im Sommer ihren
finalen Schliff erhalten werden. 2011 bereits erklärte die UNESCO
mehrere besonders gut erhaltene Pfahlbau-Siedlungen am Attersee zum
Weltkulturerbe.
Historischer Einbaum aus Tannenholz
„Prähistorische Funde belegen, dass häufig Tannenholz für Bauten
an und im Wasser verwendet wurde. Das Holz ist fest und stabil und
dennoch mit einfachen Werkzeugen gut zu bearbeiten“, weiß Freidhager.
Das Holz für die beiden Einbäume stammt unmittelbar aus der Region:
Die Bundesforste ernteten zwei riesige, rund 120 Jahre alte
Weißtannen (Abies alba) im ÖBf-Revier Loibichl in der Nähe des
Egelsees bei Unterach am Attersee. „Die Weißtanne ist eine für die
Region typische und vor allem ökologisch wertvolle Baumart. In den
Fichten-Buchen-Tannenmischwäldern trägt sie maßgeblich zur Festigung
des feuchten und tiefgründigen Lehmbodens bei“, erklärt der
Forstwirt.
Ein Holzriese unter Wasser
Das Archäologie-Team der Universität Wien und der Pfahlbauverein
verarbeiten die neun Meter langen Rundholzstämme zu Einbaum-Booten.
„Bei einem Stamm verwenden wir Werkzeuge, die nach Vorbild von
Originalfunden aus der Stein-, Bronze- und Eisenzeit hergestellt
wurden“, berichtet Gerald Egger vom Pfahlbauverein Attersee. „Wir
wollen damit den ursprünglichen Charakter eines Einbaums für alle
erlebbar und nachvollziehbar machen.“ In insgesamt 600
Arbeitsstunden wird von Hand zuerst der Rumpf des Bootes abgeflacht,
an den Enden Bug und Heck ausgestaltet und die Innenseite des
Baumstammes grob ausgehöhlt. Zusammen mit dem maschinell gefertigten
Einbaum wurde der Steinzeit-Einbaum nun von der Freiwilligen
Feuerwehr Seewalchen im Attersee versenkt und verbleibt für mehrere
Wochen im See. „Durch die Wasserung kommt das Holz „zur Ruhe“ und
hört auf zu arbeiten. Damit wird auch der später über Wasser
befindliche Einbaum-Teil widerstandsfähiger gegen pralle
Sonneneinstrahlung, Wind oder Regen“, weiß der Vorstand der
Bundesforste, die nicht nur die umliegenden Wälder, sondern auch den
Attersee nachhaltig bewirtschaften.
Einbaum ahoi – Bootsrennen zum Weltkulturerbefest
Nach mehreren Wochen im Wasser werden die Holzriesen erneut
geborgen, an Land getrocknet und in Feinbearbeitung zu
Original-Einbäumen ausgestaltet. Vom 25. bis 31. Juli 2016 besteht
für Interessierte die Möglichkeit, die Arbeit der Einbaum-Bauer auf
der Seewalchener Promenade hautnah mitzuerleben. Zum Einsatz kommen
die Boote erstmals im Rahmen des Attersee-Weltkulturerbefestes am 6.
August 2016. Nach prominenter Taufe werden die Boote zu Wasser
gelassen und dienen alsdann unter anderem als prähistorische
Rennboote.
UNESCO Weltkulturerbe: Pfahlbau in der Jungsteinzeit
Pfahlbauten aus Holz galten in der Jungsteinzeit als typische
Siedlungsart für den Alpenraum. Die Stelzenbauten wurden meist an,
manchmal auch in die Seen und Flüsse gebaut. Die dicht bewaldeten und
steil zum Wasser abfallenden Berghänge, machten die Fortbewegung über
das Wasser mittels Einbaum zum bevorzugten Transportweg. Allein am
Attersee konnten die Überreste von mehr als 30 Pfahlbaudörfern aus
der Jungsteinzeit (Neolithikum) nachgewiesen werden. Über die
Jahrtausende wurden Holzbauten und Werkzeuge der Steinzeitmenschen
unter Sauerstoffabschluss und geschützt durch Sedimente am Grund des
Attersees konserviert. 2011 erklärte die UNESCO Teile der
archäologisch wertvollen Überreste zum Weltkulturerbe. „Der Verein
Pfahlbau am Attersee vermittelt dieses historische Wissen in
anschaulichen Führungen für Jung und Alt oder eben Aktivitäten wie
dem Weltkulturerbefest am 6. August 2016“, sagt Egger. Freidhager
abschließend: „Wir freuen uns sehr, dass wir zum Erhalt dieses
einzigartigen kulturellen Erbes in der Region beitragen können.“
Pressefotos unter www.bundesforste.at
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