• 30.03.2016, 15:55:53
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Ex-Bawag-Chefs zahlen keinen Cent für das Monsterverfahren

Helmut Elsner und Johann Zwettler wurden nach 147 Verhandlungstagen zu jahrelanger Haft verurteilt. Für die Millionenkosten muss der Steuerzahler allein aufkommen.

Utl.: Helmut Elsner und Johann Zwettler wurden nach 147
Verhandlungstagen zu jahrelanger Haft verurteilt. Für die
Millionenkosten muss der Steuerzahler allein aufkommen. =

Wien (OTS/SN) - Fritz Pessl

Das Strafverfahren gegen die Ex-Bawag-Generaldirektoren Helmut Elsner
und Johann Zwettler ist längst beendet. Elsner erhielt die
Höchststrafe von zehn Jahren Haft wegen Untreue, sein Nachfolger
wurde rechtskräftig zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Aus
Krankheitsgründen müssen die beiden betagten Ex-Bankmanager (80 und
74) ihre Haftstrafen nicht absitzen. Erst jetzt, achteinhalb Jahre
nach Beginn des Monsterprozesses, rechnete der zuständige Erstrichter
Christian Böhm die Kosten des Verfahrens ab, wie die "Salzburger
Nachrichten" in ihrer morgigen Ausgabe berichten.
Er entschied entgegen sonstigen Usancen, dass die Kosten in diesem
Fall der Steuerzahler trägt und diese nicht unter den rechtskräftig
schuldig Gesprochenen aufgeteilt werden. „Die Verfahrenskosten
betreffend Elsner, Zwettler, Nakowitz und Weninger wurden jeweils
für dauernd uneinbringlich erklärt, was zwischenzeitig auch bereits
in Rechtskraft erwachsen ist“, teilte Christina Salzborn, Sprecherin
des Landesgerichts Wien, auf SN-Anfrage mit. Mit den beiden anderen
Namen sind Ex-Bawag-Generalsekretär Peter Nakowitz und Günter
Weninger, Ex-Vizepräsident des Gewerkschaftsbundes (ÖGB) und
Ex-Bawag-Aufsichtsratschef, gemeint, die ebenfalls rechtskräftig
verurteilt wurden.
Wie kam es zu dieser Entscheidung des Richters? Die
Strafprozessordnung besagt, dass die Opfer von Kriminellen vorrangig
zu befriedigen sind. Sollte dann noch Vermögen vorhanden sein, sind
erst mit diesem Geld die Kosten für ein Strafverfahren zu bezahlen.
„In diesem Fall ist das Opfer eine Bank“, betonte Salzborn. Die Bawag
verfüge über einen rechtskräftigen Exekutionstitel über zehn Mill.
Euro gegen Elsner. Zwettler habe sich mit der Bank auf einen
Vergleich geeinigt. Er leiste Schadensgutmachung, indem er einen Teil
seiner Pension an die Bank abtrete. Und die Bawag habe weitere
zivilrechtliche Verfahren angestrengt, erklärte Salzborn.
Erst jüngst hat das Gericht eine einstweilige Verfügung aufgehoben,
mit der ein Teil des Vermögens von Elsner eingefroren war. Darunter
die Gambit-Privatstiftung, in der sich sein Landhaus in Mougins
(Südfrankreich) und ein Millionenbetrag befinden. Das auf einem
Bawag-Konto befindliche Geld begehrt die Bank, gegen das Anwesen mit
einem Schätzwert von 3,5 Mill. Euro hingegen wird nicht Exekution
geführt. Richter Böhm ging in seinem Beschluss jedenfalls davon aus,
dass mit Abschluss aller Zivilprozesse von den Verurteilten nichts
mehr zu holen sein wird.
Damit trägt die Republik Österreich, sprich der Steuerzahler, die
Kosten für das bislang längste und aufwendigste
Wirtschaftsstrafverfahren der Zweiten Republik. Insgesamt 1.362.014
Euro sind angefallen, die sich folgendermaßen aufteilen: 9700 Euro
wurden für Auslandszeugen ausgelegt, 168.000 Euro fielen für
Übersetzer an, die Aktenteile (großteils aus dem Englischen und
Französischen) schriftlich ins Deutsche übertrugen.
Der mit Abstand größte Brocken entfiel auf Gutachter aus den
Bereichen Finanzwirtschaft und Medizin mit mehr als 1,18 Mill. Euro.
Allein der Wirtschaftsprüfer Fritz Kleiner legte eine Kostennote von
mehr als 600.000 Euro. Bilanzgutachter Thomas Keppert erhielt netto
mehr als 300.000 Euro, der vom Gericht abgelehnte Sachverständige
Christian Imo mehr als 50.000 Euro.
Weiters kostspielig: Die Tagsätze des Arztes, der während des
gesamten Verfahrens an der Seite des herzkranken Elsner saß und
dessen Verhandlungsfähigkeit beurteilen musste. Immerhin fielen 147
Verhandlungstage vor Erstrichtern an.
Alles begann am 16. Juli 2007: Den Vorsitz des Schöffengerichts
führte Claudia Bandion-Ortner. Neben Elsner und Zwettler saßen
sieben weitere Personen auf der Anklagebank. Der Prozess dauerte
knapp eineinhalb Jahre, an 117 Tagen wurde verhandelt. Das Urteil
fällte Bandion-Ortner kurz vor Weihnachten 2008, gleich danach wurde
sie Justizministerin. Sie ging von einem Schaden durch unerlaubte
Spekulationsgeschäfte von weit über einer Milliarde Euro aus. „Wegen
Straftaten des Bawag-Vorstandes hätten mehr als 1000 Menschen auf
ihre Betriebspension verzichten müssen“, erklärte Bandion-Ortner
später als Ministerin. Der Oberste Gerichtshof hob ihr Urteil
großteils auf, weshalb 2012 erneut 30 Tage vor einem Erstgericht
verhandelt werden musste.
Was in den knapp 1,4 Mill. Euro noch nicht berücksichtigt wurde, sind
Kosten für Richter, Staatsanwälte, Beisitzer, Schriftführer,
Kanzleikräfte, EDV und Raummiete für den Verhandlungssaal. Diese
werden auch als Gerichtskosten bezeichnet und werden in einem
Schöffenprozess mit einer Pauschale zwischen 250 und 5000 Euro für
das gesamte Verfahren pro Verurteiltem festgesetzt. Ein Betrag, der
für das Bawag-Monsterverfahren geradezu lächerlich ist.
Britta Tichy-Martin, Sprecherin im Justizministerium, erklärte, eine
Wirtschaftlichkeitsrechnung für Gerichtskosten sei nie angestellt
worden: „Was kostet eine Richterstunde? Wie soll man das bemessen?
Man kann Verhandlungszeit nicht seriös berechnen.“
Exakt abgerechnet wurden hingegen die Kosten für einen für
medizinische Notfälle ausgestatteten Learjet. Mit dem wurde Elsner
gegen seinen Willen im Februar 2007 von Marseille nach Wien
transportiert. Auch dafür zahlt die Republik.

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