• 29.02.2016, 13:59:52
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Flüchtlingskrise: Die Kommission nimmt EU-Staaten in die Pflicht

Wojahn: "Alleingänge verschieben und vertiefen die Probleme, führen aber zu keinen Lösungen."

Utl.: Wojahn: "Alleingänge verschieben und vertiefen die Probleme,
führen aber zu keinen Lösungen." =

Wien (OTS) - In einer Presseaussendung bezog heute der Vertreter der
Europäischen Kommission in Österreich zu den jüngsten Vorwürfen gegen
die Brüsseler Behörde Position: "Jeder in Brüssel erkennt Österreichs
besonderes Engagement in der Flüchtlingskrise an", so Jörg Wojahn:
"Alleingänge aber verschieben und vertiefen die Probleme. Sie führen
zu keinen Lösungen." Er fügte hinzu: "Die Kommission hat Vorschläge
für einen gemeinsamen europäischen Ausweg aus der Krise längst auf
den Tisch gelegt. Die Mitgliedstaaten müssen sie allerdings auch
umsetzen."
Wojahn erläuterte die Haltung der EU-Kommission: "Gewiss, es ist
traurig, wenn in den Hauptstädten dazu nicht genügend geschieht. Aber
wir schauen dabei nicht einfach tatenlos zu, wie manche behaupten.
Über 60 Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten, die
unsere gemeinsamen Asylvorschriften verletzten, sprechen für sich.
Besonders Griechenland haben wir zur Einhaltung der
Schengen-Vorschriften streng in die Pflicht genommen." Es gebe daher,
so Wojahn, "für Österreich wenig Grund, sich wegen des einen oder
anderen Briefes aus Brüssel ungerecht behandelt zu fühlen". Wojahn:
"Wir sind zu allen gleich streng." Er fügte hinzu: "Gleichzeitig
bieten wir aber auch allen betroffenen Mitgliedstaaten europäische
Unterstützung an: mit Sachmitteln genauso wie mit EU-Geldern und,
soweit möglich, mit Personal".
Unverständnis zeigte der Vertreter der Kommission für die Klage, die
EU-Grenzschutzagentur Frontex nehme den Schutz der Außengrenzen nicht
wahr: "Wie sollte sie? Frontex hat dazu gar nicht das Mandat, denn
unsere Mitgliedstaaten wollten nie, dass es EU-Grenzschützer gibt",
erläuterte Wojahn. Er fügte hinzu: "Gerade deshalb hat die
Europäische Kommission im Dezember einen Gesetzesvorschlag vorgelegt,
der endlich einen echten EU-Grenz- und Küstenschutz schaffen soll:
mit eigenen Grenzschützern und erstmals auch mit eigenen
Sachmitteln". Es sei nun an den Mitgliedstaaten, diese Grenztruppe so
rasch wie möglich ins Leben zu rufen: "Stattdessen verzögern einige
Regierungen sie weiter unter dem Vorwand, irgendein überholtes
Konzept von Souveränität hochzuhalten", so Wojahn.
Auch Kritik an angeblich schleppenden Rückführungen abgelehnter
Asylwerber durch die EU lässt der Vertreter der Kommission nicht
gelten: "Es ist nicht irgendein imaginierter Frontex-Beamter, der
jemanden ins Flugzeug setzt. Das darf Frontex gar nicht. Es sind die
Exekutivbeamten der Mitgliedstaaten, die das zu tun haben. Und sie
haben es in den letzten Jahren vielleicht nicht überall und immer
ausreichend getan. Daran trägt aber die EU keine Schuld. Wir haben
unterstützt, wo wir konnten." Zum Rückführungsübereinkommen mit
Marokko erläuterte Wojahn: "Es stimmt, dass die Verhandlungen sich
seit Jahren hinziehen. Solange die Regierungen in der EU weiter
darauf bestehen, dass die Kommission von Marokko verlangt, auch
Nicht-Marokkaner zurückzunehmen, wird leider auch nicht viel
weitergehen. Etwas anderes wäre es, wenn wir uns allein auf die
Rücknahme von Marokkanern konzentrieren könnten". Wojahn weiter:
"Andere EU-Vereinbarungen mit Marokko sind eine Erfolgsgeschichte: Es
kommt zum Beispiel praktisch kein Flüchtlingsboot mehr über die
Straße von Gibraltar". Das beweise, so Wojahn, "wie groß auch die
Wirkung des gemeinsamen Aktionsplans der EU mit der Türkei sein
kann". Er zeigte sich in diesem Zusammenhang optimistisch, dass der
EU-Türkei Gipfel am 7. März entsprechende Fortschritte bringe.

ZTL: Die Europäische Kommission und die Flüchtlingskrise – ein
Überblick:
• Herausforderung früh erkannt: Die Europäische Kommission hatte
bereits 2014 die bevorstehende Herausforderung erkannt - lange vor
vielen mittel- und nordeuropäischen Mitgliedstaaten:
Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärte die Migrationsfrage
zu einem Schwerpunkt seines fünfjährigen Mandats.
• Frühzeitige konkrete Lösungen: Monate vor den großen
Flüchtlingsströmen des Sommers hatte die Kommission schon im Mai 2015
mit ihrer sogenannten Migrationsagenda den Mitgliedsstaaten ein
umfassendes Konzept vorgelegt. Vor allem die Idee der Verteilung von
Flüchtlingen verschleppten die Regierungen jedoch über Monate.
• Solidarische Verteilung beschlossen: Im September 2015 gelang
zunächst der Durchbruch. Die Staaten akzeptieren den Vorschlag der
Kommission, 160.000 Flüchtlinge solidarisch zu verteilen. Nach einem
gerechten Schlüssel, der nicht nur nach der Bevölkerungsgröße,
sondern auch nach Wirtschaftskraft, Arbeitslosenquote und bereits
anerkannten Asylwerbern unterscheidet: Österreich bekam zuletzt sogar
eine Ausnahmeregelung, weil das Land überdurchschnittlich viele
Flüchtlinge beherbergt. In der Praxis aber hakt es an der
Durchsetzung des Gesamtkonzepts.
• Schlagkräftiger EU-Grenzschutz: Ein echter EU-Küsten- und
Grenzschutz, der die Außengrenzen der Union selbst dann schützt, wenn
ein Staat am Rande der EU es nicht selbst kann oder will – so lautet
der Vorschlag, den die Kommission im Dezember vorgelegt hat. 1000
EU-Bedienstete plus 1500 nationale Grenzschützer in Bereitschaft
könnten mit eigenen Sachmitteln – Fahrzeugen, Flugzeugen, Schiffen –
eingreifen. Noch in diesem Jahr könnte der EU-Grenzschutz entstehen,
wenn die Regierungen es wollen.
• Abkommen mit der Türkei: Ein gemeinsamer Aktionsplan mit der Türkei
soll Schleppern das Handwerk legen, die Lasten bei der
Flüchtlingshilfe teilen und Flüchtlingen Perspektiven in der Türkei
selbst geben – so die Hauptelement dieses von der Kommission
ausgehandelten Übereinkommens. Ankaras Erlaubnis an syrische
Flüchtlinge, legal arbeiten zu dürfen, ist ein erster großer Erfolg.
Auch die neue gemeinsame NATO-Operation in der Ägäis, die nun die
Seegrenze sichern soll, wäre ohne diesen Aktionsplan kaum denkbar
gewesen.
• Humanitäre Hilfe vor Ort: Während einige EU-Staaten noch 2015 ihre
nationalen Hilfsgelder für Flüchtlinge in den Nachbarländern Syriens
kürzten, hat die Europäische Kommission massiv EU-Gelder mobilisiert.
Mehr als 5 Mrd Euro hat die Europäische Union für die
Flüchtlingshilfe auf den Weg gebracht – damit die Menschen in
Nachbarländern wie Jordanien und Libanon bleiben können und sich gar
nicht erst auf den gefährlichen Weg machen müssen.
Weitere Informationen zur Umsetzung der Migrationsagenda der
EU-Kommission finden Sie hier:
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-271_de.htm

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