- 10.02.2016, 15:43:29
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Zugunglück Bad Aibling: Systemische Sicherheitsmängel?
vida-Hebenstreit fordert einheitliche Ausbildungsstandards in europäischen Bahnunternehmen – Kritik an EU-Kommission
Utl.: vida-Hebenstreit fordert einheitliche Ausbildungsstandards in
europäischen Bahnunternehmen – Kritik an EU-Kommission =
Wien (OTS) - „Beim Zugunglück in Bayern wird man sich genau anschauen
müssen, ob die erforderlichen technischen und organisatorischen
Sicherungsmaßnahmen ausreichend waren“, erklärt Roman Hebenstreit,
Vorsitzender des Fachbereichs Eisenbahn in der Gewerkschaft vida, zum
tragischen Bahnunfall in Bad Aibling. „Traurigerweise sind es immer
große Katastrophen, die die Öffentlichkeit Fragen nach ausreichender
Sicherheit in Europas Bahnnetzen stellen lassen“, betont der
Gewerkschafter. ++++
Vorschnell die Schuld auf einen einzelnen Mitarbeiter abzuwälzen sei
jedenfalls der falsche Weg. Auch die deutsche Polizei spricht in
diesem Zusammenhang von „reiner Spekulation“. Jetzt gelte es, die
Untersuchungsergebnisse zur Unfallursache abzuwarten. „Es muss genau
überprüft werden, ob hier nicht systemische Sicherheitsmängel
vorliegen“, betont Hebenstreit. Das Grundprinzip im Eisenbahnwesen
laute schließlich: „Ein Fehler eines Einzelnen darf nicht zur
Katastrophe führen“. Der Eisenbahnverkehr hat sich daher für einen
sicheren Betrieb und zum Schutz gegen den „Fehlerfaktor Mensch“ schon
seit jeher einer Vielzahl technischer Sicherungsmaßnahmen bedient.
Wie es beim Unfall in Bad Aibling dazu kommen konnte, dass all diese
Mechanismen versagt haben, müsse nun die Unfalluntersuchung ergeben.
Die Eisenbahn ist eine „industrialisierte Form des Verkehrs“, wie
etwa auch das Luftverkehrswesen, erklärt Hebenstreit. Dies bedeute
ein arbeitsteiliges Zusammenwirken von zwei oder mehr Personen im
Betrieb (z.B. Triebfahrzeugführer – Fahrdienstleiter oder
Verkehrspilot und Fluglotse), der Führer des Fahrzeuges verfügt immer
nur über einen Teil der notwendigen Informationen. Umso wichtiger ist
deshalb eine fundierte Ausbildung der Mitarbeiter in
sicherheitsrelevanten Bereichen.
Österreich ist Vorreiter bei Ausbildungsstandards
„Im Bereich der Ausbildung von Bahnpersonal nimmt Österreich eine
Vorreiterrolle ein“, lobt Hebenstreit die vom BMVIT erlassene
Eisenbahn-Eignungs- und Prüfungsverordnung (EisEPV), welche am 1.
Juli 2013 in Kraft getreten ist. Diese stellt sicher, dass
EisenbahnerInnen, die sicherheitsrelevante Tätigkeiten ausüben, eine
einheitliche Ausbildung nach klar definierten Regeln erhalten. Zudem
sind auch die Anforderungen, welche die AusbildnerInnen und
PrüferInnen in allen Eisenbahnunternehmen zu erfüllen haben,
festgelegt.
EU-Kommission untergräbt Qualität und Sicherheit
Auf europäischer Ebene sieht die Sache jedoch anders aus: „Die
bisherigen Aktivitäten der Europäischen Kommission gehen hier leider
den genau gegenteiligen Weg“, kritisiert Hebenstreit. Die
Liberalisierung werde weiter vorangetrieben und somit auch der
Kosten- und Leistungsdruck auf Mitarbeiter und Management erhöht.
„Einheitliche Ausbildungsstandards, etwa für einen Fahrdienstleiter,
sucht man hingegen vergebens“, betont der Gewerkschafter. Während man
im Straßenverkehr über die Ausweitung von Führerschein-Probezeiten
diskutiere, versucht die European Railway Agency (ERA), die
Anforderungen an Grundqualifikation beim Triebfahrzeugführer auf
Pflichtschulniveau zu senken, kritisiert Hebenstreit.
„Ich fordere einheitliche, modulare Ausbildungen im europäischen
Eisenbahnwesen, wie dies etwa auch in der Luftfahrt der Fall ist“, so
Hebenstreit. „Ich halte überhaupt nichts davon, dass Unter-20-jährige
bereits einen voll besetzten Schnellzug steuern dürfen sollen“, so
der Gewerkschafter. Auch sollte man meinen, dass technische
Überprüfungen überall dasselbe Niveau haben - Wie dies jedoch ohne
normierte Ausbildung des Prüfpersonals sichergestellt werden soll,
ist fraglich. „Wir brauchen daher rasch eine Vereinheitlichung der
Ausbildungsstandards. Und die muss sich am höchsten Niveau
orientieren“, so Hebenstreit abschließend. (Schluss)
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