• 10.02.2016, 11:53:32
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Artikel auf Innsbrucker Webseite der Bezirksblätter Angstmache und Ethikverstoß

Wien (OTS) - Der Senat 3 des Presserats beschäftigte sich mit dem
Artikel „In Innsbruck ist niemand mehr sicher“, erschienen am
12.10.2015 auf „meinbezirk.at/innsbruck“.

Nach Ansicht des Senats verstößt der Artikel gegen Punkt 3 des
Ehrenkodex für die österreichische Presse, wonach es für die Leser
klar sein muss, ob es sich bei einem journalistischen Text um einen
Tatsachenbericht oder einen Kommentar handelt.

In dem Artikel wird die Sicherheitslage in Innsbruck beschrieben.
Dabei wurden insgesamt vier, aus einer Nacht stammende
Pressemeldungen der Landespolizeidirektion Tirol veröffentlicht (über
einen Raubüberfall und über Diebstähle) und mit einer provokant
formulierten Einleitung versehen, die folgendermaßen lautet: „Die
Sicherheitslage in Innsbruck eskaliert. Bewaffnete Raubüberfälle sind
mittlerweile alltäglich geworden, Einbrüche sowieso. Innsbruck
versinkt in Gewalt und Verbrechen. Wer sich nach Einbruch der
Dunkelheit irgendwo in der Landeshauptstadt aufhält – und sei es nur
um nach Feierabend noch eine Runde zu joggen – hat gute ‚Chancen‘
verletzt oder ausgeraubt zu werden. Aber auch in den eigenen vier
Wänden ist niemand mehr sicher. Einbrüche stehen ebenfalls auf der
‚Tagesordnung‘. Nachstehende Meldungen sind nicht etwa die
Zusammenfassung einer Woche. Dabei handelt es sich um die Vorfälle,
die sich in Innsbruck in nur EINER NACHT !!! ereignet haben.“

Der Senat hält zunächst fest, dass dem Artikel später ein Hinweis
vorangestellt wurde, dass es sich bei der Einleitung des Artikels um
eine gezielte Übertreibung gehandelt habe. In einem weiteren Artikel
wurde erläutert, dass es sich bei dem ursprünglichen Beitrag um eine
gezielte Provokation gehandelt habe. Man habe die Reaktionen der
Leser darauf testen wollen.

Die Bezirksblätter haben dem Presserat gegenüber eine Stellungnahme
abgegeben: Durch die Einleitung des Artikels sollte auf die
dramatische Entwicklung der sich seit Jahren verschlechternden
Sicherheitslage in Innsbruck hingewiesen werden. Es seien nur
Polizeimeldungen wiedergegeben und keine Beschuldigungen erhoben
worden. Die dramatische Formulierung sollte möglichst viele Nutzer
erreichen und dazu auch zur Prävention beitragen.

In einem Folgeartikel, ebenfalls erschienen am 12.10.2015 auf
„meinbezirk.at/innsbruck“, wurde angemerkt, dass die „ergänzende,
einleitende Schlussfolgerung […] ein wertender Kommentar des Autors“
gewesen sei. Die Kennzeichnung als Kommentar blieb im ursprünglichen
Artikel jedoch aus und war für die Leser laut Senat nicht klar
erkennbar.

Der Senat sieht es als kritisch an, im Rahmen eines Berichts eine Art
Experiment oder, wie von den Bezirksblättern formuliert, eine
„gezielte Provokation“ durchzuführen, die „den Sinn hatte, zu testen
wie sich ‚eine boulevardeske Aufmachung einer simplem Polizeimeldung
auf die Leserzahlen auswirkt‘“. Einen derartigen „Test“ qualifiziert
der Senat als Angstmache und Beunruhigung der Leser, deren
Sinnhaftigkeit sich dem Senat nicht erschließt.

Der Senat ist der Auffassung, dass der ursprüngliche Artikel gegen
das Gebot der Unterscheidung von Kommentar und Bericht und somit
gegen Punkt 3.1 (Unterscheidbarkeit) des Ehrenkodex verstößt.
Der Senat fordert die Medieninhaberin auf, die Entscheidung
freiwillig in dem betroffenen Medium zu veröffentlichen.

SELBSTÄNDIGES VERFAHREN AUFGRUND EINER MITTEILUNG EINES LESERS
Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen
Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und
Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der Senate des
Presserats sind weisungsfrei und unabhängig.

Im vorliegenden Fall führte der Senat 3 des Presserats aufgrund einer
Mitteilung eines Lesers ein Verfahren durch (selbständiges Verfahren
aufgrund einer Mitteilung). In diesem Verfahren äußert der Senat
seine Meinung, ob ein Artikel oder ein journalistisches Verhalten den
Grundsätzen der Medienethik entspricht. Die Medieninhaberin von
„meinbezirk.at/innsbruck“ hat von der Möglichkeit, an dem Verfahren
teilzunehmen, Gebrauch gemacht.

Die Medieninhaberin der „Bezirksblätter Tirol“ hat sich der
Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats unterworfen.

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | OPR

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