- 10.02.2016, 10:27:20
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Ende des Projekts "Hilfe für Opfer von Gewalt in Einrichtungen der Wiener Jugendwohlfahrt"
Kinder- und Jugendanwaltschaft und Psychosozialer Dienst Wien bieten in Zukunft rechtlich und therapeutische Hilfe
Utl.: Kinder- und Jugendanwaltschaft und Psychosozialer Dienst Wien
bieten in Zukunft rechtlich und therapeutische Hilfe =
Wien (OTS) - "Als Stadt war und ist es unsere Pflicht, unsere
Verantwortung wahrzunehmen, geschehenes Unrecht ohne Relativierung
anzuerkennen und uns dafür zutiefst zu entschuldigen. Das Leid der
Betroffenen kann nicht rückgängig gemacht werden, aber wir haben viel
unternommen um eine Entstigmatisierung der Betroffenen zu
gewährleisten und den Opfern finanzielle und therapeutische
Hilfestellung zu geben. Auch nach dem Ende des Projekts "Hilfe für
Opfer von Gewalt in Einrichtungen der Wiener Jugendwohlfahrt" wird
die Stadt Wien Opfern auch weiter Hilfestellung anbieten“, betont
Stadträtin Sonja Wehsely.
Die Stadt Wien hat im April 2010 nach Bekanntwerden von Gewalt- und
Missbrauchsvorwürfen in Heimen der Stadt unverzüglich mit der
Aufarbeitung des dunklen Kapitels der Wiener Jugendwohlfahrt
begonnen. Die Opferschutzeinrichtung Weisser Ring wurde als
Anlaufstelle eingerichtet und übernimmt bis heute die Betreuung der
Betroffenen sowie die unbürokratische Abwicklung der therapeutischen,
rechtlichen und finanziellen Hilfestellungen. Alle Betroffenen, die
in Einrichtungen des Wiener Jugendamtes gelebt haben und dort Gewalt
erleben mussten, konnten und können sich bei der Kinder- und
Jugendanwaltschaft melden.
Von der MAG ELF wurden mehrere historische Studien in Auftrag
gegeben, um der Geschichte der ehemaligen Heim- und Pflegekinder eine
Stimme zu geben. Im Jahre 2012 legte die Historikerkommission unter
der Leitung von Univ. Prof. Sieder einen umfangreichen Bericht über
die Erziehungskonzepte, Organisationsstrukturen und alltägliche
Erziehungspraktiken in Wiener Erziehungsheimen vor. Im Juni 2013
präsentierte die Kommission Wilhelminenberg unter der Leitung von
Dr.in Babara Helige den Abschlussbericht über das Kinderheim
Wilhelminenberg. Ebenfalls im Juni 2013 wurde die Ergebnisse der
Pflegekinder-Studie des Forschungsinstituts des FH-Campus Wien,
Leiterin FH-Prof.in Raab-Steiner, einer breiten Öffentlichkeit
vorgestellt.
Weiters wurden Studien von der MAG ELF in finanzieller oder
organisatorischer Hinsicht unterstützt: Zum einem die Wiener
Heimstudie der Universität Wien, zum anderen die Studie über das
Wiener Kinder- und Erziehungsheim Hohe Warte in der Zeit des
Nationalsozialismus und der Nachkriegsjahre der Johannes Kepler
Universität Linz.
2012 wurde die Forderung der Kinder- und Jugendanwaltschaft
umgesetzt: Die Ombudsstelle für Kinder, die in sozialpädagogischen
Einrichtungen betreut werden, wurde eingerichtet.
„Insgesamt hat die Stadt Wien in den letzten 6 Jahren Mitteln in Höhe
von € 52,53 Mio. beschlossen. Damit hat die Stadt Wien nicht nur
finanzielle Hilfestellung leisten können, sondern hat auch die Kosten
für Psychotherapie beschlossen. Darüber hinaus hat die rot-grüne
Stadtregierung in ihrem Koalitionspapier festgehalten, dass sie sich
für eine würdige nationale Gedenkzeremonie für Opfer von Gewalt in
Einrichtungen der Jugendwohlfahrt einsetzt, unter Einbeziehung
Betroffener auf Landes- und Bundesebene. Sollte dies jedoch bis Ende
2017 auf Bundesebene nicht realisierbar sein, sorgt die Wiener
Landesregierung für einen entsprechenden Schritt auf Wiener Ebene“,
so Wehsely.
Der Präsident des Weissen Rings, Prof. Dr. Udo Jesionek betont: „Für
die Opfer steht nicht die finanzielle Hilfestellung im Vordergrund,
sie wollen gehört und ernst genommen werden und sie wollen vor allem
eines: das ihnen geglaubt wird. Die Stadt Wien hat hier wie keine
andere Stadt Verantwortung übernommen. Auch nach der Beendigung wird
es für die Opfer weiter Hilfestellungen geben."
"Der Weisse Ring hat bereits über 2.700 Fälle behandelt. In rund
2.050 Fällen wurden finanzielle Unterstützungen und in über 1.580
Fällen die Kostenübernahme einer Psychotherapie beschlossen. Im
Zentrum jedes Gesprächs, jedes Falles steht der Mensch mit seinen
traumatischen Erlebnissen, die Anerkennung, dass Unrecht geschehen
ist. Die finanziellen und psychotherapeutischen Hilfestellungen
sollen den Opfern helfen, Geschehenes besser verarbeiten zu können,
eine Wiedergutmachung können sie nicht sein“, betont die
Geschäftsführerin des Weissen Rings, Mag.a Marianna Gammer und fügt
dazu, dass sich Opfer noch bis 31. März 2016 an den Weissen Ring
wenden können. Offene Fälle können bis Ende 2018 abgerechnet werden.
Als Vertreterin des ExpertInnengremiums des Weissen Rings hält Mag.
Ulla Konrad fest: "Traumatische Erlebnisse nach so langer Zeit ins
Bewusstsein zu holen und darüber zu berichten, erfordert sehr viel
Kraft und stellt eine große Herausforderung dar. Viele Menschen haben
dafür mehrere Anläufe benötigt. Traumapsychologische Hilfestellung
hilft die Lebensqualität zu verbessern und mit dem Erlebten besser
zurecht zu kommen."
Mag. Johannes Köhler, Leiter der MAG ELF betont, wie grundlegend sich
die Strukturen der Jugendwohlfahrt verändert haben: "Die
Jugendwohlfahrt hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend
verändert. Kleine Wohneinheiten und der Personalschlüssel sorgen
dafür, dass die Kinder und Jugendlichen in einer altersadäquaten
Umgebung aufwachsen. Abschottung in geschlossenen Systemen gibt es
nicht mehr. Für die Opfer von Gewalt gibt es volle Akteneinsicht
sowie Zugang zu allen Archiven. Ein eigens durchgeführter Tag der
Begegnung gab den Betroffenen die Möglichkeit, sich über die komplett
veränderten Rahmenbedingungen zu informieren. Transparenz, eine hohe
Qualitätssicherung und ein dichtes Netz an Kontrollinstanzen sorgen
dafür, dass die Kinder und Jugendlichen sicher und gut betreut leben
können."
Auch nach dem Ende des Projekts, unterstützt die Stadt Wien auch
weiter die Opfer. "Seit dem Bekanntwerden der Gewalt- und
Missbrauchsfälle in den Wiener Heimen hat die Stadt Wien
entscheidende Schritte gesetzt, um die Situation für Kinder und
Jugendliche, die nicht zu Hause wohnen können, zu verbessern. Nach
der Beendigung der "Hilfe für Opfer von Gewalt in Einrichtungen der
Wiener Jugendwohlfahrt" wird die Kinder- und Jugendanwaltschaft
gemeinsam mit dem PSD rechtliche und psychotherapeutische
Hilfestellung leisten“, hält Kinder- und Jugendanwältin Monika
Pinterits abschließend fest.
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