- 30.12.2015, 10:17:30
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Primärversorgung nur im Rahmen eines Gesamtvertrags
Ärztekammer begrüßt Positionierung der Gesundheitsministerin – Drohende Zwei-Klassen-Medizin durch Leistungseinschränkungen im extramuralen Bereich – Kritik an ELGA bleibt
Utl.: Ärztekammer begrüßt Positionierung der Gesundheitsministerin –
Drohende Zwei-Klassen-Medizin durch Leistungseinschränkungen
im extramuralen Bereich – Kritik an ELGA bleibt =
Wien (OTS) - Die Ärztekammer begrüßt den Vorstoß von
Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser, ärztliche Leistungen in der
Primärversorgung „auf jeden Fall“ in den bestehenden Gesamtvertrag
einzubinden. Für den Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte und
Vizepräsidenten der Ärztekammer für Wien, Johannes Steinhart, steht
damit außer Frage, dass dies auch für die Primary Health Care
(PHC)-Zentren zu gelten habe. ****
Auch Oberhausers Sorge um eine drohende Zwei-Klassen-Medizin kann
Steinhart „vollinhaltlich“ teilen. Seit Langem warne die Ärztekammer
vor dieser Entwicklung, „und nun ist es schön, wenn zumindest eine
Politikerin in Österreich die Probleme erkannt hat und auf
politischer Ebene dagegensteuern will – statt ständig nur zu
beschwichtigen, wie es so manche Landespolitiker und
Kassenfunktionäre in reflexartiger Verteidigung tun“.
Tatsächlich drängen immer mehr Ärztinnen und Ärzte in den privaten
extramuralen Bereich. Steinhart sieht den Hauptgrund dafür in der
mangelnden Attraktivität eines Kassenvertrags. „Kassenärzte sind mit
immer mehr Bürokratie, veralteten Honorarkatalogen, Limitierungen und
Leistungseinschränkungen konfrontiert, so Steinhart. Dazu komme der
„bei einigen Krankenkassen doch sehr eigenwillige Umgangston“, der
Ärztinnen und Ärzte immer mehr davon abhalte, einen Kassenvertrag
anzustreben.
Die Kollegenschaft fühle sich im Kassensystem oft ausgenutzt.
Nicht der Wunsch, im privaten Bereich mehr Geld zu verdienen, sei
ausschlaggebend für die Tätigkeit als Wahlarzt, sondern das System
dränge Ärztinnen und Ärzte förmlich in die Privatmedizin. Steinhart:
„Ich kann es den jungen Kolleginnen und Kollegen nicht verdenken,
dass sie sich die Mühen eines Kassenvertrags nicht mehr antun wollen
und stattdessen einen Weg wählen, wo sie sich Zeit für ihre Patienten
nehmen und medizinische Leistungen uneingeschränkt anbieten können.“
Allein in Wien bräuchte es 300 neue Kassenstellen, um dem
Patientenansturm einigermaßen gerecht werden zu können. Eine zu
geringe Anzahl an Kassenordinationen gepaart mit Limitierungen im
Leistungskatalog würden dann die langen Wartezeiten für Patienten in
einzelnen Fächern, vor allem aber im Bereich der Computertomografie
und der Magnetresonanzuntersuchungen, bedingen.
Auch die Elektronische Gesundheitsakte ELGA habe sehr viel zur
Frustration innerhalb der Kollegenschaft beigetragen. In der
derzeitigen Form sei ELGA „unpraktikabel, teuer und
datenschutzrechtlich höchst bedenklich“. Hier übt Steinhart aber auch
Kritik an der Gesundheitsministerin: „Unsere Bedenken bei ELGA als
‚böse Propaganda‘ abzutun, zeigt wenig von politischem Gespür.“ Denn
es müsse zulässig sein, über Datenschutz und Usability „offen und
unmissverständlich“ zu diskutieren, so Steinhart.
Über die Gesprächsbereitschaft der Ministerin, vor allem
hinsichtlich eines möglichen Ausbaus von PHC-Zentren, freut sich
Steinhart besonders: „Sehr gerne nehmen wir das Angebot der
Ministerin an, auf Basis der Erfahrungen aus dem Pilotprojekt in Wien
den weiteren Ausbau von PHC-Zentren zu diskutieren.“ Die
Gesprächsinhalte müssten dann aber auch die Misere der Krankenkassen
einschließlich deren gegen die Interessen der Patienten gerichteten
Sparpolitik, die notwendige und längst überfällige Aufwertung des
Hausarztes sowie die Probleme bei ELGA hinsichtlich Praktikabilität,
Datenschutz und Haftungsfragen beinhalten. (hpp)
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