• 13.12.2015, 13:59:46
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Faymann: Solidarität ist keine Einbahnstraße

Bundeskanzler Faymann spricht sich im Interview mit dem Deutschlandfunk für starke gemeinsame europäische Lösungen in Sachen Flüchtlingskrise aus

Utl.: Bundeskanzler Faymann spricht sich im Interview mit dem
Deutschlandfunk für starke gemeinsame europäische Lösungen in
Sachen Flüchtlingskrise aus =

Wien (OTS/SK) - Bundeskanzler Werner Faymann machte sich heute,
Sonntag, im Interview mit dem Deutschlandfunk für eine gemeinsame
europäische Vorgehensweise bei der Bewältigung der
Flüchtlingssituation stark. Faymann stellte unmissverständlich klar,
dass die Lösungen darin liegen, „mit gemeinsamen Ressourcen, mit
gemeinsamer Verantwortung und gemeinsamen Standards bei Asylverfahren
und der Unterbringung von Flüchtlingen zu agieren, anstatt sich
wegzudrücken.“ Vor allem in der Frage nach der fairen Verteilung von
Flüchtlingen fordert Faymann Solidarität ein: „Solidarität ist keine
Einbahnstraße, sie gilt nicht nur bei Subventionen, sondern auch beim
gemeinsamen Bewältigen der Flüchtlingssituation“, mahnte der Kanzler,
der überzeugt ist, „dass das gemeinsame Europa nicht nur
friedenspolitisch, sondern auch wirtschafts- und sozialpolitisch
stärker ist, als das einzelne Land“. ****

Die Zahl der Flüchtlinge sei für viele so schwer verkraftbar, weil
sie im Wesentlichen auf vier Länder verteilt werden, so Faymann.
„Wenn auf vier Länder alle Flüchtlinge verteilt werden, statt auf 28,
und wenn die Außengrenzen nicht gemeinsam so gesichert werden, dass
jemand, der kein Asylrecht hat, erst gar nicht in die anderen Länder
kommt, sondern das bereits an der Außengrenze in einem fairen
Verfahren erfährt, bereitet das vielen Menschen Sorgen.“ Das sei
Wasser auf den Mühlen rechter Nationalisten, sagte Faymann und
verwies etwa auf die Wahlerfolge des rechtsnationalen Front National
in Frankreich. „Rechte Nationalisten schüren Ängste und argumentieren
mit den Vorurteilen der Bevölkerung. Das sind die falschen Antworten.
Wir müssen überzeugen, dass wir stark genug sind, unsere Lösungen zu
verwirklichen“, stellte Faymann klar.

Der Bundeskanzler lobte in Bezug auf die Flüchtlingssituation das
Vorgehen der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, des Vizekanzlers
Sigmar Gabriel und der gesamten deutschen Bundesregierung: „Angela
Merkel und die deutsche Bundesregierung beweisen in dieser
schwierigen Situation Haltung. Sie haben in dieser schwierigen Zeit
gezeigt, dass sie das Menschenrecht Asyl ernst nehmen und sich für
europäische Lösungen einsetzen.“

Faymann sprach sich auch für eine Stärkung der europäischen
Grenzschutzeinheit Frontex aus. Der Kanzler sieht es als
Verpflichtung, Staaten an den Schengengrenzen, die alleine nicht in
der Lage sind, die Grenze zu schützen, finanzielle und
organisatorische Unterstützung anzubieten. Angesprochen darauf, ob
Frontex auch ohne Zustimmung der betroffenen Staaten eingesetzt
werden soll, wie von der EU-Kommission geplant, verwies Faymann
darauf, dass sich diese Frage derzeit nicht stelle, da das einzige
betroffene Land, Griechenland, deutlich darum ersucht habe, dass
Frontex die Grenzsicherung vornimmt. „Ich sehe es als Angebot für
eine Regierung und bin überzeugt davon, dass Griechenland dieses auch
in Anspruch nehmen wird.“ Faymann fordert aber auch mehr
Unterstützung für Frontex ein. Derzeit gebe es zu wenig Personal,
keine Organisation bezüglich der Rückführung von Menschen ohne
Asylrecht und von der EU nicht ausreichend Mittel für die Versorgung
der Lager.

Zum Leitsystem in Spielfeld befragt, sagte der Bundeskanzler: „Wir
haben die Verpflichtung, Kontrollen durchzuführen darüber, wer zu uns
kommt. Kontrollen kann man nur durchführen, wenn man
Kontrolleinrichtungen hat.“ Dabei gehe es nicht um die Reduzierung
von Flüchtlingszahlen, denn das könne man nur, indem man an der
Wurzel, etwa in Syrien oder den Flüchtlingslagern in den
Nachbarländern aktiv wird. „Reduzieren kann man nicht in Spielfeld
durch eine Kontrolleinrichtung“, betonte Faymann.

Gerade wenn es um den Krieg in Syrien oder die Terrorbekämpfung geht,
sei ein internationales Vorgehen, auch zusammen mit Russland, die
einzige Antwort. „Ich glaube nicht, dass ein einzelnes Land oder ein
einzelne Verteidigungsgemeinschaft in der Lage ist, die Probleme dort
zu lösen. Je breiter die Koalition ist, umso besser“, sagte Faymann.

Der Kanzler wurde im Interview auch auf die Rolle Saudi Arabiens
angesprochen. „Ich habe in der Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien oft
die Meinung geäußert, dass man sich ganz klar auch in Saudi-Arabien
für Menschenrechte einsetzen muss und dass wir auch aufdecken müssen,
wo es zu Terrorfinanzierungen kommt um sie damit aktiv zu
verhindern“, betonte Faymann. Auch die Beziehungen zur Türkei und ein
möglicher EU-Beitritt waren ein Thema. Dazu Faymann: „Aktuell ist
vereinbart, die Diskussion mit der Türkei zu forcieren. Für eine
Aufnahme in die EU müsste Österreich ein Referendum abhalten. Ich
sehe die Aufnahme weit weg.“ Die intensive Diskussion sei nötig, weil
die Türkei ein direkter Nachbar ist, und man „immer gut daran tut,
mit seinen Nachbarn in einen Dialog zu treten“. Für Faymann steht
aber auch fest: „Wir können nicht sagen, wir reden über
Grenzsicherung, aber nicht über gemeinsame Wertehaltungen,
Pressefreiheit oder wirtschaftliche Beziehungen.“

Nach dem Stand der Sozialdemokratie in Europa befragt, sagte Faymann:
„Die Sozialdemokratie trifft mit ihren Antworten zu
Verteilungsgerechtigkeit und einer menschenwürdigen sozialen
Gesellschaft den Nagel auf den Kopf. Jetzt geht es darum, zu
beweisen, dass wir auch stark genug sind, das gemeinsam
durchzusetzen. Wir können nur Erfolg haben, wenn wir zeigen, dass wir
für europäische Lösungen stehen und nicht einem Politikkonzept des
Hasses und des Gegeneinanders verschrieben sind.“ (Schluss) ve

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