Nationalrat stimmt Gerichtsgebührennovelle einstimmig zu
Utl.: Nationalrat stimmt Gerichtsgebührennovelle einstimmig zu =
Wien (PK) - Rechtsmittelgebühren werden mit nächstem Jahr
insbesondere in Exekutionsverfahren, in Insolvenzverfahren, in
Pflegschafts- und Unterhaltssachen sowie im Außerstreitverfahren
gesenkt. Reduziert werden auch die Gebühren für die Firmenbuch-
Abfragen. Zudem können darin künftig auch sogenannte Diakritika wie
der Zirkumflex etwa bei Namen dargestellt werden. Der entsprechenden
Gerichtsgebührennovelle stimmte der Nationalrat heute einstimmig zu.
Ein mit der Novelle mitverhandelter Antrag der NEOS, in dem sie einen
Gerichtsgebührenrechner fordern, durch den sich BürgerInnen bereits
vorab online über entstehende Kosten eines Gerichtsverfahrens
informieren können, wurde abgelehnt.
Die Grünen stimmten der Gerichtsgebührennovelle zwar zu, vermissten
aber sozialpolitische Überlegungen bei der Senkung der Gebühren. Die
Gerichtsgebührenreform wird sich Albert Steinhauser zufolge monetär
nämlich vor allem im Bereich des Grund- und Firmenbuchs
niederschlagen, gerade sozial bedürftige BürgerInnen hätten von der
Gebührensenkung damit nur wenig. Die Grünen fordern von Brandstetter
deswegen eine umfassende Evaluierung der Gerichtsgebühren, die
offenlegen soll, inwiefern das derzeitige Gebührenniveau sozial
schwächeren Gruppen am Zugang zum Recht hindert. Der Antrag wurde im
Plenum abgelehnt. Auch die übrigen Oppositionsparteien stimmten zwar
grundsätzlich für die geplanten Senkungen in der Novelle,
kritisierten aber ähnlich wie die Grünen die noch immer zu hohen
Kosten für Rechtssuchende. Sie befürchten, dass damit nicht jede
Bürgerin bzw. jeder Bürger gleichermaßen zu seinem Recht kommen kann.
Zu hohe Gebühren stellen eine Hürde dar, so die Argumentation.
Die Justizverwaltung sei zu 120 % durch Gerichtsgebühren
überfinanziert, bemängelte etwa Harald Stefan von den Freiheitlichen,
in Wahrheit handle es sich hierbei um verdeckte Steuern. Davon könne
man nicht sprechen, meinte Brandstetter, zudem seien solche
"Zahlenspielereien" nicht das Wesentliche, sondern dort
Gebührensenkungen vorzunehmen, wo sie am meisten gebraucht werden.
Mit der Novelle sieht der Justizminister auch die sozial schwächeren
Teile der Bevölkerung - es wird von rund 5,2 Mio. € jährlich
ausgegangen - entlastet, weil sie Bereiche betreffen würde, mit denen
der "Normalbürger täglich zu tun hat". Dass den BürgerInnen vom
Gebührenüberschuss von etwa 189 Mio. € jährlich nun 5 Mio. €
zurückgegeben werden, war für Steinhauser kein Grund zum Feiern, wie
er sagte. Gerichte seien in Österreich gewinnbringende Unternehmen,
zudem sei es ein untragbarer Zustand, das allgemeine Budget auf
Kosten der Rechtssuchenden zu sanieren. Ein Aspekt, der auch von
NEOS-Abgeordneten Nikolaus Scherak angesprochen wurde. Es könne nicht
sein, dass die Bürgerinnen, die versuchen, zu ihrem Recht zu kommen,
zu Melkkühen werden, um Budgetlöcher zu stopfen. "Man muss den
Menschen einen möglichst einfachen Weg geben, um zu ihrem Recht zu
kommen", sagte Scherak.
Christoph Hagen (T) sprach von einem ersten, guten Schritt in Sachen
Gebührensenkung, sah aber noch weiteren Handlungsbedarf etwa im
Unterhaltsrecht. Gerhard Schmid (A) bemängelte, dass Gerichtskosten
für Laien oft nur schwer nachvollziehbar sind.
Von Seiten der ÖVP gab es ausschließlich positive Wortmeldungen zur
Gerichtsgebührennovelle. Ein gutes Signal neben den Gebührensenkungen
sind für Nikolaus Berlakovich (V) die bald erlaubten diakritischen
Zeichen im Firmenbuch. Damit komme es zu einer Internationalisierung
der Wirtschaft, wie er meinte. Der Vorwurf des Populismus bei
Gebührensenkungen sei in diesem Fall nicht angebracht, sagte Georg
Vetter (V), zumal es sich bei der Gerichtsgebührennovelle um eine
Gesetzesreparatur handelt. Hintergrund der Neuregelung ist nämlich
ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs. Sein Fraktionskollege
Bernd Schönegger (V) nutzte die Gelegenheit, um über den "exzellent
ausgebauten Rechtsstaat" zu sprechen, der für alle BürgerInnen
sicherstelle, zu fairen und gerechten Verfahren zu kommen.
Als ersten Schritt in die richtige Richtung bewertete Klaus Uwe
Feichtinger von der SPÖ die geplanten Senkungen, äußerte aber
gleichzeitig seine Hoffnung, noch weitere Gebührenreduktionen im
Justizbereich vorzunehmen. Der Antrag der NEOS für einen
Gebührenrechner habe zwar "einen gewissen Charme", bei
Gerichtsverfahren würden aber viele Variablen, etwa Anwalts- oder
Sachverständigenkosten, anfallen, die im Vorhinein nicht exakt
kalkuliert werden könnten. Das Thema will Feichtinger aber weiterhin
auf der politischen Agenda sehen. (Fortsetzung Nationalrat) keg
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