Bildungs- und Innenministerium dürfen ihr Budget heuer deutlich überschreiten
Utl.: Bildungs- und Innenministerium dürfen ihr Budget heuer
deutlich überschreiten =
Wien (PK) - Die parlamentarischen Beratungen über das Budget 2016
sind abgeschlossen. Nach insgesamt neuntägigen Verhandlungen gab der
Nationalrat heute Abend grünes Licht für das von der Regierung
vorgelegte Bundesfinanzgesetz 2016 und begleitende Änderungen im
Bundesfinanzrahmen. Der Beschluss wurde mit den Stimmen von SPÖ und
ÖVP gefasst, lediglich das Parlamentsbudget und das Budget der
Volksanwaltschaft erhielten in Zweiter Lesung mit S-V-F-G-N-Mehrheit
breitere Unterstützung. Änderungen am Regierungsentwurf wurden auch
im Plenum nicht vorgenommen. Die Regierung soll auf Wunsch der
Abgeordneten aber prüfen, ob das Ende 2014 vereinbarte Sparpaket für
das Bundesheer angesichts der geänderten Gefährdungslage in der
vorgesehenen Form umsetzbar ist.
Kein gutes Haar am Budgetentwurf ließen FPÖ, Grüne, NEOS und Team
Stronach. Unter anderem war in der dreitägigen Plenardebatte von
einer konsequenten Fortsetzung des Schuldenwegs, einem nicht
enkelfitten Budget, Reformverweigerung und Verantwortungslosigkeit
die Rede. Außerdem äußerte die Opposition wiederholt Zweifel an der
Plausibilität des Zahlenwerks, etwa was die ausreichende Dotierung
des Bildungsbudgets betrifft. Bundeskanzler Werner Faymann sprach
hingegen von "stabilen Finanzen" und wies wie seine
RegierungskollegInnen auf wichtige Reformschritte hin. Spielräume im
Budget gibt es allerdings nicht, wie Finanzminister Hans Jörg
Schelling betonte. Er hält in diesem Sinn auch einen strikten
Budgetvollzug für erforderlich.
Die Entschließung zum "Strukturpaket 2018" des Bundesheers wurde
einstimmig angenommen, ein weitergehender Antrag der FPÖ fand keine
Mehrheit. Gemäß dem Beschluss sollen Verteidigungsminister Gerald
Klug und die Regierung prüfen, ob die aufgrund der knappen
Budgetmittel eingeleitete Strukturanpassung beim Heer mit einer
Schwerpunktsetzung auf die Bereiche Infanterie, Spezialeinsatzkräfte,
Pioniere und ABC-Abwehr angesichts der geänderten Sicherheitslage
durch die jüngsten Terroranschläge in Frankreich, den Ukraine-
Konflikt und die Flüchtlingsbewegung einer Adaptierung oder Ergänzung
bedarf. Die FPÖ mahnte vergeblich einen sofortigen Umsetzungsstopp
des Pakets ein. Mit S-V-G-N-T-Mehrheit sprachen sich die Abgeordneten
dafür aus, den im Rahmen einer Forschungskooperation entwickelten
Genderatlas weiter zu fördern, da dieser, wie in der Begründung
festgehalten wird, wichtige Grundlagendaten für eine
geschlechtergerechte Budgetpolitik liefert.
Neben dem FPÖ-Antrag zum Strukturpaket des Heeres blieben auch
Dutzende weitere Entschließungsanträge der Oppositionsparteien, etwa
zur Entschärfung der Registrierkassenpflicht und zur Erhöhung der
Mittel für Entwicklungszusammenarbeit, in der Minderheit.
Regierung rechnet mit strukturellem Nulldefizit
Gemäß dem verabschiedeten Bundesfinanzgesetz sind für 2016 Einnahmen
(Einzahlungen) in der Höhe von 71,9 Mrd. € und Ausgaben
(Auszahlungen) in der Höhe von 77,03 Mrd. € veranschlagt. Das
entspricht einem Defizit des Bundes von 1,5% des BIP. Das
gesamtstaatliche Defizit, berechnet nach Maastricht-Kriterien, wird
mit 1,4% prognostiziert, das strukturelle Defizit soll weiter bei
0,5% bleiben. Allerdings ist noch offen, inwieweit Österreich die
anfallenden Sonderkosten für die Bewältigung des Flüchtlingszustroms
aus den Ausgaben herausrechnen kann. Innenministerin Johanna Mikl-
Leitner rechnet außerdem mit einem Nachtragsbudget für ihr Ressort
zur Abdeckung zusätzlicher Personalkosten. Die Schuldenquote des
Gesamtstaats soll geringfügig von voraussichtlich 86,5% im heurigen
Jahr auf 85,1% sinken.
Ausgabenobergrenze für 2015 wird um 688,8 Mio. € angehoben
Ergänzend zum Bundesvoranschlag 2016 verabschiedete der Nationalrat,
ebenfalls mit SP-VP-Mehrheit, Änderungen im Bundesfinanzgesetz 2015,
im Bundesfinanzrahmengesetz 2015 bis 2018 und im
Bundesfinanzrahmengesetz 2016 bis 2019. Damit tragen die Abgeordneten
unter anderem unerwarteten Ausgabenentwicklungen und politischen
Initiativen der Regierung Rechnung. Demnach können sowohl
Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (350 Mio. €) als auch
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (302 Mio. €) ihr ursprünglich
für heuer veranschlagtes Budget deutlich überschreiten. Auch für
Außenminister Sebastian Kurz und Verteidigungsminister Gerald Klug
gibt es mehr Geld (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 1303/2015).
Insgesamt wird die Ausgabenobergrenze für 2015 um 688,8 Mio. €
angehoben, jene für 2016 steigt um 95 Mio. €. Deutlich geringer als
ursprünglich veranschlagt werden 2016 die Ausgaben für Pensionen
sein, deutlich mehr Geld wird für die Rubrik Recht und Sicherheit
benötigt.
FPÖ fordert Entschärfung der Registrierkassenpflicht
Die Oppositionsparteien haben im Laufe der letzten drei Tage rund 50
Entschließungsanträge eingebracht, um ihre Forderungen zu
untermauern. Sie fanden bei der Abstimmung allerdings keine Mehrheit.
Konkret hat sich die FPÖ u.a. für die Auflösung der
Justizbetreuungsagentur, mehr Budgetmittel für den Rechnungshof, den
Einsatz von Grundwehrdienern zur Grenzsicherung, den Ausschluss von
NGOs an der Mitwirkung von Asylverfahren, die Aufhebung der
Wirtschaftssanktionen gegen Russland, die steuerliche Absetzbarkeit
von Spenden für den Tierschutz und die Einführung einer speziellen
Zulage für ExekutivbeamtInnen in besonders belasteten
Polizeidienststellen ausgesprochen. Außerdem plädierte sie dafür, bei
Auftragsvergaben der öffentlichen Hand das Billigstbieterprinzip zur
Gänze durch das Bestbieterprinzip zu ersetzen, die deutschen
Minderheiten in den Nachfolgestaaten der österreichisch-ungarischen
Monarchie stärker zu fördern, eine Studie über die aktuelle Situation
muslimischer Frauen und Mädchen in Österreich zu erstellen, die
Erhöhung der Mehrwertsteuer für Beherbergungsbetriebe rückgängig zu
machen, die Bereitstellung von Entwicklungshilfegeldern an die
Rücknahme abgeschobener StaatsbürgerInnen durch die betreffenden
Staaten zu knüpfen, die Flugabgabe abzuschaffen, die Bahnstrecke
Hainfeld-Weissenbach zu reaktivieren, einen Cargo-Combi-Terminal in
Fürnitz zu errichten und aus dem Familienlastenausgleichsfonds
künftig nur noch familienrelevante Leistungen zu zahlen.
Ebenso wurde von den Freiheitlichen die alte Forderung nach
Zusammenlegung der Sozialversicherungen bekräftigt. Außerdem
verlangten sie die sofortige Aussetzung des Strukturpakets des
Bundesheeres.
Namentlich wurde unter anderem über die Forderung der FPÖ nach einer
Entschärfung der Registrierkassenpflicht abgestimmt. Der
Entschließungsantrag erhielt mit 45 Pro- bei 121-Gegenstimmen aber
ebenso wenig eine Mehrheit wie Initiativen zur Einführung einer
Negativsteuer für AusgleichszulagenbezieherInnen (56 Ja-Stimmen, 110
Nein-Stimmen) und zur Abschaffung der kalten Progression (68 Ja-
Stimmen, 99 Nein-Stimmen). Auch die Forderung der FPÖ an die
Regierung, den MitarbeiterInnen der insolventen Zielpunkt-Supermärkte
ausstehende Gehälter und Weihnachtsgeld vorzustrecken, blieb mit 59
Ja-Stimmen bei 107 Nein-Stimmen in der Minderheit. Für den Antrag,
die Familienbeihilfe für Kinder im Ausland an die jeweiligen
Lebenshaltungskosten anzupassen, stimmten 41 Abgeordnete, 128 lehnten
ihn ab.
Grüne wollen mehr Geld für Entwicklungszusammenarbeit und Klimaschutz
Eine adäquate finanzielle Mittelausstattung des Rechnungshofs war
auch den Grünen und den NEOS ein Anliegen. Außerdem drängten die
Grünen darauf, die Budgetmittel für den Bereich Forschung und für
multilaterale und bilaterale Entwicklungszusammenarbeit zu erhöhen,
das World Food Programme der Vereinten Nationen stärker zu
unterstützen, die österreichischen Beiträge zum Green Climate Fund um
ein Vielfaches aufzustocken, eine aufkommensneutrale ökosoziale
Steuerreform mit einem Gesamtvolumen von 4 Mrd. € in die Wege zu
leiten und der Zeitschrift "Zur Zeit" die Presseförderung zu
streichen. Grün-Abgeordneter Dieter Brosz wandte sich überdies gegen
die Kürzung der Fördermittel für das Kuratorium für
Journalistenausbildung (KfJ). Gemeinsam mit den NEOS machten sich die
Grünen für einen Rückzug der Parteipolitik aus der Schulverwaltung
stark.
NEOS für neuen Investitionsfreibetrag und mehr Schulautonomie
Auch eine ganze Palette weiterer Anträge ging auf das Konto der NEOS.
Zum breit gefächerten Forderungskatalog gehörten etwa eine
Aufstockung des Budgets des Verfassungsgerichtshofs, die Öffnung des
Arbeitsmarkts für AsylwerberInnen, die automatische Erhöhung des
Pensionsantrittsalters bei Wirksamwerden bestimmter Faktoren, eine
ausreichende Dotierung des Wissenschaftsförderungsfonds FWF,
Maßnahmen zur Reduzierung von Höchstpensionen und die Einführung
eines "Realwirtschaftsinvestitionsfreibetrags". Private sollen
Einkünfte bis zu 100.000 € nicht versteuern müssen, wenn sie diese in
junge Unternehmen und Start-ups investieren. Um die Entschuldung des
FLAF nicht zu gefährden, forderte Abgeordneter Michael Pock ähnlich
wie die FPÖ, die Finanzierung einzelner Leistungen zu verlagern.
Im Bildungsbereich schlugen die NEOS die Einrichtung vollständig
autonomer Pilotschulen im Rahmen des öffentlichen Schulwesens vor.
Auch sonst wollen sie den Schulen mehr pädagogische Autonomie
einräumen.
Team Stronach: Wahlfreiheit zwischen privaten und öffentlichen
Schulen
Um auch Kindern aus sozial schwachen Familien den Besuch von
Privatschulen zu ermöglichen, trat das Team Stronach für die
Einführung eines Bildungsschecks ein, der wahlweise für den Besuch
einer privaten oder öffentlichen Schule eingelöst werden können soll.
Außerdem forderten Klubobmann Robert Lugar und seine
FraktionskollegInnen eine Entlastungsoffensive für UnternehmerInnen
durch die Reduzierung von Lohnnebenkosten und die Senkung der
Abgabenquote, eine etappenweise Erhöhung des Verteidigungsbudgets,
ein Sonderkulturbudget für den Erhalt der Militärmusik sowie
Verwaltungseinsparungen als Ersatz für die Registrierkassenpflicht.
Abgeordneter Alois Steinbichler wollte Landwirtschaftsminister Andrä
Rupprechter darüber hinaus dazu verpflichten, dem Nationalrat
jährlich zu berichten, welche tierischen und pflanzlichen Fette in
welchen Mengen aus welchen Ländern importiert werden. Ebenso drängte
er auf verbindliche Vorgaben für Versicherungen, was die
Prämienberechnung für Kfz-Vollkaskoversicherungen betrifft. Gemeinsam
mit der FPÖ machte sich das Team Stronach für die Wiedereinführung
der Mineralölsteuerbefreiung von Agrardiesel stark, mit den Grünen
und den NEOS zusammen wurde ein gesetzlicher Stufenplan zur Erhöhung
der EZA-Mittel auf 0,7% gefordert. (Schluss) gs
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