- 11.11.2015, 20:59:37
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NEOS ziehen Sinnhaftigkeit von Kuraufenthalten in Zweifel
Kurze Debatte über eine Anfragebeantwortung im Nationalrat
Utl.: Kurze Debatte über eine Anfragebeantwortung im Nationalrat =
Wien (PK) - Leisten Kuraufenthalte tatsächlich einen Beitrag zur
Gesundheitsvorsorge oder werden sie hauptsächlich für eine Auszeit
vom Berufsleben genutzt und gehören damit eigentlich nicht zu den
Aufgaben der Sozialversicherungsträger? Über dieses Thema wollen die
NEOS in den nächsten Monaten verstärkt politisch diskutieren. Einen
Vorgeschmack dazu gab heute eine Kurze Debatte im Nationalrat.
Abgeordneter Gerald Loacker nahm die Beantwortung einer schriftlichen
Anfrage der NEOS durch Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser zum
Anlass, um die Sinnhaftigkeit von Kuraufenthalten zu hinterfragen.
Das System der Kuren sei nicht mehr zeitgemäß, stimmte er Aussagen
des damaligen Vorsitzenden des Hauptverbandes und nunmehrigen ÖVP-
Generalsekretärs Peter McDonald zu.
Loacker kritisierte auch, dass in der Diskussion immer wieder
Rehabilitation und Kur miteinander vermischt würden. Außerdem fehlen
ihm zufolge brauchbare Daten. So gehe aus den Beilagen zur
Anfragebeantwortung nicht hervor, wie alt die Kur-AntragstellerInnen
durchschnittlich sind und welche Diagnosen genehmigten Kuren zugrunde
liegen. Ihm zufolge hängt es überdies sehr stark vom jeweiligen
Bundesland und von der jeweiligen Versicherung ab, wie viele Kuren
genehmigt werden. Loacker sprach sich dafür aus, Kur-Leistungen
vermehrt vom stationären Bereich in den ambulanten Bereich, etwa in
die geplanten Primärversorgungszentren, zu verlagern.
Man könne über viele Dinge reden, meinte Gesundheitsministerin Sabine
Oberhauser zu den Ausführungen Loackers. Sie gab aber zu bedenken,
dass der Druck in der Arbeitswelt immer stärker werde, viele könnten
das Handy auch nach Büroschluss nicht mehr abschalten. Das habe auch
gesundheitliche Auswirkungen. Oberhauser hält in diesem Sinn Kur und
Rehabilitation nach wie vor für sehr sinnvoll, auch wenn man in
manchen Bereichen nachjustieren müsse. So solle der Zugang zu Kuren
nicht davon abhängen, in welchem Bundesland man wohne, stimmte sie
Loacker zu. Zudem hält Oberhauser strenge Regeln für sinnvoll, um die
Nachhaltigkeit von Kuren zu stärken und missbräuchliche
Kuraufenthalte zu verhindern.
Zum Thema ambulante Rehabilitation merkte Oberhauser an, es gebe
bereits entsprechende Angebote, da Betroffene nicht immer drei Wochen
von zu Hause wegbleiben wollten oder könnten. In vielen Fällen sei
ein stationärer Aufenthalt aber sinnvoll. Der Hauptverband der
Sozialversicherungsträger hat in der der Anfragebeantwortung
beigefügten Stellungnahme unter anderem darauf hingewiesen, dass
Kuraufenthalte der Bewilligung des zuständigen Chefarztes bedürfen
und grundsätzlich maximal zweimal innerhalb von fünf Jahren gewährt
werden.
Scharfer Gegenwind schlug Loacker von SPÖ-Abgeordnetem Erwin
Spindelberger (S) entgegen. Er warf Loacker vor, neoliberales
Gedankengut zu vertreten und alles, was nur den Hauch eines sozialen
Anstrichs habe, zu hinterfragen; das sei "beschämend". Statt die
Notwendigkeit von Kuren anzuzweifeln, sollte man ihm zufolge vielmehr
fragen, warum so viele Menschen Anträge auf Kur stellten. Er werde
nicht zulassen, dass Arbeitnehmerrechte "mit Füßen getreten werden".
Nach Meinung von ÖVP-Abgeordneter Claudia Durchschlag hat Loacker
McDonald missverstanden. Diesem sei es nicht darum gegangen, Kuren
abzuschaffen, sondern diese weiterzuentwickeln und zu optimieren,
betonte sie. Durchschlag selbst wertete das Instrument der Kur, trotz
Verbesserungsbedarfs in einigen Bereichen, als durchaus sinnvoll und
verwies auch auf persönliche Erfahrungen. Ihr zufolge wird der Wille
der PatientInnen zur aktiven Therapieteilnahme außerdem von den
Versicherungsanstalten vorausgesetzt und ist seit der Einführung des
Selbstbehalts auch deutlich gestiegen. Um Kuren nachhaltiger zu
machen, regte Durchschlag unter anderem die gemeinsame Festlegung von
Patientenzielen nach Kurende an.
Auch die Gesundheitssprecherinnen der FPÖ und der Grünen, Dagmar
Belakowitsch-Jenewein und Eva Mückstein, stellten sich hinter das
Instrument der Kur. Es gebe sicher PatientInnen, die das System
ausnutzen und Missbrauch betreiben, meinte Belakowitsch-Jenewein, es
sei aber nicht angebracht, Kuren deshalb insgesamt in Frage zu
stellen. Der Druck in der Arbeitswelt steige immer mehr, außerdem
erwarte man von den Menschen, dass sie immer länger arbeiteten und
später in Pension gingen, machte sie geltend. Das verstärke
körperliche Abnutzungserscheinungen. Belakowitsch-Jenewein ist auch
überzeugt, dass eine Kur weit mehr bringt als ambulante Behandlungen.
Ähnlich argumentierte Mückstein. Kuren seien für Prävention und
Gesundheitserhaltung sehr wichtig, bekräftigte sie. Man müsse froh
sein, wenn viele Menschen Kuren in Anspruch nehmen, sie würden den
Betroffenen die Chance bieten, Gesundheitskompetenz zu erwerben.
Kritik übten Belakowitsch-Jenewein und Mückstein an der
unterschiedlichen Bewilligungspraxis der Versicherungen. Für
Belakowitsch-Jenewein ist das ein Argument mehr, die Krankenkassen
zusammenzulegen. Verständnis äußerte Mückstein außerdem für die
Kritik Loackers an der vorliegenden Anfragebeantwortung. Diese sei
eher "defensiv" ausgefallen. (Fortsetzung Nationalrat) gs
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