Unterrichtsausschuss debattiert aktuelle Herausforderungen im Bildungsbereich
Utl.: Unterrichtsausschuss debattiert aktuelle Herausforderungen im
Bildungsbereich =
Wien (PK) - Die Aufnahme von Flüchtlingskindern im heimischen
Schulwesen bildete neben den Reformanstrengungen im Bildungsbereich
das zweite Schwerpunktthema bei der Aussprache mit Bundesministerin
Heinisch-Hosek im heutigen Unterrichtsausschusss. Ihr Ressort
refundiere den Ländern die Kosten für zusätzliche Lehrerplanstellen,
außerdem würden zusätzliche Mittel, etwa zur Sprachförderung, aus dem
mit 75 Mio. € dotierten Integrationstopf der Regierung
bereitgestellt, informierte Heinisch-Hosek. Auch wenn die
minderjährigen Flüchtlinge häufig nicht lange an einem Schulstandort
bleiben, sei der Schulbetrieb nicht gefährdet. "Das Schulsystem hat
schon mehrere Flüchtlingswellen gut bewältigt", so die Ministerin.
Mit in Verhandlung standen noch vier Anträge der Oppositionsparteien
zu diesem Thema, die jedoch alle vertagt wurden.
Passend zum vorab diskutierten Themenkomplex Bildungsreform berieten
die Abgeordneten überdies über - zum Großteil vertagte - Vorschläge
der FPÖ, der Grünen, der NEOS und des Team Stronach, die u.a. die
Flexibilisierung und Individualisierung des Schulsystems, die bessere
Berücksichtigung der Teilleistungsschwäche Dyskalkulie, die
psychischen Belastungen des Lehrpersonals sowie die
geschlechterkonforme Sprache in den Schulbüchern zum Inhalt hatten.
Zusätzliche Planstellen, mobile Teams und Zusatzangebote für
PädägogInnen
Welchen Herausforderungen das heimische Schulsystem angesichts der
aktuellen Flüchtlingsbewegungen gegenübersteht, beschäftigte die
Abgeordneten Elisabeth Grossmann, Erwin Preiner (beide S), Brigitte
Jank (V) und Waltraud Dietrich (T) besonders in Bezug auf die
Unterstützungsangebote für PädagogInnen.
Für die rund 6.000 Flüchtlingskinder, die sich Heinisch-Hosek zufolge
derzeit im österreichischen Schulbetrieb befinden, würden vom Bund
nicht nur zusätzliche Planstellen finanziell abgegolten, betonte die
Bildungsministerin. Ihr Ressort sei auch dabei, mobile Teams als
Brücke zwischen Schulen und Eltern vorzubereiten. Diese
Unterstützungsteams sollten mit ihrer psychologischen bzw.
sozialarbeiterischen Expertise dort zum Einsatz kommen, wo Bedarf an
Hilfestellung besteht, beispielsweise bei Behördenwegen. An
Zusatzangeboten für PädagogInnen nannte sie außerdem
Fortbildungsmöglichkeiten für Lehrkräfte in Sprachkompetenzzentren
und Pädagogischen Hochschulen sowie online abrufbare
Unterrichtsmaterialien. Obwohl die Ministerin bestätigte, die
steigende Zahl an AsylwerberInnen werde dazu führen, dass der Anteil
an Flüchtlingskindern an Schulen - derzeit 0,7% aller SchülerInnen -
ebenfalls zunimmt, bestehe kein Grund zur Besorgnis. Die
Bundesregierung treffe die erforderlichen Vorkehrungen; so verwalte
das Bildungsministerium gemeinsam mit den Ressorts für Inneres,
Äußeres und Soziales die Mittel aus dem mit 75 Mio. € dotierten
Integrationstopf für Maßnahmen wie zusätzliche Sprachförderung.
Eine klare Absage erteilte Heinisch-Hosek einmal mehr dem FPÖ-
Vorschlag, zur besseren Integration von SchülerInnen mit
Migrationshintergrund, Deutsch als Pausensprache in den Schulen
vorzuschreiben. Im Einklang mit Grünen und NEOS sagte sie, dieses
Vorgehen würde einer menschenrechtswidrigen Diskriminierung der
Muttersprachen von Kindern und Jugendlichen gleichkommen; viel besser
sei es, die Verwendung von Deutsch als gemeinsame Sprache auf
freiwilliger Basis zu fördern.
Debatte über bestmögliche Integration der Flüchtlingskinder in das
Schulwesen
Flüchtlinge im schulpflichtigen Alter sollten unabhängig von ihrem
Aufenthaltsstatus in Österreich mit der klar strukturierten
Normalität des Schulalltags in Berührung kommen, sind sowohl die
Grünen als auch die NEOS überzeugt. In einem auf der Tagesordnung
stehenden Entschließungsantrag der Grünen ist der konkrete Vorschlag
enthalten, in Erstaufnahmestätten und Großquartieren Schulen nach dem
Vorbild der Heilstättenschulen in Krankenhäusern zu errichten
(1324/A(E)). Dort wäre zunächst der Bildungsstand der
Flüchtlingskinder zu erheben, um sie dann bei ihrem Leistungsniveau
im Unterricht abzuholen. Überdies empfiehlt Bildungssprecher Harald
Walser (G) als Vorbereitung für den Schulbesuch sogenannte
Willkommenskurse mit Deutschunterricht und psychologischer Betreuung
für Kinder und Jugendliche in Flüchtlingsquartieren. Die SPÖ-
Mandatarinnen Katharina Kucharovits und Elisabeth Grossmann zeigten
sich verwundert über diesen Antrag, da gleiches Recht für alle Kinder
gelten und niemand isoliert werden sollte. Harald Walser (G)
erinnerte nochmals daran, dass es sich nur um eine Übergangslösung
von wenigen Wochen handeln würde und er es für sinnvoller halte, wenn
traumatisierte Kinder in Flüchtlingslagern langsam auf den normalen
Schulalltag und -rhythmus vorbereitet werden. Auch Matthias Strolz
(N) konnte dieser Idee einiges abgewinnen, da nun rasche und
pragmatische Lösungen gefragt seien.
Mit zwei Initiativanträgen wollte Grünen-Bildungssprecher Walser noch
Änderungen im Schulpflichtgesetz (1356/A) und im
Schulorganisationsgesetz (1357/A) anstoßen. Der erste
Novellenvorschlag hat zum Ziel, Jugendlichen zwischen 14 und 18
Jahren den Besuch einer Polytechnischen Schule zu ermöglichen, auch
wenn sie über keinen Abschluss der Pflichtschule verfügen. Die zweite
Gesetzesänderung soll eine unbefristete Verlängerung der
Sprachförderkurse für außerordentliche SchülerInnen bewirken.
Die NEOS erachteten es für dringend notwendig, zusätzliches Geld in
Form von Qualitätsbudgets zur Verfügung zu stellen. Diese Mittel
sollte die jeweilige Schulleitung gemeinsam mit dem
Schulgemeinschaftsausschuss selbständig verwalten, der Bund hätte
dazu die Ziele vorzugeben und zu kontrollieren. Vom
Bildungsministerium erwartet Klubobmann Matthias Strolz (N) die
Begleitung und Koordinierung der Integrationsbemühungen an den
Schulstandorten (1322/A(E)). Damit könnte man die Basis dafür
schaffen, innovative Lösungen von unten wachsen zu lassen,
argumentierte der Klubobmann der NEOS. Außerdem denke er, dass die
Anforderungen im Vorarlberger Montafon, in Wien-Favoriten oder in
Horn im Waldviertel möglicherweise sehr unterschiedlich seien. - Alle
Anträge wurden mit S-V-Mehrheit vertagt.
Opposition für mehr Flexibilisierung und Individualisierung in den
Schulen
Wie bereits im ersten Teil des Ausschusses befassten sich sodann die
Mandatarinnen mit Vorschlägen der Opposition zur Weiterentwicklung
des Bildungssektors. Zu wenig Wahlfreiheit für die Eltern sieht etwa
die FPÖ im heimischen Schulsystem - beispielsweise bei der Frage, ab
welchem Alter Kinder schulreif sind. Speziell zu früh geborene Kinder
- sogenannte Frühchen - seien häufig mit sechs Jahren noch nicht
bereit für den Schulstart, meinte der freiheitliche Bildungssprecher
Walter Rosenkranz. Bei ihnen sollte daher der Beginn der Schulpflicht
anhand ihrem im Mutter-Kind-Pass berechneten Geburtstermin festgelegt
werden (1276/A(E)).
Überdies setzte sich Rosenkranz für mehr Flexibilität bei
Schulstufenwechseln von SchülerInnen ein, um einerseits Begabte
verstärkt zu fördern (1387/A(E)) und um andererseits den
Volksschulunterricht besser an das Leistungsniveau der SchülerInnen
anzupassen (1392/A(E)). Zum einen kritisierte Rosenkranz,
außergewöhnlich begabte SchülerInnen könnten nur dann in die
nächsthöhere Klasse ihrer Schule aufsteigen, wenn die zuständige
Schulbehörde dies genehmigt. Das sei aber ein unnötiger
bürokratischer Aufwand, weswegen so wie bei einem gleichzeitigen
Schulwechsel die Entscheidung darüber direkt bei der Schulleitung
liegen sollte. Zum anderen will der FPÖ-Mandatar die bestehende
Möglichkeit, unter dem Schuljahr zwischen den ersten beiden
Volksschulklasse zu wechseln, auch auf die Grundstufe II der
Volksschule ausgedehnt sehen.
NEOS-Mandatar Matthias Strolz sprach von berechtigten Anliegen, die
auch von den Grünen und vom Team Stronach unterstützt wurden. Wie
auch schon im ersten Teil des Ausschusses beklagten die
Oppositionsredner die Vertagungsstrategie der Regierungsparteien. Es
sei peinlich, wenn man nicht einmal Entschließungsanträgen zustimmen
könne, meinte etwa Harald Walser (G). - Alle Anträge wurden mit S-V-
Mehrheit vertagt.
Weitere Anträge zu Dyskalkulie, gegenderten Schulbüchern und Burn-out
bei LehrerInnen
Vertagt wurde auch eine Initiative der Grünen, wonach die
Teilleistungsschwäche Dyskalkulie ähnlich wie Legasthenie behandelt
werden sollte. Harald Walser urgierte im konkreten nicht nur eine
stärkere Beachtung von Dyskalkulie in der
Leistungsbeurteilungsverordnung, sondern auch, die Lehrpläne für
Mathematik an höheren Schulen in Module zu unterteilen. Abzubilden
seien darin im Sinne betroffener SchülerInnen die grundlegenden und
erweiterten Mathematikkompetenzen, die bei der schriftlichen
Reifeprüfung erforderlich sind (1251/A(E)).
Gegenderte Schreibweisen dürften nicht die Voraussetzung für eine
Zulassung von Unterrichtsbüchern darstellen, hieß es in einem Antrag
des Team Stronach. Um das Gleichbehandlungserfordernis in
Schulbüchern von zweigeschlechtlichen Schreibweisen wie dem Binnen-I
entkoppelt zu wissen, wird eine Klarstellung im
Schulunterrichtsgesetz gefordert (1201/A(E)). Immerhin sollten
Schulbüchertexte der langläufigen Ausdrucksform in Medien,
literarischen Werken oder EU-Dokumenten entsprechen. - Mehrheitlich
vertagt.
Die berufsbedingten psychischen und physischen Belastungen von
Österreichs Lehrkräften möchte das Team Stronach in einer
wissenschaftlichen Studie erhoben sehen (892/A(E)). Körperliche
Beschwerden und ein erhöhtes Burn-Out-Risiko unter LehrerInnen seien
ein Faktum. Dennoch habe das Ministerium seit 2013 keine
entsprechenden Studien mehr in Auftrag gegeben. - Der Antrag wurde
dem Unterausschuss des Unterrichtsausschusses zugewiesen. (Schluss)
sue
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